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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.

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^enererfolge der Infanterie

Richtung und Fühlung, d. h. Geschlossenheit dahin. Der Fenererfvlg der
Infanterie gegen die angreifende Kavallerie wird also wesentlich davon abhängen,
daß die Infanterie ihr Feuer gegen die Mitte der angreifenden Kavallerie
lenkt. Der erste Schritt wird von der Infanterie mit Ruhe auszuführen sein,
"ut das geschieht durch Abgabe einer Salve. Es ist für den Jnfanteristen
schwer, die anstürmende und immer näher reitende Kavallerie so lange schutzlos
zu erwarten, bis nach Ansicht seines Führers der erste Schuß abgegeben werden
darf. Aber gerade dieses Warten ist, damit das Feuer nicht zügel- und
wirkungslos verlaufen soll, von großer Wichtigkeit; die Salve ist hier der
Zügel. Nachdem aber durch sie gleichsam die Erlaubnis zur Feuereröffnung
gegeben ist, kann und muß das ans dem Magazin abgegebene Schützenfeuer
nunmehr in sein Recht treten.

Der Feuererfolg der Infanterie wird also gegebenen Falls mit davon
abhängen, daß die Infanterie wie ein stehender Wall die Kavallerie erwartet,
daß sie dann eine gut kommandirte Salve nbgiebt, und daß hierauf jeder einzelne
Schütze unes Möglichkeit viele, horizontal abgegebene Schüsse auf die Mitte
der Kavallerie abfeuert.

Am schwierigsten, wenigstens bei weiter Entfernung, sind Feuererfvlge der
Infanterie gegen Artillerie herbeizuführen. Der Erfolg einer Jnfanteriesvitze
gegen Artillerie ist gleich Null. Nach Heckerts Berechnungen würde das Feuer
einer zehn Mann starken Spitze bei einem Schuß aufs Gewehr im aller-
günstigsten Falle vier Kugeln auf den Raum von ?0 bis 40 Metern bringen.
Das Geschütz bietet aber ein wenig geeignetes Ziel, da es an sich schmal und
niedrig ist Jud "in abgeprotztem Zustand eine Tiefe vou etwa 25 Schritt"
hat. Es ist also nicht schlecht gerechnet, wenn von den treffenden vier Kugeln
'u>r eine auf das Geschütz geschrieben wird. Das Geschütz selbst bietet aber
u"r tote Ziele, und es °können selbst dann, wenn das beschossene Geschütz
"U'de antwortet, und selbst dann, wenn die Entfernung zwischen 700 und
^0 Metern richtig geschätzt war, die gegen Mannschaften und Pferde eines
Geschützes wirkenden Kuge°in einer Jnfnuteriespitze nur Zufallstreffer sein."
daraus folgt die Lehre, daß eine kleine Abteilung, wie eine Spitze, auf Ar-
^lerie gar nicht schießen soll, die Artillerie wird auch auf sie erfolglos schießen.

Günstiger berechnet Heckert die Feuererfvlge eines Jnfanterieznges gegen
Artillerie. Ein Zug von W Man" mit etwa 15 bis 20 Schuß aufs Gewehr
^äre "ach Heckert imstande, ein Geschütz tot zu macheu. Daraus folgert er
dann weiter.° daß, "um mit derselben Schußanzahl eine feindliche Batterie von
6 Geschützen niederzukämpfen. 6 Züge, d.h. 2 Kompagnien, nötig sind." Eine
^vmpngnie allein müßte demnach !W bis 40 Schuß aufs Gewehr zur Er¬
reichung des Feuererfvlges gegen eine Batterie einsetzen -- ein Munitions¬
verbrauch, der nur in den äußersten Fällen gerechtfertigt werden könnte. Mit
^nehmender Annäherung der Infanterie an die Artillerie sinkt der Mnnitions-


^enererfolge der Infanterie

Richtung und Fühlung, d. h. Geschlossenheit dahin. Der Fenererfvlg der
Infanterie gegen die angreifende Kavallerie wird also wesentlich davon abhängen,
daß die Infanterie ihr Feuer gegen die Mitte der angreifenden Kavallerie
lenkt. Der erste Schritt wird von der Infanterie mit Ruhe auszuführen sein,
»ut das geschieht durch Abgabe einer Salve. Es ist für den Jnfanteristen
schwer, die anstürmende und immer näher reitende Kavallerie so lange schutzlos
zu erwarten, bis nach Ansicht seines Führers der erste Schuß abgegeben werden
darf. Aber gerade dieses Warten ist, damit das Feuer nicht zügel- und
wirkungslos verlaufen soll, von großer Wichtigkeit; die Salve ist hier der
Zügel. Nachdem aber durch sie gleichsam die Erlaubnis zur Feuereröffnung
gegeben ist, kann und muß das ans dem Magazin abgegebene Schützenfeuer
nunmehr in sein Recht treten.

Der Feuererfolg der Infanterie wird also gegebenen Falls mit davon
abhängen, daß die Infanterie wie ein stehender Wall die Kavallerie erwartet,
daß sie dann eine gut kommandirte Salve nbgiebt, und daß hierauf jeder einzelne
Schütze unes Möglichkeit viele, horizontal abgegebene Schüsse auf die Mitte
der Kavallerie abfeuert.

