französischer Oberbefehlshaber sie als Feldbibliothek mit sich ins feindliche Land genommen hat.
Unter diesen Gesichtspunkten ist die kleine Anzahl der kriegswissenschaft- lichen Werke bemerkenswert. Das Verzeichnis hat freilich eine besondre Abteilung "Mathematik und Kriegskunst," aber sie ist eine der kleinsten. Von 722 Büchern mit rund 2000 Bänden, aus denen die Bibliothek bestand, umfaßt die Ab¬ teilung nur 84 Bücher mit 150 Bänden, und davon sind noch auszuscheiden die rein mathematischen Werke, sodaß streng genommen eigentlich nur 50 wirklich kriegswissenschaftliche Werke mit etwa 100 Bünden übrig bleiben, also etwa ein Zwanzigstel des Ganzen! Darunter befindet sich zwar manches Gute. Denn das muß hervorgehoben werden, die besten und teuersten Werke der französischen Litteratur sind in die Bibliothek aufgenommen. Aber dein gegenüber muß doch auch betont werden, daß die Kriegswissenschaft in 50 Büchern nicht erschöpft, ja nicht einmal nach einer Richtung hin auch nur annähernd vollständig be¬ handelt werden kann.
Am vollständigsten ist in der Bibliothek des Fürsten von Soubise die schöne Litteratur vertreten. Wenn wir alle hierher gehörigen Bücher zusammenzählen wollten, würden wir wohl fast auf tausend Bände kommen; also etwa die Hälfte der ganzen Büchersammlung dient, wie der Herausgeber bemerkt, bloß dem Zeitvertreibe. Von Romanen, guten und schlechten, bieten die Seiten 22, 23 und 24 eine kleine Blütenlese; da begegnen wir anch den Romanen von Crobillon Fils nich Rötis de la Bretonne und ihren Nachahmungen, auch andern Romanen, bei denen schon die Aufschrift anzeigt, wes Geistes Kind sie sind. Zahlreich siud ferner Gedichtsammlungen, theatralische Sammlungen, Lebensbeschreibungen, Memoiren und philosophirende und mvrnlifirende Werke, die ja damals in Frankreich wie die Pilze emporschössen, eßbare Pilze, aber auch zahlreiche Giftpilze. Ziemlich vollständig ist in Übersetzungen die latei¬ nische Litteratur vertreten; anch in die Litteraturgeschichte der Kaiserzeit konnte man sich durch ein "Leben des Properz" (Vio alö?roxvrc:lZ, S. 24) und durch die vierbändigen "Liebschaften des Cntull und Tibull" (^rnoui'L cle (ÄWIlv se "lidullö, S. 22) einführen lassen. Weniger zahlreich sind die Übersetzungen aus der italienischen, spanischen und portugiesischen Litteratur. Aus der griechischen Litteratur siud die Homerischen Epen, die Charaktere des Theo- phrast und der schlüpfrige Roman des Eustathius (Les s-mours ä'Iswönv ol ä'lsrQöiims, S. 22) in Übersetzungen da. Vollständig sehlt die deutsche Litte¬ ratur, wenn wir von einer Übersetzung deutscher Fabeln iMlilvs se (none-68 traäuiw av 1'^llöiniwä, S. 21) absehen. Doch dürfen wir dem Verzeichnis aus diesem Mangel keinen Vorwurf machen. Die großen griechischen Geschicht¬ schreiber, Redner und Tragiker sind weitern Kreisen überhaupt erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ja vielfach erst in den ersten Jahr¬ zehnten unsers Jahrhunderts bekannt geworden; in Frankreich stellte noch
Die Feldbibliothek des Fürsten von Soubise
französischer Oberbefehlshaber sie als Feldbibliothek mit sich ins feindliche Land genommen hat.
Unter diesen Gesichtspunkten ist die kleine Anzahl der kriegswissenschaft- lichen Werke bemerkenswert. Das Verzeichnis hat freilich eine besondre Abteilung „Mathematik und Kriegskunst," aber sie ist eine der kleinsten. Von 722 Büchern mit rund 2000 Bänden, aus denen die Bibliothek bestand, umfaßt die Ab¬ teilung nur 84 Bücher mit 150 Bänden, und davon sind noch auszuscheiden die rein mathematischen Werke, sodaß streng genommen eigentlich nur 50 wirklich kriegswissenschaftliche Werke mit etwa 100 Bünden übrig bleiben, also etwa ein Zwanzigstel des Ganzen! Darunter befindet sich zwar manches Gute. Denn das muß hervorgehoben werden, die besten und teuersten Werke der französischen Litteratur sind in die Bibliothek aufgenommen. Aber dein gegenüber muß doch auch betont werden, daß die Kriegswissenschaft in 50 Büchern nicht erschöpft, ja nicht einmal nach einer Richtung hin auch nur annähernd vollständig be¬ handelt werden kann.
