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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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LastNi und Lullu ^"^ischa

das fast blinde Vertrauen, das er auf die Neger setzte, "ut die Verfolgung, die
er durch diese gegen alles, was Araber hieß, durchführen lies;, der Verwaltung
zunächst in der Provinz Bahr el Ghnsal, später aber auch in dem Südgebiele
große Schwierigkeiten bereitete. Daß Luptvu, Gessis Nachfolger im Bahr el
Ghasal, so früh dem Aufstände zum Opfer fiel, und daß seiue Provinz so leicht
von den Mahdisteu überschwemmt werden konnte, zeigt, wie falsch die Politik
rechnete, die aus dem Neger im Handumdrehen den Schützer der Ordnung
und den folgsamen Knlturzögling zu macheu glaubte. Junkers interessante
Schilderung der Persönlichkeiten Emins und Gessis im dritten Kapitel des
zweiten Bandes wirft ein Licht auf die Gegensätze, die auch zwischen jenen und
Easnti notwendig einmal hervortreten mußten; wie denn das so gründliche,
ruhige Buch Junkers sehr geeignet ist, Zeit und Ort der Handlungen, die
Easati mehr skizzirt, besser kennen zu lernen, und überhaupt neben den "ak¬
tuellen" Afrikabüchern mehr beachtet werden sollte. Gegenwärtig erscheint sein
dritter Band.

Das Urteil Casatis über die friedliche Verwaltnngsthätigkeit Emins
lautet zuerst sehr günstig. In dem Rückblick ans Emins Thätigkeit in
ägyptischen Diensten (Bd. l, Knp. et>) sagt er: "Seine verständnisvolle
Thätigkeit bei der Neuordnung des Landes wurde von günstigen Erfolgen ge¬
krönt. Er regelte die Verwaltung zum besten der Regiernngsinteressen, unter¬
drückte eingewurzelte Mißbräuche und wachte über die Entwicklung der Hilfs¬
kräfte seiner Provinz. Umgeben von ungeschickten Leuten von erprobter
Unehrlichkeit, wußte er durch unermüdliche Wachsamkeit und Scharfblick die
Befugnisse eines jeden abzugrenzen und, soweit es möglich war, ihren schäd¬
lichen Einfluß zu beschränken. Beamte von schlechter Führung fortzuschicken
und sie dnrch andre von größer"? Fähigkeiten und besserer Haltung zu ersetzen,
war ihm nicht möglich, da gerade Lad^i von der ägyptischen Regierung als
eine Strafkolonie Ägyptens und des Sudans angesehen wurde. Häufige Aus¬
flüge, auf denen er bei seiner scharfen Beobachtungsgabe die Politik mit der
Wissenschaft vereinigte, boten ihm Gelegenheit, persönlich die Bedürfnisse der
Bevölkerung, das Maß der zu überwindenden Schwierigkeiten zu überblicke"
und die dem Unternehmen angepaßten Mittel festzustelle". Allein die weite
Ausdehnung des Gebietes, der geringe Glaube der Beamte" "" eine gedeihliche
Entwicklung der öffentlichen Angelegenheiten und mehr noch die beständige
Abweisung seiner Forderungen und Vorschläge durch die Zentralregierung
bildeten sür die Entfaltung seines Programms kein geringes Hindernis. Wenn
später der Aufstand alles über den Hansen warf, so muß man die Haupt¬
ursache der Unruhen, die auch die ^lguatvrialprvviuz erschütterten, in der zer¬
setzenden Wühlerei suchen, die seit langem ohne Unterlaß das Ansehen der
Regierung erschütterte und ins Wanken brachte und jedes Gefühl des Wohl¬
wollens von ihr ferngehalten hatte. Diese Revolution überraschte Emin un-


LastNi und Lullu ^»^ischa

das fast blinde Vertrauen, das er auf die Neger setzte, »ut die Verfolgung, die
er durch diese gegen alles, was Araber hieß, durchführen lies;, der Verwaltung
zunächst in der Provinz Bahr el Ghnsal, später aber auch in dem Südgebiele
große Schwierigkeiten bereitete. Daß Luptvu, Gessis Nachfolger im Bahr el
Ghasal, so früh dem Aufstände zum Opfer fiel, und daß seiue Provinz so leicht
von den Mahdisteu überschwemmt werden konnte, zeigt, wie falsch die Politik
rechnete, die aus dem Neger im Handumdrehen den Schützer der Ordnung
und den folgsamen Knlturzögling zu macheu glaubte. Junkers interessante
Schilderung der Persönlichkeiten Emins und Gessis im dritten Kapitel des
zweiten Bandes wirft ein Licht auf die Gegensätze, die auch zwischen jenen und
Easnti notwendig einmal hervortreten mußten; wie denn das so gründliche,
ruhige Buch Junkers sehr geeignet ist, Zeit und Ort der Handlungen, die
Easati mehr skizzirt, besser kennen zu lernen, und überhaupt neben den „ak¬
tuellen" Afrikabüchern mehr beachtet werden sollte. Gegenwärtig erscheint sein
dritter Band.