Am schwierigsten, wenigstens bei weiter Entfernung, sind Feuererfvlge der
Infanterie gegen Artillerie herbeizuführen. Der Erfolg einer Jnfanteriesvitze
gegen Artillerie ist gleich Null. Nach Heckerts Berechnungen würde das Feuer
einer zehn Mann starken Spitze bei einem Schuß aufs Gewehr im aller-
günstigsten Falle vier Kugeln auf den Raum von ?0 bis 40 Metern bringen.
Das Geschütz bietet aber ein wenig geeignetes Ziel, da es an sich schmal und
niedrig ist Jud „in abgeprotztem Zustand eine Tiefe vou etwa 25 Schritt"
hat. Es ist also nicht schlecht gerechnet, wenn von den treffenden vier Kugeln
'u>r eine auf das Geschütz geschrieben wird. Das Geschütz selbst bietet aber
u»r tote Ziele, und es °können selbst dann, wenn das beschossene Geschütz
"U'de antwortet, und selbst dann, wenn die Entfernung zwischen 700 und
^0 Metern richtig geschätzt war, die gegen Mannschaften und Pferde eines
Geschützes wirkenden Kuge°in einer Jnfnuteriespitze nur Zufallstreffer sein."
daraus folgt die Lehre, daß eine kleine Abteilung, wie eine Spitze, auf Ar-
^lerie gar nicht schießen soll, die Artillerie wird auch auf sie erfolglos schießen.

Günstiger berechnet Heckert die Feuererfvlge eines Jnfanterieznges gegen
Artillerie. Ein Zug von W Man» mit etwa 15 bis 20 Schuß aufs Gewehr
^äre »ach Heckert imstande, ein Geschütz tot zu macheu. Daraus folgert er
dann weiter.° daß, „um mit derselben Schußanzahl eine feindliche Batterie von
6 Geschützen niederzukämpfen. 6 Züge, d.h. 2 Kompagnien, nötig sind." Eine
^vmpngnie allein müßte demnach !W bis 40 Schuß aufs Gewehr zur Er¬
reichung des Feuererfvlges gegen eine Batterie einsetzen — ein Munitions¬
verbrauch, der nur in den äußersten Fällen gerechtfertigt werden könnte. Mit
^nehmender Annäherung der Infanterie an die Artillerie sinkt der Mnnitions-


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[0303] ^enererfolge der Infanterie Richtung und Fühlung, d. h. Geschlossenheit dahin. Der Fenererfvlg der Infanterie gegen die angreifende Kavallerie wird also wesentlich davon abhängen, daß die Infanterie ihr Feuer gegen die Mitte der angreifenden Kavallerie lenkt. Der erste Schritt wird von der Infanterie mit Ruhe auszuführen sein, »ut das geschieht durch Abgabe einer Salve. Es ist für den Jnfanteristen schwer, die anstürmende und immer näher reitende Kavallerie so lange schutzlos zu erwarten, bis nach Ansicht seines Führers der erste Schuß abgegeben werden darf. Aber gerade dieses Warten ist, damit das Feuer nicht zügel- und wirkungslos verlaufen soll, von großer Wichtigkeit; die Salve ist hier der Zügel. Nachdem aber durch sie gleichsam die Erlaubnis zur Feuereröffnung gegeben ist, kann und muß das ans dem Magazin abgegebene Schützenfeuer nunmehr in sein Recht treten. Der Feuererfolg der Infanterie wird also gegebenen Falls mit davon abhängen, daß die Infanterie wie ein stehender Wall die Kavallerie erwartet, daß sie dann eine gut kommandirte Salve nbgiebt, und daß hierauf jeder einzelne Schütze unes Möglichkeit viele, horizontal abgegebene Schüsse auf die Mitte der Kavallerie abfeuert. Am schwierigsten, wenigstens bei weiter Entfernung, sind Feuererfvlge der Infanterie gegen Artillerie herbeizuführen. Der Erfolg einer Jnfanteriesvitze gegen Artillerie ist gleich Null. Nach Heckerts Berechnungen würde das Feuer einer zehn Mann starken Spitze bei einem Schuß aufs Gewehr im aller- günstigsten Falle vier Kugeln auf den Raum von ?0 bis 40 Metern bringen. Das Geschütz bietet aber ein wenig geeignetes Ziel, da es an sich schmal und niedrig ist Jud „in abgeprotztem Zustand eine Tiefe vou etwa 25 Schritt" hat. Es ist also nicht schlecht gerechnet, wenn von den treffenden vier Kugeln 'u>r eine auf das Geschütz geschrieben wird. Das Geschütz selbst bietet aber u»r tote Ziele, und es °können selbst dann, wenn das beschossene Geschütz "U'de antwortet, und selbst dann, wenn die Entfernung zwischen 700 und ^0 Metern richtig geschätzt war, die gegen Mannschaften und Pferde eines Geschützes wirkenden Kuge°in einer Jnfnuteriespitze nur Zufallstreffer sein." daraus folgt die Lehre, daß eine kleine Abteilung, wie eine Spitze, auf Ar- ^lerie gar nicht schießen soll, die Artillerie wird auch auf sie erfolglos schießen. Günstiger berechnet Heckert die Feuererfvlge eines Jnfanterieznges gegen Artillerie. Ein Zug von W Man» mit etwa 15 bis 20 Schuß aufs Gewehr ^äre »ach Heckert imstande, ein Geschütz tot zu macheu. Daraus folgert er dann weiter.° daß, „um mit derselben Schußanzahl eine feindliche Batterie von 6 Geschützen niederzukämpfen. 6 Züge, d.h. 2 Kompagnien, nötig sind." Eine ^vmpngnie allein müßte demnach !W bis 40 Schuß aufs Gewehr zur Er¬ reichung des Feuererfvlges gegen eine Batterie einsetzen — ein Munitions¬ verbrauch, der nur in den äußersten Fällen gerechtfertigt werden könnte. Mit ^nehmender Annäherung der Infanterie an die Artillerie sinkt der Mnnitions-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207294/303>, abgerufen am 27.12.2024.