Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Maßgebliches und Unmaßgebliches

bestimmte" Fache der Wissenschaft. Sinn sind aber nicht allein in Berlin die Un¬
gebildeten und die Unmündigen in der Mehrheit, und nicht nur dort ist die
Minderheit noch dadurch im Nachteil, daß sie wählerisch in den Mitteln der Agi¬
tation sein muß, keine Versprechungen ins Blane hinein machen darf. Weshalb
sollte sie nicht einmal überall um einige Stimmen zurückbleiben, sodaß die "Reichs-
vertretnng" nnr noch aus Zentrum, Äußersten und Alleräußersten bestünde? Das
würde dann wohl eine Volksvertretung nach dein Herzen der Berliner Volkszeitung
und Genossen sein, da die nicht vertretenen Parteien bekanntlich nicht zum Volke
gerechnet werden dürfen, lind bevor der Unsinn nicht seinen Gipfelpunkt er¬
reicht hat, ist kaum darauf zu rechnen, daß unsre sehr kritischen lieben Deutschen
auch ihrem Politischen Aberglauben zu ^.'eibe gehen. Welches Hochgefühl schwellt
die Brust derer, die der alten und der neuen Aufklärer Sprüche auswendig Her¬
znsagen wissen, und die zu gleicher Zeit auf die symbolischen Bücher des Liberalis¬
mus so glaubensstark schwören, wie irgend ein Orthodoxer ans den "papiernen
Papst der Protestanten," wie die verschollenen Lichtfreunde sagte". Der Ausdruck
papierner Papst verdiente wirklich wieder eingeführt zu werden; orscio pria ab-
Lnrcinm viZt. Nun wird aber, abgesehen von demokratischen und sozialdemokratischen
Fanatikern, jedermann wenigstens in der Theorie zugestehen, daß eine Landes¬
versammlung die Ansichten des ganzen Lundes widerspiegeln soll -- was die
erstem nur anerkennen, wenn sie in der Minderheit sind. In Osterreich sehen wir
soeben den Versuch, durch gesetzliche Einrichtungen zu verhüten, daß nationale
Minderheiten muudwt gemacht werden könne". Sollte derselbe Grundsatz nicht
auch zur Geltung kommen, wo es sich um politische Überzeugungen handelt?

Dieser Gedanke ist schon öfter ausgesprochen, und es ist auch nachgewiesen
worden, wie er sich zum System ausbilden ließe. Merkwürdigerweise erstehen ihm
Gegner nicht allein in den Reihen der Herren "Führer," die um Lob" und Brot
zu kommen fürchten. Mau sagt, an dem im Jahre 1866 proklamirten Wahl¬
system dürfe nicht gerüttelt werden, denn unter diesem Zeichen sei Preußen gegen
die Bimdestagsmehrheit zu Felde gezogen, unter diesem Zeichen sei das Reich wieder
erobert worden. Nun unterschätzen wir das Gewicht dieses Arguments gewiß
nicht. Indessen hat der Staat der Hohenzollern je"e" Anspruch auf die Führung
in Deutschland doch durch jahrhundertelange schwere Arbeit erworben, und wer will
behaupten, daß die Kriege von 1866 und 1870/71 eine" andern Verlauf genommen
hatte" ohne das allgemeine und gleiche Wahlrecht? Gerade die Demokrate" gingen
in dem erster" Jahre offen oder insgeheim mit dem Bundestage, und die Radikalen
sympathisirten auch mit Frankreich, wie sie es heute noch thun. Auch braucht das