Am vollständigsten ist in der Bibliothek des Fürsten von Soubise die schöne Litteratur vertreten. Wenn wir alle hierher gehörigen Bücher zusammenzählen wollten, würden wir wohl fast auf tausend Bände kommen; also etwa die Hälfte der ganzen Büchersammlung dient, wie der Herausgeber bemerkt, bloß dem Zeitvertreibe. Von Romanen, guten und schlechten, bieten die Seiten 22, 23 und 24 eine kleine Blütenlese; da begegnen wir anch den Romanen von Crobillon Fils nich Rötis de la Bretonne und ihren Nachahmungen, auch andern Romanen, bei denen schon die Aufschrift anzeigt, wes Geistes Kind sie sind. Zahlreich siud ferner Gedichtsammlungen, theatralische Sammlungen, Lebensbeschreibungen, Memoiren und philosophirende und mvrnlifirende Werke, die ja damals in Frankreich wie die Pilze emporschössen, eßbare Pilze, aber auch zahlreiche Giftpilze. Ziemlich vollständig ist in Übersetzungen die latei¬ nische Litteratur vertreten; anch in die Litteraturgeschichte der Kaiserzeit konnte man sich durch ein „Leben des Properz" (Vio alö?roxvrc:lZ, S. 24) und durch die vierbändigen „Liebschaften des Cntull und Tibull" (^rnoui'L cle (ÄWIlv se "lidullö, S. 22) einführen lassen. Weniger zahlreich sind die Übersetzungen aus der italienischen, spanischen und portugiesischen Litteratur. Aus der griechischen Litteratur siud die Homerischen Epen, die Charaktere des Theo- phrast und der schlüpfrige Roman des Eustathius (Les s-mours ä'Iswönv ol ä'lsrQöiims, S. 22) in Übersetzungen da. Vollständig sehlt die deutsche Litte¬ ratur, wenn wir von einer Übersetzung deutscher Fabeln iMlilvs se (none-68 traäuiw av 1'^llöiniwä, S. 21) absehen. Doch dürfen wir dem Verzeichnis aus diesem Mangel keinen Vorwurf machen. Die großen griechischen Geschicht¬ schreiber, Redner und Tragiker sind weitern Kreisen überhaupt erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ja vielfach erst in den ersten Jahr¬ zehnten unsers Jahrhunderts bekannt geworden; in Frankreich stellte noch
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[0172]
Die Feldbibliothek des Fürsten von Soubise
französischer Oberbefehlshaber sie als Feldbibliothek mit sich ins feindliche Land
genommen hat.
Unter diesen Gesichtspunkten ist die kleine Anzahl der kriegswissenschaft-
lichen Werke bemerkenswert. Das Verzeichnis hat freilich eine besondre Abteilung
„Mathematik und Kriegskunst," aber sie ist eine der kleinsten. Von 722 Büchern
mit rund 2000 Bänden, aus denen die Bibliothek bestand, umfaßt die Ab¬
teilung nur 84 Bücher mit 150 Bänden, und davon sind noch auszuscheiden
die rein mathematischen Werke, sodaß streng genommen eigentlich nur 50 wirklich
kriegswissenschaftliche Werke mit etwa 100 Bünden übrig bleiben, also etwa ein
Zwanzigstel des Ganzen! Darunter befindet sich zwar manches Gute. Denn
das muß hervorgehoben werden, die besten und teuersten Werke der französischen
Litteratur sind in die Bibliothek aufgenommen. Aber dein gegenüber muß doch
auch betont werden, daß die Kriegswissenschaft in 50 Büchern nicht erschöpft,
ja nicht einmal nach einer Richtung hin auch nur annähernd vollständig be¬
handelt werden kann.
Am vollständigsten ist in der Bibliothek des Fürsten von Soubise die schöne
Litteratur vertreten. Wenn wir alle hierher gehörigen Bücher zusammenzählen
wollten, würden wir wohl fast auf tausend Bände kommen; also etwa die
Hälfte der ganzen Büchersammlung dient, wie der Herausgeber bemerkt, bloß
dem Zeitvertreibe. Von Romanen, guten und schlechten, bieten die Seiten 22,
23 und 24 eine kleine Blütenlese; da begegnen wir anch den Romanen von
Crobillon Fils nich Rötis de la Bretonne und ihren Nachahmungen, auch
andern Romanen, bei denen schon die Aufschrift anzeigt, wes Geistes Kind sie
sind. Zahlreich siud ferner Gedichtsammlungen, theatralische Sammlungen,
Lebensbeschreibungen, Memoiren und philosophirende und mvrnlifirende Werke,
die ja damals in Frankreich wie die Pilze emporschössen, eßbare Pilze, aber
auch zahlreiche Giftpilze. Ziemlich vollständig ist in Übersetzungen die latei¬
nische Litteratur vertreten; anch in die Litteraturgeschichte der Kaiserzeit konnte
man sich durch ein „Leben des Properz" (Vio alö?roxvrc:lZ, S. 24) und durch
die vierbändigen „Liebschaften des Cntull und Tibull" (^rnoui'L cle (ÄWIlv
se "lidullö, S. 22) einführen lassen. Weniger zahlreich sind die Übersetzungen
aus der italienischen, spanischen und portugiesischen Litteratur. Aus der
griechischen Litteratur siud die Homerischen Epen, die Charaktere des Theo-
phrast und der schlüpfrige Roman des Eustathius (Les s-mours ä'Iswönv ol
ä'lsrQöiims, S. 22) in Übersetzungen da. Vollständig sehlt die deutsche Litte¬
ratur, wenn wir von einer Übersetzung deutscher Fabeln iMlilvs se (none-68
traäuiw av 1'^llöiniwä, S. 21) absehen. Doch dürfen wir dem Verzeichnis
aus diesem Mangel keinen Vorwurf machen. Die großen griechischen Geschicht¬
schreiber, Redner und Tragiker sind weitern Kreisen überhaupt erst in der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ja vielfach erst in den ersten Jahr¬
zehnten unsers Jahrhunderts bekannt geworden; in Frankreich stellte noch
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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/172>, abgerufen am 23.01.2025.
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