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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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Litteratur

begeisterte Apostel und Schiller gefunden haben, Mickiewitz vertrat die Romantik
gegenüber der altern klassischen Schule Polens, die ausschließlich die Franzosen nach¬
ahmte. Das Buch ist mit einem Lichtdruck des Porträts von Mickiewitz geschmückt,
das Goethe von ihm in Weimar machen ließ.


Die Te, Peterskirche zu Bacharach. Kunsthistorische Skizze von Dr. Büttner-Pfarrer
zu Thal. Leipzig, Verlag zum Greifen, 1890

Der Verfasser beschreibt die genannte Kirche, die sich durch große Mannich-
faltigkeit der Formen auszeichnet (an 150 verschiedne Kapitale und Friese), und
die deutlicher als die übrigen spätromanischen Bauwerke des Rheinlandes den Über¬
gang zur Gothik veranschaulicht. In Ermangelung hinreichenden Urkundenmaterials
versucht er die Baugeschichte ans den Charakterverschiedenheiten der Teile heraus¬
zulesen. Außerdem scheint er Probiren zu wollen, wie viel Sprachschnitzer und
ungeschickte Sätze sich auf achtundvierzig kleinen Seiten anbringen lassen, Ein paar
Beispiele: Seite 7: "Was den Anschein hierzu giebt," nämlich daß der Bau ein
abgerundetes-Ganze sei. ,S. 9: "Aus Rücksicht für die Konstruktion." S. 11:
"Von Karolingerzeit ab." S. 12: "Mit dem alten Querschiff und >der> AM'
verbunden." S. 17: "Es gewinnen somit die Pfeiler den Anschein des Trägers,
wahrend die Säulen mehr dekorativ wirken." Das soll heißen: die Pfeiler erscheinen
somit als Träger. S. 19: "Die jetzigen libermäßigen gothischen Fenster." S. 26:
"Die ganze Einfachheit des äußeren Schmuckes wird mit dem prächtigen Chor
durch die Portale vermittelt." Das soll vermutlich heißen: zwischeu dem schmuck¬
losen Äußern und dem reichverzierte" Chor halten die Portale die Mitte. Der
folgende Satz lautet: "Besonders steht das Nordportal in herrlichem Einklang mit
denselben." Mit welchen selben? Mau bekommt es nicht heraus, und wenn nun
sich auf den Kopf stellt.


In der Soinmerfrisch'. Federzeichnungen von Hugo Kauffmann mit Gedichten in
vberbairischer Mundart von Karl Stiel'er. Zweite Auflage. Stuttgart, A. Bonz und
Co., 1800

Hugo Kauffmann ist den Lesern dieser Blätter als Zeichner köstlicher Szenen
und Gestalten aus dem Volksleben längst bekannt. Das vorliegende Bändchen enthält
gegen zwanzig Charakterköpfe aus ,der Sommerfrische im baierischen Gebirge (A
Herrischer, Der Professor, Die Kellnerin, Der Förstuer, Der Lehrer, Die Senderin,
Der Herr Pfarrer u a.) die mit wahrhaft Dürerischer Kraft aufgefangen und aufs
Papier gezwungen siud. Jedes Blatt ist vou ein paar launigen Dialektstropheu
Stielers begleitet. Und das Ganze zum Glück uicht in Prachtwerksformnt, sondern
in behaglichem Oktav - solche Bücher läßt man sich gefallen! Wer in die Sommer¬
frische fährt oder aus der Sommerfrische kommt, dem wird man mit dem Büchlein
große Frende machen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von. Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

begeisterte Apostel und Schiller gefunden haben, Mickiewitz vertrat die Romantik
gegenüber der altern klassischen Schule Polens, die ausschließlich die Franzosen nach¬
ahmte. Das Buch ist mit einem Lichtdruck des Porträts von Mickiewitz geschmückt,
das Goethe von ihm in Weimar machen ließ.


Die Te, Peterskirche zu Bacharach. Kunsthistorische Skizze von Dr. Büttner-Pfarrer
zu Thal. Leipzig, Verlag zum Greifen, 1890

Der Verfasser beschreibt die genannte Kirche, die sich durch große Mannich-
faltigkeit der Formen auszeichnet (an 150 verschiedne Kapitale und Friese), und
die deutlicher als die übrigen spätromanischen Bauwerke des Rheinlandes den Über¬
gang zur Gothik veranschaulicht. In Ermangelung hinreichenden Urkundenmaterials
versucht er die Baugeschichte ans den Charakterverschiedenheiten der Teile heraus¬
zulesen. Außerdem scheint er Probiren zu wollen, wie viel Sprachschnitzer und
ungeschickte Sätze sich auf achtundvierzig kleinen Seiten anbringen lassen, Ein paar
Beispiele: Seite 7: „Was den Anschein hierzu giebt," nämlich daß der Bau ein
abgerundetes-Ganze sei. ,S. 9: „Aus Rücksicht für die Konstruktion.« S. 11:
„Von Karolingerzeit ab." S. 12: „Mit dem alten Querschiff und >der> AM'
verbunden." S. 17: „Es gewinnen somit die Pfeiler den Anschein des Trägers,
wahrend die Säulen mehr dekorativ wirken." Das soll heißen: die Pfeiler erscheinen
somit als Träger. S. 19: „Die jetzigen libermäßigen gothischen Fenster." S. 26:
„Die ganze Einfachheit des äußeren Schmuckes wird mit dem prächtigen Chor
durch die Portale vermittelt." Das soll vermutlich heißen: zwischeu dem schmuck¬
losen Äußern und dem reichverzierte» Chor halten die Portale die Mitte. Der
folgende Satz lautet: „Besonders steht das Nordportal in herrlichem Einklang mit
denselben." Mit welchen selben? Mau bekommt es nicht heraus, und wenn nun
sich auf den Kopf stellt.