allgemeine Wahlrecht keineswegs zurückgenommen zu werden. Den Widersinn birgt
die Gleichheit. Daß wir samt und sonders vor fünfundzwanzig Jahren uns einer
Täuschung hingegeben haben, dürfe" wir ohne Erröten eingestehen. Wir staken zu
ausschließlich in politischen Fragen, um der Gährung in den Schichten der Lohn¬
arbeiter die rechte Anfmerksamkeit zu widmen, und einen solchen Rückgang des
Rationalgefühls, wie wir ihn jetzt erleben müssen, hätten wir schlechterdings für
unmöglich gehalten. Aber da nur nicht freisinnig sind, haben wir auch nicht nötig,
einen Irrtum deshalb als Wahrheit aufrecht zu erhallen, weil wir einmal an ihn
geglaubt haben. Ebenso unnötig wäre eS aber, auf das unglückliche System der
Steuerklasse" zurückzugreifen. Wem, jeder in seiner Bernfsllnsse und natürlich mich
aus dieser zu wähle" hätte, so wäre sowohl der Erdrückung und Erstickung poli¬
tischer Meinungen durch die Zahl der (gleichviel ob leeren) Köpfe bis zu einem
gewissen Grade vorgebeugt, als anch dem Nberwuchern geschäftsmäßiger Pnrlamen-


Grenzboten I 1890 73
Maßgebliches und Unmaßgebliches

bestimmte» Fache der Wissenschaft. Sinn sind aber nicht allein in Berlin die Un¬
gebildeten und die Unmündigen in der Mehrheit, und nicht nur dort ist die
Minderheit noch dadurch im Nachteil, daß sie wählerisch in den Mitteln der Agi¬
tation sein muß, keine Versprechungen ins Blane hinein machen darf. Weshalb
sollte sie nicht einmal überall um einige Stimmen zurückbleiben, sodaß die „Reichs-
vertretnng" nnr noch aus Zentrum, Äußersten und Alleräußersten bestünde? Das
würde dann wohl eine Volksvertretung nach dein Herzen der Berliner Volkszeitung
und Genossen sein, da die nicht vertretenen Parteien bekanntlich nicht zum Volke
gerechnet werden dürfen, lind bevor der Unsinn nicht seinen Gipfelpunkt er¬
reicht hat, ist kaum darauf zu rechnen, daß unsre sehr kritischen lieben Deutschen
auch ihrem Politischen Aberglauben zu ^.'eibe gehen. Welches Hochgefühl schwellt
die Brust derer, die der alten und der neuen Aufklärer Sprüche auswendig Her¬
znsagen wissen, und die zu gleicher Zeit auf die symbolischen Bücher des Liberalis¬
mus so glaubensstark schwören, wie irgend ein Orthodoxer ans den „papiernen
Papst der Protestanten," wie die verschollenen Lichtfreunde sagte». Der Ausdruck
papierner Papst verdiente wirklich wieder eingeführt zu werden; orscio pria ab-
Lnrcinm viZt. Nun wird aber, abgesehen von demokratischen und sozialdemokratischen
Fanatikern, jedermann wenigstens in der Theorie zugestehen, daß eine Landes¬
versammlung die Ansichten des ganzen Lundes widerspiegeln soll — was die
erstem nur anerkennen, wenn sie in der Minderheit sind. In Osterreich sehen wir
soeben den Versuch, durch gesetzliche Einrichtungen zu verhüten, daß nationale
Minderheiten muudwt gemacht werden könne». Sollte derselbe Grundsatz nicht
auch zur Geltung kommen, wo es sich um politische Überzeugungen handelt?

