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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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Zur Geschichte von dem kranken UönigssolM

ihrer Schönheit erfüllt. Auch Apelles, damals schon bejahrt, aber noch rüstig
und geistesfrisch, hat davon gehört und begiebt sich nach Bursia am Fuße des
Olymp,*) der Residenz des Demetrius. Bei Gelegenheit eines zu Ehren des
Vaal(!) veranstalteten Festes sieht er die Prinzessin lind ist vom Anblick ihrer
Schönheit vollständig betäubt. Während der heiligem Handlung entwirft er,
"nachdem er den ersten Hunger seiner Augen an dem Anblick eines so schönen
Geschöpfes gestillt hat," eine Skizze ihrer Gestalt, um diese zu Hause auszuführen.
So ist er "uri nuovo I'roruvtuvo, der der Sonne ihre Strahlen geraubt hat."
Der Genuß aber, den er bei der Ausführung des Bildes fühlt, übertrifft bei
weitem das Entzücken des Pygmalion, als dieser seine Statue schuf. Nach Voll¬
endung seines Werkes kehrt er heim, "einem Jason vergleichbar, der vou der
Eroberung des goldenen Vließes sich zur Rückkehr wendet." Während der
Seereise erhebt sich ein furchtbarer Sturm, und da die Schiffer alles Entbehr¬
liche über Bord werfen, so ist auch das Bild des Apelles, das er in seinem
Gepäck verborgen hat, in Gefahr. In seiner Angst, die natürlich nach Gebühr
beschrieben wird, findet er einen Ausweg: er holt das Bild hervor, zeigt es
den Schiffern und betet es vor aller Augen als eine Gottheit an. Die Schiffer
halten es für das Bild der Venus und vereinigen ihre Gebete mit den seinigen.
Alsbald legt sich der Sturm, und Apelles erreicht glücklich die Heimat.

Bald darauf erscheinen Gesandte des Seleukus in Korinth, die auf der
Rückkehr nach Syrien begriffen von dem eben geschilderten Unwetter verschlagen
worden sind. Sie besuchen auch die Werkstatt des Apelles, "wo die Figuren
gesprochen haben würden, wenn nicht Apelles als ein neuer Pythagoras ihnen
in feiner Schule vor allem das Stillschweigen auferlegt Hütte." Entzückt kehren
die Gesandten nach Damaskus, des Seleukus Residenz, zurück, und berichten
ihrem Herrscher von der Schönheit des Bildes. Seleukus erwirbt es von
Apelles, weil dieser es dem mächtigen Herrscher nicht zu verweigern wagt.
Aber Seleukus will uun auch das Urbild besitzen und wirbt durch eine Ge¬
sandtschaft um die Hand der Strntoniea. Demetrius selbst geleitet samt seiner
Gemahlin Philä und einem glänzenden Gefolge die Tochter und wird in der
Hafenstadt Tripolis (!) von Seleukus empfangen. "Die ersten Begrüßungen
der Schiffe geschahen mittels künstlicher Röhren, aus denen eine wohlriechende,
starke Luft herausgeblaseu wurde. Dieses Wehen vereinigt mit den Seufzern
des Seleukus bildete einen Luftzug, der seine Lebensflammen teils zu kühlen,
teils anzufachen geeignet war." Mit unbeschreiblicher Pracht geht die Abreise
nach Damaskus vor sich, wobei der Wagen der Braut von Vögeln gezogen
wird, die so groß sind, daß sie mit Leichtigkeit ein Kalb durch die Luft tragen
könnten. Nun folgt die Schilderung der Vermähln"gsfeierlichkeiten in derselben
Manier. Dann sehen wir, wie Antiochus und Stratvuiea von heimlicher Liebe
zu einander entzündet werden, die allmählich zu Heller Leidenschaft auflodert.



