Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Zweites Vieteljahr.der Ruf: "Los von Dänemark!" gewesen, womit sich die Ansicht verband, das', der Ruf: „Los von Dänemark!" gewesen, womit sich die Ansicht verband, das', <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207497"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_560" prev="#ID_559" next="#ID_561"> der Ruf: „Los von Dänemark!" gewesen, womit sich die Ansicht verband, das',<lb/> die Trennung sich nur ans Grund des Rechtes des Erbprinzen von Augusten-<lb/> burg und mittelst der Erhebung desselben zum Herzog zwischen Elbe und<lb/> Köuigsau vollziehen könne. Die Mehrzahl der Beamten, Geistlichen, Schulzen<lb/> und Lehrer verweigerte dem „Prvtokvllpriuzen" in Kopenhagen den Huldigungs¬<lb/> eid, die Landtage und die Ritterschaft baten den deutschen Vuud um Hilfe, daS<lb/> Volt erwartete sie vom Drucke des hvchaufgeregteu Nationalgefühls auf<lb/> den Bund, denn es war längst schon über sein Zaudern in der Sache er¬<lb/> grimmt. Im Süden der Elbe wußte mau nichts von dein Augusteuburger,<lb/> als das; er 1848 auf der nationalen Seite nütgefvchteu und daß Deutschland<lb/> damals das aguatische Recht anerkannt hatte. Daß er jetzt damit hervortrat,<lb/> machte um so mehr Eindruck, als sein Schritt mit dem ärgsten Vertragsbruche<lb/> der Eiderdäuen zusammenfiel. Man habe es erlebt, hieß es in allen Organen<lb/> der öffentlichen Meinung Deutschlands, daß bei jeder Form der Verbindung<lb/> zwischen Dänemark und deu Herzogtümern weder Vertrag noch Grundgesetz<lb/> den letztern sichern Rechtsschutz gewähre. Die einzige Rettung der deutschen<lb/> Ehre liege in der völligen Losreißung Schleswig-Holsteins vom dänischen Ge¬<lb/> samtstaate; in dieser Sache gingen die Forderungen fürstlicher Legitimität,<lb/> volkstümlicher Freiheit und nationaler Würde wie in keiner andern Hand in<lb/> Hand. Der Gedanke, daß es vielleicht anßer der Thrvnfolge der Augnsten-<lb/> bnrger noch andre und zwar bessere Wege zur Beseitigung der Dünenherrschaft<lb/> in den Herzogtümern gebe, lebte unter all den Millionen deutscher Patrioten<lb/> nnr in einem, und dieser verschwieg ihn einstweilen vorsichtig. Sonst schien<lb/> aller Welt für die Schleswig-Hvlsteiner nnr eine Wahl möglich: zwischen<lb/> Augustenburg und der Fortdauer des dänischen Joches. Den deutschen Fürsten<lb/> aber war das Londoner Protokoll von 1852 immer verhaßt gewesen; denn<lb/> wenn eine Konferenz der Großmächte in dieser Angelegenheit zur Regelung<lb/> einer fürstlichen Thronfolge befugt war, welches deutsche Herrscherhaus war<lb/> dann bei einem künftigen Streitfalle seines Thrones sicher? So folgten sich alle<lb/> Tage Kundgebungen der kleiustantlicheu Regierungen und der Volksstimmung für<lb/> deu Augusteuburger. In Baden wurde seinem Vertreter beim Bunde gestattet,<lb/> Vollmachten auch von „Herzog Friedrich VIII." anzunehmen und als dessen<lb/> Wortführer bei der Bundesversammlung Einspruch gegen jede Verletzung seiner<lb/> R'egiernugsrechte einzulegen, was am 1(>. November geschah. Tags darauf<lb/> protestirte Oldenburg gegen die Thrvnfolge Christians IX. in Schleswig-Holstein.<lb/> Am 18. beantragte der gesetzgebende Körper Frankfurts beim Senate die Anerken¬<lb/> nung Herzog Friedrichs, am 1!). vollzog sie der Herzog von Koburg seinerseits<lb/> am 20. interpellirte der österreichische Abgeordnete Nechbauer seine Regierung,<lb/> über Schleswig-Holsteins Befreiung. Am 23. brachten die Liberalen des<lb/> preußischen Abgeordnetenhauses Anträge auf Anerkennung des Herzogs Friedrich<lb/> ein. Am folgenden Tage teilte Beust der zweiten sächsischen Kammer mit, die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