Dieser Gedanke ist schon öfter ausgesprochen, und es ist auch nachgewiesen
worden, wie er sich zum System ausbilden ließe. Merkwürdigerweise erstehen ihm
Gegner nicht allein in den Reihen der Herren „Führer," die um Lob» und Brot
zu kommen fürchten. Mau sagt, an dem im Jahre 1866 proklamirten Wahl¬
system dürfe nicht gerüttelt werden, denn unter diesem Zeichen sei Preußen gegen
die Bimdestagsmehrheit zu Felde gezogen, unter diesem Zeichen sei das Reich wieder
erobert worden. Nun unterschätzen wir das Gewicht dieses Arguments gewiß
nicht. Indessen hat der Staat der Hohenzollern je»e» Anspruch auf die Führung
in Deutschland doch durch jahrhundertelange schwere Arbeit erworben, und wer will
behaupten, daß die Kriege von 1866 und 1870/71 eine» andern Verlauf genommen
hatte» ohne das allgemeine und gleiche Wahlrecht? Gerade die Demokrate» gingen
in dem erster« Jahre offen oder insgeheim mit dem Bundestage, und die Radikalen
sympathisirten auch mit Frankreich, wie sie es heute noch thun. Auch braucht das
allgemeine Wahlrecht keineswegs zurückgenommen zu werden. Den Widersinn birgt
die Gleichheit. Daß wir samt und sonders vor fünfundzwanzig Jahren uns einer
Täuschung hingegeben haben, dürfe» wir ohne Erröten eingestehen. Wir staken zu
ausschließlich in politischen Fragen, um der Gährung in den Schichten der Lohn¬
arbeiter die rechte Anfmerksamkeit zu widmen, und einen solchen Rückgang des
Rationalgefühls, wie wir ihn jetzt erleben müssen, hätten wir schlechterdings für
unmöglich gehalten. Aber da nur nicht freisinnig sind, haben wir auch nicht nötig,
einen Irrtum deshalb als Wahrheit aufrecht zu erhallen, weil wir einmal an ihn
geglaubt haben. Ebenso unnötig wäre eS aber, auf das unglückliche System der
Steuerklasse» zurückzugreifen. Wem, jeder in seiner Bernfsllnsse und natürlich mich
aus dieser zu wähle» hätte, so wäre sowohl der Erdrückung und Erstickung poli¬
tischer Meinungen durch die Zahl der (gleichviel ob leeren) Köpfe bis zu einem
gewissen Grade vorgebeugt, als anch dem Nberwuchern geschäftsmäßiger Pnrlamen-


Grenzboten I 1890 73
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0585" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/207230"/>
              <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/>
              <p xml:id="ID_1740" prev="#ID_1739"> bestimmte» Fache der Wissenschaft. Sinn sind aber nicht allein in Berlin die Un¬<lb/>
gebildeten und die Unmündigen in der Mehrheit, und nicht nur dort ist die<lb/>
Minderheit noch dadurch im Nachteil, daß sie wählerisch in den Mitteln der Agi¬<lb/>
tation sein muß, keine Versprechungen ins Blane hinein machen darf. Weshalb<lb/>
sollte sie nicht einmal überall um einige Stimmen zurückbleiben, sodaß die &#x201E;Reichs-<lb/>
vertretnng" nnr noch aus Zentrum, Äußersten und Alleräußersten bestünde? Das<lb/>
würde dann wohl eine Volksvertretung nach dein Herzen der Berliner Volkszeitung<lb/>
und Genossen sein, da die nicht vertretenen Parteien bekanntlich nicht zum Volke<lb/>
gerechnet werden dürfen, lind bevor der Unsinn nicht seinen Gipfelpunkt er¬<lb/>
reicht hat, ist kaum darauf zu rechnen, daß unsre sehr kritischen lieben Deutschen<lb/>
auch ihrem Politischen Aberglauben zu ^.'eibe gehen. Welches Hochgefühl schwellt<lb/>
die Brust derer, die der alten und der neuen Aufklärer Sprüche auswendig Her¬<lb/>
znsagen wissen, und die zu gleicher Zeit auf die symbolischen Bücher des Liberalis¬<lb/>
mus so glaubensstark schwören, wie irgend ein Orthodoxer ans den &#x201E;papiernen<lb/>
Papst der Protestanten," wie die verschollenen Lichtfreunde sagte». Der Ausdruck<lb/>
