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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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sogar den Wunsch aussprechen, daß er durch alle Wagnervereine Deutschlands
geführt werde. Er könnte, wenn sonst weiter nichts, an sie die Waltrauten¬
frage stellen: schläfst oder wachst du? Um seiner schlimmen Eigenschaften
willen aber muß ich wünschen, daß er die letzte Folge jener schwachen Stunde
sei. Noch zwingt uns nichts zur Ausführung im Großen, außer wenn wir ur
einem Eifer, der für die so lange in zühester Unbeweglichkeit verbliebene Sache
schier über Nacht entbrannt zu sein scheint, vergessen wollten, daß man zwar
die rechte Einsicht auf Monate, selbst Jahre hinaus beugen kann, nicht aber
auf Jahrzehnte und Jahrhunderte. Darum, weil der erste Verdruß besser ist
als der letzte, entschließe man sich, zu dein einzigen in dieser Sache mögliche"
Heilmittel: man sende den Entwurf wohlverpackt dahin zurück, von wo er,
hergekommen ist, und gebe ihm als Wegesegen den Spruch mit, in dein Wagner
selbst schon vor etwa vierzig Jahren seine Verurteilung zusammengefaßt hat:
"Dieses alberne Schlafrockporträt habe ich gehörig auf dem Striche."




An Georg Gbers
ieber Freund!Mit Wehmut hab ich
Deine Zeilen jüngst gelesen,.
Als dn deinem Freunde Läufer
schriebst von deinen teuern Ahnen,
Die als Edelinge einst im
Deutschen Urwald Bären jagten.
Unersättlich sind fürwahr die
Menschen! Alles, was nur immer
Ihr begehren könntet, hat die
Huld des Schicksals euch beschieden.
Alles Gold der Erdenvvlker
Habt ihr längst. Die schönsten Häuser
Aller Städte rings ans Erden --
Sie sind euer. Was von Gütern,
Wäldern, Gruben, von Fabriken
Noch nicht ganz in eurer Hand ist,

sogar den Wunsch aussprechen, daß er durch alle Wagnervereine Deutschlands
geführt werde. Er könnte, wenn sonst weiter nichts, an sie die Waltrauten¬
frage stellen: schläfst oder wachst du? Um seiner schlimmen Eigenschaften
willen aber muß ich wünschen, daß er die letzte Folge jener schwachen Stunde
sei. Noch zwingt uns nichts zur Ausführung im Großen, außer wenn wir ur
einem Eifer, der für die so lange in zühester Unbeweglichkeit verbliebene Sache
schier über Nacht entbrannt zu sein scheint, vergessen wollten, daß man zwar
die rechte Einsicht auf Monate, selbst Jahre hinaus beugen kann, nicht aber
auf Jahrzehnte und Jahrhunderte. Darum, weil der erste Verdruß besser ist
als der letzte, entschließe man sich, zu dein einzigen in dieser Sache mögliche»
Heilmittel: man sende den Entwurf wohlverpackt dahin zurück, von wo er,
hergekommen ist, und gebe ihm als Wegesegen den Spruch mit, in dein Wagner
selbst schon vor etwa vierzig Jahren seine Verurteilung zusammengefaßt hat:
„Dieses alberne Schlafrockporträt habe ich gehörig auf dem Striche."




An Georg Gbers
ieber Freund!Mit Wehmut hab ich
Deine Zeilen jüngst gelesen,.
Als dn deinem Freunde Läufer
schriebst von deinen teuern Ahnen,
Die als Edelinge einst im
Deutschen Urwald Bären jagten.
Unersättlich sind fürwahr die
Menschen! Alles, was nur immer
Ihr begehren könntet, hat die
Huld des Schicksals euch beschieden.
Alles Gold der Erdenvvlker
Habt ihr längst. Die schönsten Häuser
Aller Städte rings ans Erden —
Sie sind euer. Was von Gütern,
Wäldern, Gruben, von Fabriken
Noch nicht ganz in eurer Hand ist,

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[0576] sogar den Wunsch aussprechen, daß er durch alle Wagnervereine Deutschlands geführt werde. Er könnte, wenn sonst weiter nichts, an sie die Waltrauten¬ frage stellen: schläfst oder wachst du? Um seiner schlimmen Eigenschaften willen aber muß ich wünschen, daß er die letzte Folge jener schwachen Stunde sei. Noch zwingt uns nichts zur Ausführung im Großen, außer wenn wir ur einem Eifer, der für die so lange in zühester Unbeweglichkeit verbliebene Sache schier über Nacht entbrannt zu sein scheint, vergessen wollten, daß man zwar die rechte Einsicht auf Monate, selbst Jahre hinaus beugen kann, nicht aber auf Jahrzehnte und Jahrhunderte. Darum, weil der erste Verdruß besser ist als der letzte, entschließe man sich, zu dein einzigen in dieser Sache mögliche» Heilmittel: man sende den Entwurf wohlverpackt dahin zurück, von wo er, hergekommen ist, und gebe ihm als Wegesegen den Spruch mit, in dein Wagner selbst schon vor etwa vierzig Jahren seine Verurteilung zusammengefaßt hat: „Dieses alberne Schlafrockporträt habe ich gehörig auf dem Striche." An Georg Gbers ieber Freund!Mit Wehmut hab ich Deine Zeilen jüngst gelesen,. Als dn deinem Freunde Läufer schriebst von deinen teuern Ahnen, Die als Edelinge einst im Deutschen Urwald Bären jagten. Unersättlich sind fürwahr die Menschen! Alles, was nur immer Ihr begehren könntet, hat die Huld des Schicksals euch beschieden. Alles Gold der Erdenvvlker Habt ihr längst. Die schönsten Häuser Aller Städte rings ans Erden — Sie sind euer. Was von Gütern, Wäldern, Gruben, von Fabriken Noch nicht ganz in eurer Hand ist,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/576>, abgerufen am 25.08.2024.