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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr.

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ausgeführten Stockfisches begünstigt, während auf fremden (norwegischen) Fisch
eine Importsteuer von 44 Franks ans den Meterzentner gelegt wurde. Diese Ex¬
portprämie belief sich nun 1852 fast auf 5 Millionen Franks, die Ausrüstungs-
prämie auf 656 700 Franks und trotz alledem ist bis heute kein Aufschwung
dieser Industrie zu bemerken. 1852 beteiligten sich 419 Boote mit 13000
Mann Besatzung am Fange, 1889 allerdings 596 Boote, aber nur mit
11347 Matrosen, und in dem ganzen Zwischenraume von 1852 bis 1890 stieg
die Anzahl der Teilnehmer nur siebenmal auf 14000 Mann. Ebenso blieb
der Fang in den letzten Jahren fast ganz gleich, durchschnittlich 185000 Tons
gleich 150 Millionen Fischen, aber nur im Werte von 75 Millionen Franks,
da der französische Unternehmer seine Ware nicht so sorgfältig behandelt wie
der Norweger, dessen Ware selbst in Frankreich Konkurrenz macht.

Da nämlich der Unternehmer, der ja seine ganze Ausrüstung vom Staate
vergütet bekommt, ohne alles Risiko arbeitet, so fällt für ihn die Notwendig¬
keit weg, auf sorgsamste Behandlung des Fisches zu achten, da er auch selbst
für seinen oft von einem pflanzlichen Parasiten (1s rongs) angegriffenen Fisch
noch ganz gute Preise, also anch entsprechenden Gewinn erhält. Der Nor¬
weger muß sein Salz mit 70 Centimes für 140 Kilogramm, seinen fertigen
Fisch mit einem Ausfuhrzoll von 5 bis 40 Centimes für 1 Kilogramm be¬
zahlen, und dennoch konnten 1888 die Franzosen in Dünkirchen, dein Haupt¬
platze des Stockfischhaudels, ihren Laberdan nicht unter 80 Franks für
136 Kilogramm, ihren Klippfisch nicht unter 60 Franks für 100 Kilogramm
verkaufen, während norwegische Ware 38 und 45 Franks zu stehen kam. Das
liegt aber daran, daß ein so großer Teil der französischen Ware unbrauchbar
wird und die bessere daher verteuert. Der Hauptübelstand aber ist der, daß
auf diese Weise der Stockfisch, besouders im Innern des Landes, wo noch
Fracht dazu kommt, statt ein Volksnahrungsmittel zu sein, nur den wohl-
habendern Klassen zugänglich ist. Jedenfalls wird aus dem bisher angeführten
klar, daß von einer gesunden Entwicklung innerhalb dieser Industrie keine Rede
sein kann.

Nun wird aber von den Privilegienanhängern stets geltend gemacht, daß
die Nenfundlandfischerei seit alten Zeiten eine Vorschule für die Mannschaften
der Kriegsmarine gewesen sei lind man schon deshalb das Privileg nicht auf¬
geben dürfe. Dieser Behauptung widerspricht aber zweierlei, erstens die all¬
gemein bekannte Thatsache, daß man auf unsern heutigen Kriegsmarinen, inner¬
halb deren das Segelschiff nur noch eine ganz unbedeutende Rolle spielt, für
die Verwendung geschickter Matrosen wie in den alten Zeiten nur uoch wenig
Gelegenheit hat. Bei der französischen Marine kommt aber auch noch der
Übelstand hinzu, daß unter den aus der neufundläudischen Fischerflottille aus¬
gehobenen Bretonen und Normannen sich der größte Prozentsatz von An¬
alphabeten, ja solcher Matrosen findet, die selbst nach mehrjährigem Dienst in


ausgeführten Stockfisches begünstigt, während auf fremden (norwegischen) Fisch
eine Importsteuer von 44 Franks ans den Meterzentner gelegt wurde. Diese Ex¬
portprämie belief sich nun 1852 fast auf 5 Millionen Franks, die Ausrüstungs-
prämie auf 656 700 Franks und trotz alledem ist bis heute kein Aufschwung
dieser Industrie zu bemerken. 1852 beteiligten sich 419 Boote mit 13000
Mann Besatzung am Fange, 1889 allerdings 596 Boote, aber nur mit
11347 Matrosen, und in dem ganzen Zwischenraume von 1852 bis 1890 stieg
die Anzahl der Teilnehmer nur siebenmal auf 14000 Mann. Ebenso blieb
der Fang in den letzten Jahren fast ganz gleich, durchschnittlich 185000 Tons
gleich 150 Millionen Fischen, aber nur im Werte von 75 Millionen Franks,
da der französische Unternehmer seine Ware nicht so sorgfältig behandelt wie
der Norweger, dessen Ware selbst in Frankreich Konkurrenz macht.

Da nämlich der Unternehmer, der ja seine ganze Ausrüstung vom Staate
vergütet bekommt, ohne alles Risiko arbeitet, so fällt für ihn die Notwendig¬
keit weg, auf sorgsamste Behandlung des Fisches zu achten, da er auch selbst
für seinen oft von einem pflanzlichen Parasiten (1s rongs) angegriffenen Fisch
noch ganz gute Preise, also anch entsprechenden Gewinn erhält. Der Nor¬
weger muß sein Salz mit 70 Centimes für 140 Kilogramm, seinen fertigen
Fisch mit einem Ausfuhrzoll von 5 bis 40 Centimes für 1 Kilogramm be¬
zahlen, und dennoch konnten 1888 die Franzosen in Dünkirchen, dein Haupt¬
platze des Stockfischhaudels, ihren Laberdan nicht unter 80 Franks für
136 Kilogramm, ihren Klippfisch nicht unter 60 Franks für 100 Kilogramm
verkaufen, während norwegische Ware 38 und 45 Franks zu stehen kam. Das
liegt aber daran, daß ein so großer Teil der französischen Ware unbrauchbar
wird und die bessere daher verteuert. Der Hauptübelstand aber ist der, daß
auf diese Weise der Stockfisch, besouders im Innern des Landes, wo noch
Fracht dazu kommt, statt ein Volksnahrungsmittel zu sein, nur den wohl-
habendern Klassen zugänglich ist. Jedenfalls wird aus dem bisher angeführten
klar, daß von einer gesunden Entwicklung innerhalb dieser Industrie keine Rede
sein kann.

Nun wird aber von den Privilegienanhängern stets geltend gemacht, daß
die Nenfundlandfischerei seit alten Zeiten eine Vorschule für die Mannschaften
der Kriegsmarine gewesen sei lind man schon deshalb das Privileg nicht auf¬
geben dürfe. Dieser Behauptung widerspricht aber zweierlei, erstens die all¬
gemein bekannte Thatsache, daß man auf unsern heutigen Kriegsmarinen, inner¬
halb deren das Segelschiff nur noch eine ganz unbedeutende Rolle spielt, für
die Verwendung geschickter Matrosen wie in den alten Zeiten nur uoch wenig
Gelegenheit hat. Bei der französischen Marine kommt aber auch noch der
Übelstand hinzu, daß unter den aus der neufundläudischen Fischerflottille aus¬
gehobenen Bretonen und Normannen sich der größte Prozentsatz von An¬
alphabeten, ja solcher Matrosen findet, die selbst nach mehrjährigem Dienst in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209232/198>, abgerufen am 23.07.2024.