papierner Papst verdiente wirklich wieder eingeführt zu werden; orscio pria ab-<lb/>
Lnrcinm viZt. Nun wird aber, abgesehen von demokratischen und sozialdemokratischen<lb/>
Fanatikern, jedermann wenigstens in der Theorie zugestehen, daß eine Landes¬<lb/>
versammlung die Ansichten des ganzen Lundes widerspiegeln soll &#x2014; was die<lb/>
erstem nur anerkennen, wenn sie in der Minderheit sind. In Osterreich sehen wir<lb/>
soeben den Versuch, durch gesetzliche Einrichtungen zu verhüten, daß nationale<lb/>
Minderheiten muudwt gemacht werden könne». Sollte derselbe Grundsatz nicht<lb/>
auch zur Geltung kommen, wo es sich um politische Überzeugungen handelt?</p><lb/>
              <p xml:id="ID_1741" next="#ID_1742"> Dieser Gedanke ist schon öfter ausgesprochen, und es ist auch nachgewiesen<lb/>
worden, wie er sich zum System ausbilden ließe. Merkwürdigerweise erstehen ihm<lb/>
Gegner nicht allein in den Reihen der Herren &#x201E;Führer," die um Lob» und Brot<lb/>
zu kommen fürchten. Mau sagt, an dem im Jahre 1866 proklamirten Wahl¬<lb/>
system dürfe nicht gerüttelt werden, denn unter diesem Zeichen sei Preußen gegen<lb/>
die Bimdestagsmehrheit zu Felde gezogen, unter diesem Zeichen sei das Reich wieder<lb/>
erobert worden. Nun unterschätzen wir das Gewicht dieses Arguments gewiß<lb/>
nicht. Indessen hat der Staat der Hohenzollern je»e» Anspruch auf die Führung<lb/>
in Deutschland doch durch jahrhundertelange schwere Arbeit erworben, und wer will<lb/>
behaupten, daß die Kriege von 1866 und 1870/71 eine» andern Verlauf genommen<lb/>
hatte» ohne das allgemeine und gleiche Wahlrecht? Gerade die Demokrate» gingen<lb/>
in dem erster« Jahre offen oder insgeheim mit dem Bundestage, und die Radikalen<lb/>
sympathisirten auch mit Frankreich, wie sie es heute noch thun. Auch braucht das<lb/>
allgemeine Wahlrecht keineswegs zurückgenommen zu werden. Den Widersinn birgt<lb/>
die Gleichheit. Daß wir samt und sonders vor fünfundzwanzig Jahren uns einer<lb/>
Täuschung hingegeben haben, dürfe» wir ohne Erröten eingestehen. Wir staken zu<lb/>
ausschließlich in politischen Fragen, um der Gährung in den Schichten der Lohn¬<lb/>
arbeiter die rechte Anfmerksamkeit zu widmen, und einen solchen Rückgang des<lb/>
Rationalgefühls, wie wir ihn jetzt erleben müssen, hätten wir schlechterdings für<lb/>
unmöglich gehalten. Aber da nur nicht freisinnig sind, haben wir auch nicht nötig,<lb/>
einen Irrtum deshalb als Wahrheit aufrecht zu erhallen, weil wir einmal an ihn<lb/>
geglaubt haben. Ebenso unnötig wäre eS aber, auf das unglückliche System der<lb/>
Steuerklasse» zurückzugreifen. Wem, jeder in seiner Bernfsllnsse und natürlich mich<lb/>
aus dieser zu wähle» hätte, so wäre sowohl der Erdrückung und Erstickung poli¬<lb/>
tischer Meinungen durch die Zahl der (gleichviel ob leeren) Köpfe bis zu einem<lb/>
gewissen Grade vorgebeugt, als anch dem Nberwuchern geschäftsmäßiger Pnrlamen-</p><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1890 73</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0585] Maßgebliches und Unmaßgebliches bestimmte» Fache der Wissenschaft. Sinn sind aber nicht allein in Berlin die Un¬ gebildeten und die Unmündigen in der Mehrheit, und nicht nur dort ist die Minderheit noch dadurch im Nachteil, daß sie wählerisch in den Mitteln der Agi¬ tation sein muß, keine Versprechungen ins Blane hinein machen darf. Weshalb sollte sie nicht einmal überall um einige Stimmen zurückbleiben, sodaß die „Reichs- vertretnng" nnr noch aus Zentrum, Äußersten und Alleräußersten