der Ruf: „Los von Dänemark!" gewesen, womit sich die Ansicht verband, das',
die Trennung sich nur ans Grund des Rechtes des Erbprinzen von Augusten-
burg und mittelst der Erhebung desselben zum Herzog zwischen Elbe und
Köuigsau vollziehen könne. Die Mehrzahl der Beamten, Geistlichen, Schulzen
und Lehrer verweigerte dem „Prvtokvllpriuzen" in Kopenhagen den Huldigungs¬
eid, die Landtage und die Ritterschaft baten den deutschen Vuud um Hilfe, daS
Volt erwartete sie vom Drucke des hvchaufgeregteu Nationalgefühls auf
den Bund, denn es war längst schon über sein Zaudern in der Sache er¬
grimmt. Im Süden der Elbe wußte mau nichts von dein Augusteuburger,
als das; er 1848 auf der nationalen Seite nütgefvchteu und daß Deutschland
damals das aguatische Recht anerkannt hatte. Daß er jetzt damit hervortrat,
machte um so mehr Eindruck, als sein Schritt mit dem ärgsten Vertragsbruche
der Eiderdäuen zusammenfiel. Man habe es erlebt, hieß es in allen Organen
der öffentlichen Meinung Deutschlands, daß bei jeder Form der Verbindung
zwischen Dänemark und deu Herzogtümern weder Vertrag noch Grundgesetz
den letztern sichern Rechtsschutz gewähre. Die einzige Rettung der deutschen
Ehre liege in der völligen Losreißung Schleswig-Holsteins vom dänischen Ge¬
samtstaate; in dieser Sache gingen die Forderungen fürstlicher Legitimität,
volkstümlicher Freiheit und nationaler Würde wie in keiner andern Hand in
Hand. Der Gedanke, daß es vielleicht anßer der Thrvnfolge der Augnsten-
bnrger noch andre und zwar bessere Wege zur Beseitigung der Dünenherrschaft
in den Herzogtümern gebe, lebte unter all den Millionen deutscher Patrioten
nnr in einem, und dieser verschwieg ihn einstweilen vorsichtig. Sonst schien
aller Welt für die Schleswig-Hvlsteiner nnr eine Wahl möglich: zwischen
Augustenburg und der Fortdauer des dänischen Joches. Den deutschen Fürsten
aber war das Londoner Protokoll von 1852 immer verhaßt gewesen; denn
wenn eine Konferenz der Großmächte in dieser Angelegenheit zur Regelung
einer fürstlichen Thronfolge befugt war, welches deutsche Herrscherhaus war
dann bei einem künftigen Streitfalle seines Thrones sicher? So folgten sich alle
Tage Kundgebungen der kleiustantlicheu Regierungen und der Volksstimmung für
deu Augusteuburger. In Baden wurde seinem Vertreter beim Bunde gestattet,
Vollmachten auch von „Herzog Friedrich VIII." anzunehmen und als dessen
Wortführer bei der Bundesversammlung Einspruch gegen jede Verletzung seiner
R'egiernugsrechte einzulegen, was am 1(>. November geschah. Tags darauf
protestirte Oldenburg gegen die Thrvnfolge Christians IX. in Schleswig-Holstein.
Am 18. beantragte der gesetzgebende Körper Frankfurts beim Senate die Anerken¬
nung Herzog Friedrichs, am 1!). vollzog sie der Herzog von Koburg seinerseits
am 20. interpellirte der österreichische Abgeordnete Nechbauer seine Regierung,
über Schleswig-Holsteins Befreiung. Am 23. brachten die Liberalen des
preußischen Abgeordnetenhauses Anträge auf Anerkennung des Herzogs Friedrich
ein. Am folgenden Tage teilte Beust der zweiten sächsischen Kammer mit, die
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