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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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Ein topographischer Atlas von Leipzig

des Krieges entstandenen Festungswerken, eine Anzahl Einzelansichten aus dem
Ende des siebzehnten Jahrhunderts, das 1672 erneuerte Rathaus, die 1678
bis 1682 erbaute Börse, die Innenansicht der 1699 erneuerten Barfüßer¬
kirche u. s. w.

Aus der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sollen hier nur
hervorgehoben werden eine Anzahl der damals neu entstandenen prächtigen
Privathäuser Leipzigs, allen voran das 1701 bis 1704 erbaute Haus des
Bürgermeisters Dr. Romanus, die drei Hohmannschen Häuser, eine Anzahl
der großen schönen Privatgärten, Apels Garten, die beiden Bosischen Gärten,
der Entwurf zu einem Palais, das Kurfürst August der Starke im Rosenthale
von der Stadt erbaut zu haben wünschte (nach einer im Leipziger Ratsarchiv
aufbewahrten Wasserfarbeuzeichuung von 1707), die große Vogelschanansicht
des Marktes und des ganzen angrenzenden Ostteiles der Stadt von 1712, die
älteste Abbildung der Leipziger Promenade (von dem Titelbilde von Sperontes
"singender Muse an der Pleiße" von 1736), die Innenansicht einer der in
Privatbesitz befindlichen Kunst- und Naturaliensammlungen (von dem Titelbilde
des Museum liieliwrmnuin von 1743), uicht zu vergessen die schon erwähnten
vier Heckelschen Stadtprvspekte von 1704, die ebenfalls zu deu reizendsten Städte¬
bildern überhaupt gehören. Aus der Mitte des Jahrhunderts reihen sich dann
an ein sehr schöner, malerischer Prospekt von 1747, und der vortreffliche Stadtplail
aus dem Homcmuischen Landkartenverlag in Nürnberg von 1749, unzweifelhaft mit
amtlichen Unterlagen angefertigt. Aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr¬
hunderts erwähne ich noch die älteste Ansicht des Leipziger Theaters -- des
Hauses, in dem der junge Goethe als Student ein- und ausgegangen ist, und
vor dessen Pforten auch Schillern noch im September 1802 nach einer Auf¬
führung der "Jungfrau" die bekannte Huldigung bereitet wurde, ferner das anfangs
viel gepriesene, später viel verspottete Denkmal Gellerts von Öser, die be¬
kannten meisterhaften Stiche Rosmäslers, von dem man sagte, daß er ein
zweiter Chodowiecki hätte werden können, wenn er nicht so jung gestorben
wäre: die Leipziger Promenade von 1777 und das Innere von Auerbachs
Hof 1778 während der Messe, endlich den schon oben erwähnten "Gang uns
Thor" und deu Stadtplan von 1799 mit der ersten Hänsernumerirung, ein
Blatt, das jeder befragen muß, der z. B. den äußern Lebensgang von Per¬
sonen verfolgt, die am Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts
zu den litterarischen und künstlerischen Kreisen Leipzigs gehört haben.

Wollte jemand den Versuch machen, alle diese Bilder, die hier in Nach¬
bildungen vereinigt sind, im Original zusammenzubringen, er könnte viele Jahre
sammeln, könnte Hunderte von Mark dran wenden und würde schließlich doch
auf eine ziemliche Anzahl davon verzichten müssen, weil sie im antiquarischen
Verkehr überhaupt nicht vorkommen. Gleich Nummer eins, der große Holz¬
schnitt von 1547, ist in Leipzig selbst nur in zwei Abdrücken erhalten; einen


Ein topographischer Atlas von Leipzig

des Krieges entstandenen Festungswerken, eine Anzahl Einzelansichten aus dem
Ende des siebzehnten Jahrhunderts, das 1672 erneuerte Rathaus, die 1678
bis 1682 erbaute Börse, die Innenansicht der 1699 erneuerten Barfüßer¬
kirche u. s. w.

Aus der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sollen hier nur
hervorgehoben werden eine Anzahl der damals neu entstandenen prächtigen
Privathäuser Leipzigs, allen voran das 1701 bis 1704 erbaute Haus des
Bürgermeisters Dr. Romanus, die drei Hohmannschen Häuser, eine Anzahl
der großen schönen Privatgärten, Apels Garten, die beiden Bosischen Gärten,
der Entwurf zu einem Palais, das Kurfürst August der Starke im Rosenthale
von der Stadt erbaut zu haben wünschte (nach einer im Leipziger Ratsarchiv
aufbewahrten Wasserfarbeuzeichuung von 1707), die große Vogelschanansicht
des Marktes und des ganzen angrenzenden Ostteiles der Stadt von 1712, die
älteste Abbildung der Leipziger Promenade (von dem Titelbilde von Sperontes
„singender Muse an der Pleiße" von 1736), die Innenansicht einer der in
Privatbesitz befindlichen Kunst- und Naturaliensammlungen (von dem Titelbilde
des Museum liieliwrmnuin von 1743), uicht zu vergessen die schon erwähnten
vier Heckelschen Stadtprvspekte von 1704, die ebenfalls zu deu reizendsten Städte¬
bildern überhaupt gehören. Aus der Mitte des Jahrhunderts reihen sich dann
an ein sehr schöner, malerischer Prospekt von 1747, und der vortreffliche Stadtplail
aus dem Homcmuischen Landkartenverlag in Nürnberg von 1749, unzweifelhaft mit
amtlichen Unterlagen angefertigt. Aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr¬
hunderts erwähne ich noch die älteste Ansicht des Leipziger Theaters — des
Hauses, in dem der junge Goethe als Student ein- und ausgegangen ist, und
vor dessen Pforten auch Schillern noch im September 1802 nach einer Auf¬
führung der „Jungfrau" die bekannte Huldigung bereitet wurde, ferner das anfangs
viel gepriesene, später viel verspottete Denkmal Gellerts von Öser, die be¬
kannten meisterhaften Stiche Rosmäslers, von dem man sagte, daß er ein
zweiter Chodowiecki hätte werden können, wenn er nicht so jung gestorben
wäre: die Leipziger Promenade von 1777 und das Innere von Auerbachs
Hof 1778 während der Messe, endlich den schon oben erwähnten „Gang uns
Thor" und deu Stadtplan von 1799 mit der ersten Hänsernumerirung, ein
Blatt, das jeder befragen muß, der z. B. den äußern Lebensgang von Per¬
sonen verfolgt, die am Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts
zu den litterarischen und künstlerischen Kreisen Leipzigs gehört haben.