bestünde? Das würde dann wohl eine Volksvertretung nach dein Herzen der Berliner Volkszeitung und Genossen sein, da die nicht vertretenen Parteien bekanntlich nicht zum Volke gerechnet werden dürfen, lind bevor der Unsinn nicht seinen Gipfelpunkt er¬ reicht hat, ist kaum darauf zu rechnen, daß unsre sehr kritischen lieben Deutschen auch ihrem Politischen Aberglauben zu ^.'eibe gehen. Welches Hochgefühl schwellt die Brust derer, die der alten und der neuen Aufklärer Sprüche auswendig Her¬ znsagen wissen, und die zu gleicher Zeit auf die symbolischen Bücher des Liberalis¬ mus so glaubensstark schwören, wie irgend ein Orthodoxer ans den „papiernen Papst der Protestanten," wie die verschollenen Lichtfreunde sagte». Der Ausdruck papierner Papst verdiente wirklich wieder eingeführt zu werden; orscio pria ab- Lnrcinm viZt. Nun wird aber, abgesehen von demokratischen und sozialdemokratischen Fanatikern, jedermann wenigstens in der Theorie zugestehen, daß eine Landes¬ versammlung die Ansichten des ganzen Lundes widerspiegeln soll — was die erstem nur anerkennen, wenn sie in der Minderheit sind. In Osterreich sehen wir soeben den Versuch, durch gesetzliche Einrichtungen zu verhüten, daß nationale Minderheiten muudwt gemacht werden könne». Sollte derselbe Grundsatz nicht auch zur Geltung kommen, wo es sich um politische Überzeugungen handelt? Dieser Gedanke ist schon öfter ausgesprochen, und es ist auch nachgewiesen worden, wie er sich zum System ausbilden ließe. Merkwürdigerweise erstehen ihm Gegner nicht allein in den Reihen der Herren „Führer," die um Lob» und Brot zu kommen fürchten. Mau sagt, an dem im Jahre 1866 proklamirten Wahl¬ system dürfe nicht gerüttelt werden, denn unter diesem Zeichen sei Preußen gegen die Bimdestagsmehrheit zu Felde gezogen, unter diesem Zeichen sei das Reich wieder erobert worden. Nun unterschätzen wir das Gewicht dieses Arguments gewiß nicht. Indessen hat der Staat der Hohenzollern je»e» Anspruch auf die Führung in Deutschland doch durch jahrhundertelange schwere Arbeit erworben, und wer will behaupten, daß die Kriege von 1866 und 1870/71 eine» andern Verlauf genommen hatte» ohne das allgemeine und gleiche Wahlrecht? Gerade die Demokrate» gingen in dem erster« Jahre offen oder insgeheim mit dem Bundestage, und die Radikalen sympathisirten auch mit Frankreich, wie sie es heute noch thun. Auch braucht das allgemeine Wahlrecht keineswegs zurückgenommen zu werden. Den Widersinn birgt die Gleichheit. Daß wir samt und sonders vor fünfundzwanzig Jahren uns einer Täuschung hingegeben haben, dürfe» wir ohne Erröten eingestehen. Wir staken zu ausschließlich in politischen Fragen, um der Gährung in den Schichten der Lohn¬ arbeiter die rechte Anfmerksamkeit zu widmen, und einen solchen Rückgang des Rationalgefühls, wie wir ihn jetzt erleben müssen, hätten wir schlechterdings für unmöglich gehalten. Aber da nur nicht freisinnig sind, haben wir auch nicht nötig, einen Irrtum deshalb als Wahrheit aufrecht zu erhallen, weil wir einmal an ihn geglaubt haben. Ebenso unnötig wäre eS aber, auf das unglückliche System der Steuerklasse» zurückzugreifen. Wem, jeder in seiner Bernfsllnsse und natürlich mich aus dieser zu wähle» hätte, so wäre sowohl der Erdrückung und Erstickung poli¬ tischer Meinungen durch die Zahl der (gleichviel ob leeren) Köpfe bis zu einem gewissen Grade vorgebeugt, als anch dem Nberwuchern geschäftsmäßiger Pnrlamen- Grenzboten I 1890 73

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/585
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/585>, abgerufen am 26.06.2024.