In der Soinmerfrisch'. Federzeichnungen von Hugo Kauffmann mit Gedichten in
vberbairischer Mundart von Karl Stiel'er. Zweite Auflage. Stuttgart, A. Bonz und
Co., 1800

Hugo Kauffmann ist den Lesern dieser Blätter als Zeichner köstlicher Szenen
und Gestalten aus dem Volksleben längst bekannt. Das vorliegende Bändchen enthält
gegen zwanzig Charakterköpfe aus ,der Sommerfrische im baierischen Gebirge (A
Herrischer, Der Professor, Die Kellnerin, Der Förstuer, Der Lehrer, Die Senderin,
Der Herr Pfarrer u a.) die mit wahrhaft Dürerischer Kraft aufgefangen und aufs
Papier gezwungen siud. Jedes Blatt ist vou ein paar launigen Dialektstropheu
Stielers begleitet. Und das Ganze zum Glück uicht in Prachtwerksformnt, sondern
in behaglichem Oktav - solche Bücher läßt man sich gefallen! Wer in die Sommer¬
frische fährt oder aus der Sommerfrische kommt, dem wird man mit dem Büchlein
große Frende machen.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von. Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0344] Litteratur begeisterte Apostel und Schiller gefunden haben, Mickiewitz vertrat die Romantik gegenüber der altern klassischen Schule Polens, die ausschließlich die Franzosen nach¬ ahmte. Das Buch ist mit einem Lichtdruck des Porträts von Mickiewitz geschmückt, das Goethe von ihm in Weimar machen ließ. Die Te, Peterskirche zu Bacharach. Kunsthistorische Skizze von Dr. Büttner-Pfarrer zu Thal. Leipzig, Verlag zum Greifen, 1890 Der Verfasser beschreibt die genannte Kirche, die sich durch große Mannich- faltigkeit der Formen auszeichnet (an 150 verschiedne Kapitale und Friese), und die deutlicher als die übrigen spätromanischen Bauwerke des Rheinlandes den Über¬ gang zur Gothik veranschaulicht. In Ermangelung hinreichenden Urkundenmaterials versucht er die Baugeschichte ans den Charakterverschiedenheiten der Teile heraus¬ zulesen. Außerdem scheint er Probiren zu wollen, wie viel Sprachschnitzer und ungeschickte Sätze sich auf achtundvierzig kleinen Seiten anbringen lassen, Ein paar Beispiele: Seite 7: „Was den Anschein hierzu giebt," nämlich daß der Bau ein abgerundetes-Ganze sei. ,S. 9: „Aus Rücksicht für die Konstruktion.« S. 11: „Von Karolingerzeit ab." S. 12: „Mit dem alten Querschiff und >der> AM' verbunden." S. 17: „Es gewinnen somit die Pfeiler den Anschein des Trägers, wahrend die Säulen mehr dekorativ wirken." Das soll heißen: die Pfeiler erscheinen somit als Träger. S. 19: „Die jetzigen libermäßigen gothischen Fenster." S. 26: „Die ganze Einfachheit des äußeren Schmuckes wird mit dem prächtigen Chor durch die Portale vermittelt." Das soll vermutlich heißen: zwischeu dem schmuck¬ losen Äußern und dem reichverzierte» Chor halten die Portale die Mitte. Der folgende Satz lautet: „Besonders steht das Nordportal in herrlichem Einklang mit denselben." Mit welchen selben? Mau bekommt es nicht heraus, und wenn nun sich auf den Kopf stellt. In der Soinmerfrisch'. Federzeichnungen von Hugo Kauffmann mit Gedichten in vberbairischer Mundart von Karl Stiel'er. Zweite Auflage. Stuttgart, A. Bonz und Co., 1800 Hugo Kauffmann ist den Lesern dieser Blätter als Zeichner köstlicher Szenen und Gestalten aus dem Volksleben längst bekannt. Das vorliegende Bändchen enthält gegen zwanzig Charakterköpfe aus ,der Sommerfrische im baierischen Gebirge (A Herrischer, Der Professor, Die Kellnerin, Der Förstuer, Der Lehrer, Die Senderin, Der Herr Pfarrer u a.) die mit wahrhaft Dürerischer Kraft aufgefangen und aufs Papier gezwungen siud. Jedes Blatt ist vou ein paar launigen Dialektstropheu Stielers begleitet. Und das Ganze zum Glück uicht in Prachtwerksformnt, sondern in behaglichem Oktav - solche Bücher läßt man sich gefallen! Wer in die Sommer¬ frische fährt oder aus der Sommerfrische kommt, dem wird man mit dem Büchlein große Frende machen. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig Verlag von. Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/344>, abgerufen am 29.06.2024.