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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr.

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Der Entwurf des preußischen Liiikcumnensteuergesetzes

Blick auf den Kurszettel der Berliner Börse, in dein aber die von zahlreichen
Proviuzialunternehmnngen ausgegebenen Papiere fehlen, belehrt uns, daß die
in Preußen gchaudelteu und besessenen Papiere nach vielen Milliarden zu be¬
rechnen sind. Aus allen Weltteilen strömen zinstragende Papiere an die
Berliner Börse und sind dort in den letzten Jahren mit Vorliebe erworben
worden, weil der Zinssatz bei hypothekarischen Darlehen in Preußen wesentlich
verringert ist. Die neugewonnenen großen Kapitalien sind nun vorherrschend
in diesen zinstragenden Papieren, zu sehr großem Teile in ausländischen Pa¬
pieren angelegt, während der kleine Kapitalist hypothekarische Darlehen vor¬
zieht und sich mit niedrigem Zinse begnügt. Wie wird nun die Deklarativns-
pslicht -- in unserm Gleichnis die Druckpumpe -- bei dem verschiednen
Kapitalbcsitz wirken?

Die Besitzer von Hypothekenbriefen, also die kleinen Kapitalisten, die durch
den Rückgang des Zinsfußes bereits schwer gelitten haben, können nicht das
geringste Kapital verschweigen, weil die Unrichtigkeit ihrer Angabe sofort ent¬
deckt wird und der Bestrafung unterliegt. Denn die mit Hypotheken belasteten
Grundbesitzer sollen und werden die eingetragenen Schulden einzeln angeben
und aus einer einfachen Vergleichung der beiderseitigen Angaben ergäbe sich
jede Unrichtigkeit von selbst. Diese kleinen Kapitalisten, zu denen die Kleiu-
und Middelburger, Militärs und Beamte, Witwen und Waisen mit ihren ge¬
ringen, daher hypothekarisch sicher angelegten, einzigen Vermögen gehören,
werde" daher die ganze Schwere der Deklarativuspflicht zu fühlen, sie werden
ihre geringen Zinseiunahmen vollständig zu versteuern haben. Ihnen gegen¬
über wird die Druckpumpe unbedingt richtig arbeiten, sie werden, wie einst
Fürst Bismarck bei Gelegenheit des einzuführenden Tabakmonvpols von den
Tabakrauchern äußerte, zu bluten haben.

Die Besitzer zinstragender Börsenpapiere dagegen, zu deren Zahl neben
vielen kleinen insbesondre die großen Kapitalisten gehören, werden ohne Ge¬
fahr der Entdeckung und Bestrafung falsche Angaben in den Steuererklärungen
machen können, da eine Kontrolle über die Richtigkeit ihrer Angaben völlig
unmöglich ist. Der Erwerb und der Besitz dieser Papiere, ebenso die Ver¬
silberung der Zinsscheine kann sehr leicht verheimlicht werden. Der große
Kapitalbesitzer hat seine Papiere in den Gewölben der Dresdner Bank am
Berliner Opernplatz oder in einer andern Bank oder in seinem Geldschranke
niedergelegt und bewahrt seinen Schatz vor dein Blicke jedes Fremden. Eine
genane Feststellung des Betrages ist unmöglich und daher unser Mißtrauen
wohl begründet, daß gegenüber diesen nach Milliarden zählenden Kapitalien,
deren richtige Besteuerung von dem Gesetzentwürfe gerade erstrebt wird, die
Druckpumpe der Deklarationspflicht wenig gleichmäßig arbeiten wird, daher
auch keine vollständig richtige Besteuerung dieser Kapitalien zu erwarte" ist.
Wir sind weit davon entfernt, den großen Kapitalisten besondre Neigung zur


Der Entwurf des preußischen Liiikcumnensteuergesetzes

Blick auf den Kurszettel der Berliner Börse, in dein aber die von zahlreichen
Proviuzialunternehmnngen ausgegebenen Papiere fehlen, belehrt uns, daß die
in Preußen gchaudelteu und besessenen Papiere nach vielen Milliarden zu be¬
rechnen sind. Aus allen Weltteilen strömen zinstragende Papiere an die
Berliner Börse und sind dort in den letzten Jahren mit Vorliebe erworben
worden, weil der Zinssatz bei hypothekarischen Darlehen in Preußen wesentlich
verringert ist. Die neugewonnenen großen Kapitalien sind nun vorherrschend
in diesen zinstragenden Papieren, zu sehr großem Teile in ausländischen Pa¬
pieren angelegt, während der kleine Kapitalist hypothekarische Darlehen vor¬
zieht und sich mit niedrigem Zinse begnügt. Wie wird nun die Deklarativns-
pslicht — in unserm Gleichnis die Druckpumpe — bei dem verschiednen
Kapitalbcsitz wirken?

Die Besitzer von Hypothekenbriefen, also die kleinen Kapitalisten, die durch
den Rückgang des Zinsfußes bereits schwer gelitten haben, können nicht das
geringste Kapital verschweigen, weil die Unrichtigkeit ihrer Angabe sofort ent¬
deckt wird und der Bestrafung unterliegt. Denn die mit Hypotheken belasteten
Grundbesitzer sollen und werden die eingetragenen Schulden einzeln angeben
und aus einer einfachen Vergleichung der beiderseitigen Angaben ergäbe sich
jede Unrichtigkeit von selbst. Diese kleinen Kapitalisten, zu denen die Kleiu-
und Middelburger, Militärs und Beamte, Witwen und Waisen mit ihren ge¬
ringen, daher hypothekarisch sicher angelegten, einzigen Vermögen gehören,
werde» daher die ganze Schwere der Deklarativuspflicht zu fühlen, sie werden
ihre geringen Zinseiunahmen vollständig zu versteuern haben. Ihnen gegen¬
über wird die Druckpumpe unbedingt richtig arbeiten, sie werden, wie einst
Fürst Bismarck bei Gelegenheit des einzuführenden Tabakmonvpols von den
Tabakrauchern äußerte, zu bluten haben.

Die Besitzer zinstragender Börsenpapiere dagegen, zu deren Zahl neben
vielen kleinen insbesondre die großen Kapitalisten gehören, werden ohne Ge¬
fahr der Entdeckung und Bestrafung falsche Angaben in den Steuererklärungen
machen können, da eine Kontrolle über die Richtigkeit ihrer Angaben völlig
unmöglich ist. Der Erwerb und der Besitz dieser Papiere, ebenso die Ver¬
silberung der Zinsscheine kann sehr leicht verheimlicht werden. Der große
Kapitalbesitzer hat seine Papiere in den Gewölben der Dresdner Bank am
Berliner Opernplatz oder in einer andern Bank oder in seinem Geldschranke
niedergelegt und bewahrt seinen Schatz vor dein Blicke jedes Fremden. Eine
genane Feststellung des Betrages ist unmöglich und daher unser Mißtrauen
wohl begründet, daß gegenüber diesen nach Milliarden zählenden Kapitalien,
deren richtige Besteuerung von dem Gesetzentwürfe gerade erstrebt wird, die
Druckpumpe der Deklarationspflicht wenig gleichmäßig arbeiten wird, daher
auch keine vollständig richtige Besteuerung dieser Kapitalien zu erwarte» ist.
Wir sind weit davon entfernt, den großen Kapitalisten besondre Neigung zur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_208578/454>, abgerufen am 26.08.2024.