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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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bestätigt hat, das; wir zu Anfange des Jahres 1887 vor dem Kriege standen
und daß der Schnäbelefall im April 1887 nur die Gefahr aufs neue herauf¬
beschworen hatte? Ist es da nicht ein starkes Stück von Lcichtferfigkeit, "die
regelmäßige budgetmäßige Bewilligung der Präsenzstärke" als Aufgabe des
neuen Reichstages hinzustellen? Gott bewahre uns vor diesen "neuen Zielen,"
nach denen die freisinnigen Künstler wieder einmal "vorwärts schauen" und
womit sie das deutsche Reich "im Sinne verfassungsmäßiger Freiheit zu
schmücken und zu stärken" sich gütigst bemühen wollen.

Einen Vorgeschmack von diesem Schmuck und dieser Stärke haben
wir in dem deutschfreisinnigen Wahlaufruf, der voll ist von den altbekannten
Jonglenrknnststückchen der Partei; da heißt es z, B, "Unsre Politik bewegt sich
in einer Richtung, die der allgemeiner, Wohlfarth des deutschen Volkes nicht
entspricht." Den Freisinnigen wäre es freilich lieber, wenn sie unsre Kolonien
so schnell wie möglich an England überlassen könnten, wie es ihnen lieber
gewesen wäre, wenn unsre Landwirtschaft ihre Erzeugnisse zu Preisen hätte
liefern müssen, bei denen ihr Ruin sicher war und bei denen die Industrie
ohne Zweifel in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Weiter heißt es in
dem Manifest: "Die Forderungen werden für Heer und Flotte von Jahr zu
Jahr in einem Maße gesteigert, welches die durch die Weltlage geforderten
Opfer übersteigt." Und dieser selbe Freisinn, der jetzt so spricht, hat sich doch
nicht getraut, gegen die zur Verteidigung des Reiches geforderten Geldmittel
zu stimmen! Was ist das da für eine erbärmliche Heuchelei, im Reichstage
zu einer Zeit, wo die Volksstimmung wegen des von Frankreich drohenden
Angriffs der Partei es ratsam erscheinen ließ, die Forderungen der Regierung zu
bewilligen, um hinterher die Wähler gegen das aufzuhetzen, was man selbst mit
bewilligt hat! Ja die Partei geht in ihrer Geunssenlosigkeit so weit, zu sagen:
"Die berechtigten Forderungen der Arbeiter bezüglich des Schutzes ihrer Arbeits¬
kraft und Gesundheit und bezüglich der Ordnung gewerblicher Streitigkeiten
finden kein geneigtes Gehör bei der Regierung." Das sagt eine Partei, die
für die Sicherung und Kräftigung der Lebenslage der Arbeiter bisher nichts
gethan, vielmehr alle Maßnahmen der Regierung vom Krankenkassengesctz an
bis zur Altersversicherung nur bekämpft hat! Und diese Partei tritt gegen
den letzten Reichstag, der dem Vnterlande den Frieden erhalten hat, Schmähend
und polternd auf und giebt ihm eine Politik schuld, mit deren "Fortsetzung die
Aufrechthaltung der siechte des Volkes unverträglich" sein soll. Sie selbst
verspricht, "mit aller Kraft der Fortführung einer solchen für den innern
Frieden und das wirtschciftiche Gedeihen Deutschlands gefährlichen Politik ent¬
gegenzutreten." Sie wünscht eine Vertretung, "die das deutsche Reich nicht
nur nach außen macht, und glanzvoll hinstellt, sondern auch in würdiger Weise
dem deutscheu Volke seinen Platz nnter den der Freiheit teilhaftigen Völker"
sichert." Dieser Wunsch des Freisinns ist insoweit überflüssig, als er sich schon


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bestätigt hat, das; wir zu Anfange des Jahres 1887 vor dem Kriege standen
und daß der Schnäbelefall im April 1887 nur die Gefahr aufs neue herauf¬
beschworen hatte? Ist es da nicht ein starkes Stück von Lcichtferfigkeit, „die
regelmäßige budgetmäßige Bewilligung der Präsenzstärke" als Aufgabe des
neuen Reichstages hinzustellen? Gott bewahre uns vor diesen „neuen Zielen,"
nach denen die freisinnigen Künstler wieder einmal „vorwärts schauen" und
womit sie das deutsche Reich „im Sinne verfassungsmäßiger Freiheit zu
schmücken und zu stärken" sich gütigst bemühen wollen.