Avr tiefgehenden Quellenstudien zeugt diese Angabe gerade nicht.
Zur Geschichte von dem kranken UönigssolM

ihrer Schönheit erfüllt. Auch Apelles, damals schon bejahrt, aber noch rüstig
und geistesfrisch, hat davon gehört und begiebt sich nach Bursia am Fuße des
Olymp,*) der Residenz des Demetrius. Bei Gelegenheit eines zu Ehren des
Vaal(!) veranstalteten Festes sieht er die Prinzessin lind ist vom Anblick ihrer
Schönheit vollständig betäubt. Während der heiligem Handlung entwirft er,
„nachdem er den ersten Hunger seiner Augen an dem Anblick eines so schönen
Geschöpfes gestillt hat," eine Skizze ihrer Gestalt, um diese zu Hause auszuführen.
So ist er „uri nuovo I'roruvtuvo, der der Sonne ihre Strahlen geraubt hat."
Der Genuß aber, den er bei der Ausführung des Bildes fühlt, übertrifft bei
weitem das Entzücken des Pygmalion, als dieser seine Statue schuf. Nach Voll¬
endung seines Werkes kehrt er heim, „einem Jason vergleichbar, der vou der
Eroberung des goldenen Vließes sich zur Rückkehr wendet." Während der
Seereise erhebt sich ein furchtbarer Sturm, und da die Schiffer alles Entbehr¬
liche über Bord werfen, so ist auch das Bild des Apelles, das er in seinem
Gepäck verborgen hat, in Gefahr. In seiner Angst, die natürlich nach Gebühr
beschrieben wird, findet er einen Ausweg: er holt das Bild hervor, zeigt es
den Schiffern und betet es vor aller Augen als eine Gottheit an. Die Schiffer
halten es für das Bild der Venus und vereinigen ihre Gebete mit den seinigen.
Alsbald legt sich der Sturm, und Apelles erreicht glücklich die Heimat.

Bald darauf erscheinen Gesandte des Seleukus in Korinth, die auf der
Rückkehr nach Syrien begriffen von dem eben geschilderten Unwetter verschlagen
worden sind. Sie besuchen auch die Werkstatt des Apelles, „wo die Figuren
gesprochen haben würden, wenn nicht Apelles als ein neuer Pythagoras ihnen
in feiner Schule vor allem das Stillschweigen auferlegt Hütte." Entzückt kehren
die Gesandten nach Damaskus, des Seleukus Residenz, zurück, und berichten
ihrem Herrscher von der Schönheit des Bildes. Seleukus erwirbt es von
Apelles, weil dieser es dem mächtigen Herrscher nicht zu verweigern wagt.
Aber Seleukus will uun auch das Urbild besitzen und wirbt durch eine Ge¬
sandtschaft um die Hand der Strntoniea. Demetrius selbst geleitet samt seiner
Gemahlin Philä und einem glänzenden Gefolge die Tochter und wird in der
Hafenstadt Tripolis (!) von Seleukus empfangen. „Die ersten Begrüßungen
der Schiffe geschahen mittels künstlicher Röhren, aus denen eine wohlriechende,
starke Luft herausgeblaseu wurde. Dieses Wehen vereinigt mit den Seufzern
des Seleukus bildete einen Luftzug, der seine Lebensflammen teils zu kühlen,
teils anzufachen geeignet war." Mit unbeschreiblicher Pracht geht die Abreise
nach Damaskus vor sich, wobei der Wagen der Braut von Vögeln gezogen
wird, die so groß sind, daß sie mit Leichtigkeit ein Kalb durch die Luft tragen
könnten. Nun folgt die Schilderung der Vermähln»gsfeierlichkeiten in derselben
Manier. Dann sehen wir, wie Antiochus und Stratvuiea von heimlicher Liebe
zu einander entzündet werden, die allmählich zu Heller Leidenschaft auflodert.



Avr tiefgehenden Quellenstudien zeugt diese Angabe gerade nicht.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/240>, abgerufen am 23.07.2024.