Das Urteil Casatis über die friedliche Verwaltnngsthätigkeit Emins
lautet zuerst sehr günstig. In dem Rückblick ans Emins Thätigkeit in
ägyptischen Diensten (Bd. l, Knp. et>) sagt er: „Seine verständnisvolle
Thätigkeit bei der Neuordnung des Landes wurde von günstigen Erfolgen ge¬
krönt. Er regelte die Verwaltung zum besten der Regiernngsinteressen, unter¬
drückte eingewurzelte Mißbräuche und wachte über die Entwicklung der Hilfs¬
kräfte seiner Provinz. Umgeben von ungeschickten Leuten von erprobter
Unehrlichkeit, wußte er durch unermüdliche Wachsamkeit und Scharfblick die
Befugnisse eines jeden abzugrenzen und, soweit es möglich war, ihren schäd¬
lichen Einfluß zu beschränken. Beamte von schlechter Führung fortzuschicken
und sie dnrch andre von größer«? Fähigkeiten und besserer Haltung zu ersetzen,
war ihm nicht möglich, da gerade Lad^i von der ägyptischen Regierung als
eine Strafkolonie Ägyptens und des Sudans angesehen wurde. Häufige Aus¬
flüge, auf denen er bei seiner scharfen Beobachtungsgabe die Politik mit der
Wissenschaft vereinigte, boten ihm Gelegenheit, persönlich die Bedürfnisse der
Bevölkerung, das Maß der zu überwindenden Schwierigkeiten zu überblicke»
und die dem Unternehmen angepaßten Mittel festzustelle». Allein die weite
Ausdehnung des Gebietes, der geringe Glaube der Beamte» "» eine gedeihliche
Entwicklung der öffentlichen Angelegenheiten und mehr noch die beständige
Abweisung seiner Forderungen und Vorschläge durch die Zentralregierung
bildeten sür die Entfaltung seines Programms kein geringes Hindernis. Wenn
später der Aufstand alles über den Hansen warf, so muß man die Haupt¬
ursache der Unruhen, die auch die ^lguatvrialprvviuz erschütterten, in der zer¬
setzenden Wühlerei suchen, die seit langem ohne Unterlaß das Ansehen der
Regierung erschütterte und ins Wanken brachte und jedes Gefühl des Wohl¬
wollens von ihr ferngehalten hatte. Diese Revolution überraschte Emin un-


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[0444] LastNi und Lullu ^»^ischa das fast blinde Vertrauen, das er auf die Neger setzte, »ut die Verfolgung, die er durch diese gegen alles, was Araber hieß, durchführen lies;, der Verwaltung zunächst in der Provinz Bahr el Ghnsal, später aber auch in dem Südgebiele große Schwierigkeiten bereitete. Daß Luptvu, Gessis Nachfolger im Bahr el Ghasal, so früh dem Aufstände zum Opfer fiel, und daß seiue Provinz so leicht von den Mahdisteu überschwemmt werden konnte, zeigt, wie falsch die Politik rechnete, die aus dem Neger im Handumdrehen den Schützer der Ordnung und den folgsamen Knlturzögling zu macheu glaubte. Junkers interessante Schilderung der Persönlichkeiten Emins und Gessis im dritten Kapitel des zweiten Bandes wirft ein Licht auf die Gegensätze, die auch zwischen jenen und Easnti notwendig einmal hervortreten mußten; wie denn das so gründliche, ruhige Buch Junkers sehr geeignet ist, Zeit und Ort der Handlungen, die Easati mehr skizzirt, besser kennen zu lernen, und überhaupt neben den „ak¬ tuellen" Afrikabüchern mehr beachtet werden sollte. Gegenwärtig erscheint sein dritter Band. Das Urteil Casatis über die friedliche Verwaltnngsthätigkeit Emins lautet zuerst sehr günstig. In dem Rückblick ans Emins Thätigkeit in ägyptischen Diensten (Bd. l, Knp. et>) sagt er: „Seine verständnisvolle Thätigkeit bei der Neuordnung des Landes wurde von günstigen Erfolgen ge¬ krönt. Er regelte die Verwaltung zum besten der Regiernngsinteressen, unter¬ drückte eingewurzelte Mißbräuche und wachte über die Entwicklung der Hilfs¬ kräfte seiner Provinz. Umgeben von ungeschickten Leuten von erprobter Unehrlichkeit, wußte er durch unermüdliche Wachsamkeit und Scharfblick die Befugnisse eines jeden abzugrenzen und, soweit es möglich war, ihren schäd¬ lichen Einfluß zu beschränken. Beamte von schlechter Führung fortzuschicken und sie dnrch andre von größer«? Fähigkeiten und besserer Haltung zu ersetzen, war ihm nicht möglich, da gerade Lad^i von der ägyptischen Regierung als eine Strafkolonie Ägyptens und des Sudans angesehen wurde. Häufige Aus¬ flüge, auf denen er bei seiner scharfen Beobachtungsgabe die Politik mit der Wissenschaft vereinigte, boten ihm Gelegenheit, persönlich die Bedürfnisse der Bevölkerung, das Maß der zu überwindenden Schwierigkeiten zu überblicke» und die dem Unternehmen angepaßten Mittel festzustelle». Allein die weite Ausdehnung des Gebietes, der geringe Glaube der Beamte» "» eine gedeihliche Entwicklung der öffentlichen Angelegenheiten und mehr noch die beständige Abweisung seiner Forderungen und Vorschläge durch die Zentralregierung bildeten sür die Entfaltung seines Programms kein geringes Hindernis. Wenn später der Aufstand alles über den Hansen warf, so muß man die Haupt¬ ursache der Unruhen, die auch die ^lguatvrialprvviuz erschütterten, in der zer¬ setzenden Wühlerei suchen, die seit langem ohne Unterlaß das Ansehen der Regierung erschütterte und ins Wanken brachte und jedes Gefühl des Wohl¬ wollens von ihr ferngehalten hatte. Diese Revolution überraschte Emin un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/444>, abgerufen am 23.07.2024.