Einen Vorgeschmack von diesem Schmuck und dieser Stärke haben
wir in dem deutschfreisinnigen Wahlaufruf, der voll ist von den altbekannten
Jonglenrknnststückchen der Partei; da heißt es z, B, „Unsre Politik bewegt sich
in einer Richtung, die der allgemeiner, Wohlfarth des deutschen Volkes nicht
entspricht." Den Freisinnigen wäre es freilich lieber, wenn sie unsre Kolonien
so schnell wie möglich an England überlassen könnten, wie es ihnen lieber
gewesen wäre, wenn unsre Landwirtschaft ihre Erzeugnisse zu Preisen hätte
liefern müssen, bei denen ihr Ruin sicher war und bei denen die Industrie
ohne Zweifel in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Weiter heißt es in
dem Manifest: „Die Forderungen werden für Heer und Flotte von Jahr zu
Jahr in einem Maße gesteigert, welches die durch die Weltlage geforderten
Opfer übersteigt." Und dieser selbe Freisinn, der jetzt so spricht, hat sich doch
nicht getraut, gegen die zur Verteidigung des Reiches geforderten Geldmittel
zu stimmen! Was ist das da für eine erbärmliche Heuchelei, im Reichstage
zu einer Zeit, wo die Volksstimmung wegen des von Frankreich drohenden
Angriffs der Partei es ratsam erscheinen ließ, die Forderungen der Regierung zu
bewilligen, um hinterher die Wähler gegen das aufzuhetzen, was man selbst mit
bewilligt hat! Ja die Partei geht in ihrer Geunssenlosigkeit so weit, zu sagen:
„Die berechtigten Forderungen der Arbeiter bezüglich des Schutzes ihrer Arbeits¬
kraft und Gesundheit und bezüglich der Ordnung gewerblicher Streitigkeiten
finden kein geneigtes Gehör bei der Regierung." Das sagt eine Partei, die
für die Sicherung und Kräftigung der Lebenslage der Arbeiter bisher nichts
gethan, vielmehr alle Maßnahmen der Regierung vom Krankenkassengesctz an
bis zur Altersversicherung nur bekämpft hat! Und diese Partei tritt gegen
den letzten Reichstag, der dem Vnterlande den Frieden erhalten hat, Schmähend
und polternd auf und giebt ihm eine Politik schuld, mit deren „Fortsetzung die
Aufrechthaltung der siechte des Volkes unverträglich" sein soll. Sie selbst
verspricht, „mit aller Kraft der Fortführung einer solchen für den innern
Frieden und das wirtschciftiche Gedeihen Deutschlands gefährlichen Politik ent¬
gegenzutreten." Sie wünscht eine Vertretung, „die das deutsche Reich nicht
nur nach außen macht, und glanzvoll hinstellt, sondern auch in würdiger Weise
dem deutscheu Volke seinen Platz nnter den der Freiheit teilhaftigen Völker»
sichert." Dieser Wunsch des Freisinns ist insoweit überflüssig, als er sich schon


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[0392] Weiteres zur LlMattenstik de>. Oouischsl'eistnnigini bestätigt hat, das; wir zu Anfange des Jahres 1887 vor dem Kriege standen und daß der Schnäbelefall im April 1887 nur die Gefahr aufs neue herauf¬ beschworen hatte? Ist es da nicht ein starkes Stück von Lcichtferfigkeit, „die regelmäßige budgetmäßige Bewilligung der Präsenzstärke" als Aufgabe des neuen Reichstages hinzustellen? Gott bewahre uns vor diesen „neuen Zielen," nach denen die freisinnigen Künstler wieder einmal „vorwärts schauen" und womit sie das deutsche Reich „im Sinne verfassungsmäßiger Freiheit zu schmücken und zu stärken" sich gütigst bemühen wollen. Einen Vorgeschmack von diesem Schmuck und dieser Stärke haben wir in dem deutschfreisinnigen Wahlaufruf, der voll ist von den altbekannten Jonglenrknnststückchen der Partei; da heißt es z, B, „Unsre Politik bewegt sich in einer Richtung, die der allgemeiner, Wohlfarth des deutschen Volkes nicht entspricht." Den Freisinnigen wäre es freilich lieber, wenn sie unsre Kolonien so schnell wie möglich an England überlassen könnten, wie es ihnen lieber gewesen wäre, wenn unsre Landwirtschaft ihre Erzeugnisse zu Preisen hätte liefern müssen, bei denen ihr Ruin sicher war und bei denen die Industrie ohne Zweifel in Mitleidenschaft gezogen worden wäre. Weiter heißt es in dem Manifest: „Die Forderungen werden für Heer und Flotte von Jahr zu Jahr in einem Maße gesteigert, welches die durch die Weltlage geforderten Opfer übersteigt." Und dieser selbe Freisinn, der jetzt so spricht, hat sich doch nicht getraut, gegen die zur Verteidigung des Reiches geforderten Geldmittel zu stimmen! Was ist das da für eine erbärmliche Heuchelei, im Reichstage zu einer Zeit, wo die Volksstimmung wegen des von Frankreich drohenden Angriffs der Partei es ratsam erscheinen ließ, die Forderungen der Regierung zu bewilligen, um hinterher die Wähler gegen das aufzuhetzen, was man selbst mit bewilligt hat! Ja die Partei geht in ihrer Geunssenlosigkeit so weit, zu sagen: „Die berechtigten Forderungen der Arbeiter bezüglich des Schutzes ihrer Arbeits¬ kraft und Gesundheit und bezüglich der Ordnung gewerblicher Streitigkeiten finden kein geneigtes Gehör bei der Regierung." Das sagt eine Partei, die für die Sicherung und Kräftigung der Lebenslage der Arbeiter bisher nichts gethan, vielmehr alle Maßnahmen der Regierung vom Krankenkassengesctz an bis zur Altersversicherung nur bekämpft hat! Und diese Partei tritt gegen den letzten Reichstag, der dem Vnterlande den Frieden erhalten hat, Schmähend und polternd auf und giebt ihm eine Politik schuld, mit deren „Fortsetzung die Aufrechthaltung der siechte des Volkes unverträglich" sein soll. Sie selbst verspricht, „mit aller Kraft der Fortführung einer solchen für den innern Frieden und das wirtschciftiche Gedeihen Deutschlands gefährlichen Politik ent¬ gegenzutreten." Sie wünscht eine Vertretung, „die das deutsche Reich nicht nur nach außen macht, und glanzvoll hinstellt, sondern auch in würdiger Weise dem deutscheu Volke seinen Platz nnter den der Freiheit teilhaftigen Völker» sichert." Dieser Wunsch des Freisinns ist insoweit überflüssig, als er sich schon

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/392>, abgerufen am 23.07.2024.