Wollte jemand den Versuch machen, alle diese Bilder, die hier in Nach¬
bildungen vereinigt sind, im Original zusammenzubringen, er könnte viele Jahre
sammeln, könnte Hunderte von Mark dran wenden und würde schließlich doch
auf eine ziemliche Anzahl davon verzichten müssen, weil sie im antiquarischen
Verkehr überhaupt nicht vorkommen. Gleich Nummer eins, der große Holz¬
schnitt von 1547, ist in Leipzig selbst nur in zwei Abdrücken erhalten; einen


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[0228] Ein topographischer Atlas von Leipzig des Krieges entstandenen Festungswerken, eine Anzahl Einzelansichten aus dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts, das 1672 erneuerte Rathaus, die 1678 bis 1682 erbaute Börse, die Innenansicht der 1699 erneuerten Barfüßer¬ kirche u. s. w. Aus der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts sollen hier nur hervorgehoben werden eine Anzahl der damals neu entstandenen prächtigen Privathäuser Leipzigs, allen voran das 1701 bis 1704 erbaute Haus des Bürgermeisters Dr. Romanus, die drei Hohmannschen Häuser, eine Anzahl der großen schönen Privatgärten, Apels Garten, die beiden Bosischen Gärten, der Entwurf zu einem Palais, das Kurfürst August der Starke im Rosenthale von der Stadt erbaut zu haben wünschte (nach einer im Leipziger Ratsarchiv aufbewahrten Wasserfarbeuzeichuung von 1707), die große Vogelschanansicht des Marktes und des ganzen angrenzenden Ostteiles der Stadt von 1712, die älteste Abbildung der Leipziger Promenade (von dem Titelbilde von Sperontes „singender Muse an der Pleiße" von 1736), die Innenansicht einer der in Privatbesitz befindlichen Kunst- und Naturaliensammlungen (von dem Titelbilde des Museum liieliwrmnuin von 1743), uicht zu vergessen die schon erwähnten vier Heckelschen Stadtprvspekte von 1704, die ebenfalls zu deu reizendsten Städte¬ bildern überhaupt gehören. Aus der Mitte des Jahrhunderts reihen sich dann an ein sehr schöner, malerischer Prospekt von 1747, und der vortreffliche Stadtplail aus dem Homcmuischen Landkartenverlag in Nürnberg von 1749, unzweifelhaft mit amtlichen Unterlagen angefertigt. Aus der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahr¬ hunderts erwähne ich noch die älteste Ansicht des Leipziger Theaters — des Hauses, in dem der junge Goethe als Student ein- und ausgegangen ist, und vor dessen Pforten auch Schillern noch im September 1802 nach einer Auf¬ führung der „Jungfrau" die bekannte Huldigung bereitet wurde, ferner das anfangs viel gepriesene, später viel verspottete Denkmal Gellerts von Öser, die be¬ kannten meisterhaften Stiche Rosmäslers, von dem man sagte, daß er ein zweiter Chodowiecki hätte werden können, wenn er nicht so jung gestorben wäre: die Leipziger Promenade von 1777 und das Innere von Auerbachs Hof 1778 während der Messe, endlich den schon oben erwähnten „Gang uns Thor" und deu Stadtplan von 1799 mit der ersten Hänsernumerirung, ein Blatt, das jeder befragen muß, der z. B. den äußern Lebensgang von Per¬ sonen verfolgt, die am Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts zu den litterarischen und künstlerischen Kreisen Leipzigs gehört haben. Wollte jemand den Versuch machen, alle diese Bilder, die hier in Nach¬ bildungen vereinigt sind, im Original zusammenzubringen, er könnte viele Jahre sammeln, könnte Hunderte von Mark dran wenden und würde schließlich doch auf eine ziemliche Anzahl davon verzichten müssen, weil sie im antiquarischen Verkehr überhaupt nicht vorkommen. Gleich Nummer eins, der große Holz¬ schnitt von 1547, ist in Leipzig selbst nur in zwei Abdrücken erhalten; einen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/228>, abgerufen am 25.08.2024.