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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr.

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gleitete Bewegung von den verschiednen Gewerkschaften immer mehr zur Er¬
langung einer Art von Arbeitsmonopvl für Unionsmitglieder benutzt und zu
einem Kampfe der ganzen Arbeiterklasse gegen die Arbeitgeber gestempelt wird,
hat sich das allgemeine Interesse sehr von deu Arbeitern abgewendet. Die
liberall nuftanchende Weigerung der Univnsinitglieder mit Nichtnnivnisten über¬
haupt zusammenzuarbeiten, und die Forderung, daß diese Nichtunionisten von
den Arbeitgebern entweder entlassen oder selbst gegen ihren Willen gezwungen
werden sollten, der betreffenden Union beizutreten, zeigten deutlich, daß die
Bewegung der Arbeiter nicht sowohl das Ziel der Verbesserung der materiellen
Lage der Arbeiter selbst, als vielmehr das der Herrschaft gewisser Arbeiter¬
führer verfolgte. Dies kam am deutlichsten bei dem Londoner Gasarbeiterstreik
zum Ausdruck.

Hier sollte eine für die Arbeiter wohlthätige Einrichtung bloß deshalb
vernichtet werden, weil dadurch möglicherweise die Interessen der Union als
solcher einen Schaden erleiden könnten. Die Univnsführer behaupten nämlich,
wenn sich die Arbeiter ^..... wie dies in dem boiru8-Plur des Herrn Livesey
vorgesehen ist -- mindestens auf ein Jahr statt wie bisher auf eine Woche
fest verpflichteten, so büßten die Arbeiter dadurch ihre freie Selbstbestimmung
bezüglich der Arbeitseinstellung und damit zugleich die Union ihre Herrschaft
über die Leute ein. Der ganze Plan des Herrn Livesey wurde als ein Versuch
zur Vernichtung der Gewerkschaft bezeichnet. Einzelne Stimmen haben sich in
dieser Beziehung zu Gunsten der Streikführer erhoben, so hat Lord Dnnraven
in einem "Eingesandt" an die l'iruos ausgeführt, daß die 1'r-räe Union" als
berechtigt angesehen werden müßten, in ihrem Interesse jeden Versuch einer
Beschränkung der Streikbefugnis zu bekämpfen. Sowohl die Minieh wie der
LtMciÄrÄ haben aber dein gegenüber betont, daß es hohe Zeit sei, deu tyranni-
schen Übergriffe" der Gewerkschaften und besonders ihrer Führer entgegen¬
zutreten; im Vordergrunde stehe das Interesse der Arbeiter und der Industrie.
Wenn wie im vorliegenden Falle ein Plan aufgestellt worden sei, durch den
die Arbeiter wesentliche Bordelle erlangen, der ferner das so erstrebenswerte
Ziel des Anteils der Arbeiter mit Uuternehmergeivinn verfolge, und auf deu
Hunderte von Arbeitern freudig eingegangen seien, so müsse jeder Versuch,
diese" Plan zu nichte zu machen, bloß weil dadurch im Gegensatz zum Gewerk¬
schaftsinteresse zwischen Arbeitern und Arbeitgebern ein gemeinsames Interesse
geschaffen werde, als frevelhafte Tyrannei bezeichnet werden. Um mich in
dieser Beziehung keinen Zweifel über die Absichten der LonUi NötroimlitÄN
l^s LonipiM)- aufkommen zu lassen, hat Herr Livesey in einem in den Londoner
Zeitungen vom 19. Dezember veröffentlichten Schreiben folgendes ausgeführt.
Er habe sich bei seinem Plan wesentlich von dem Gedanken leiten lassen, die
Arbeiter mit ihren Interessen der Gasgesellschaft zu nähern. Zweimal inner¬
halb dreier Monate hätten sämtliche Gasarbeiter auf Befehl der Geiverkschaft


gleitete Bewegung von den verschiednen Gewerkschaften immer mehr zur Er¬
langung einer Art von Arbeitsmonopvl für Unionsmitglieder benutzt und zu
einem Kampfe der ganzen Arbeiterklasse gegen die Arbeitgeber gestempelt wird,
hat sich das allgemeine Interesse sehr von deu Arbeitern abgewendet. Die
liberall nuftanchende Weigerung der Univnsinitglieder mit Nichtnnivnisten über¬
haupt zusammenzuarbeiten, und die Forderung, daß diese Nichtunionisten von
den Arbeitgebern entweder entlassen oder selbst gegen ihren Willen gezwungen
werden sollten, der betreffenden Union beizutreten, zeigten deutlich, daß die
Bewegung der Arbeiter nicht sowohl das Ziel der Verbesserung der materiellen
Lage der Arbeiter selbst, als vielmehr das der Herrschaft gewisser Arbeiter¬
führer verfolgte. Dies kam am deutlichsten bei dem Londoner Gasarbeiterstreik
zum Ausdruck.

Hier sollte eine für die Arbeiter wohlthätige Einrichtung bloß deshalb
vernichtet werden, weil dadurch möglicherweise die Interessen der Union als
solcher einen Schaden erleiden könnten. Die Univnsführer behaupten nämlich,
wenn sich die Arbeiter ^..... wie dies in dem boiru8-Plur des Herrn Livesey
vorgesehen ist — mindestens auf ein Jahr statt wie bisher auf eine Woche
fest verpflichteten, so büßten die Arbeiter dadurch ihre freie Selbstbestimmung
bezüglich der Arbeitseinstellung und damit zugleich die Union ihre Herrschaft
über die Leute ein. Der ganze Plan des Herrn Livesey wurde als ein Versuch
zur Vernichtung der Gewerkschaft bezeichnet. Einzelne Stimmen haben sich in
dieser Beziehung zu Gunsten der Streikführer erhoben, so hat Lord Dnnraven
in einem „Eingesandt" an die l'iruos ausgeführt, daß die 1'r-räe Union« als
berechtigt angesehen werden müßten, in ihrem Interesse jeden Versuch einer
Beschränkung der Streikbefugnis zu bekämpfen. Sowohl die Minieh wie der
LtMciÄrÄ haben aber dein gegenüber betont, daß es hohe Zeit sei, deu tyranni-
schen Übergriffe» der Gewerkschaften und besonders ihrer Führer entgegen¬
zutreten; im Vordergrunde stehe das Interesse der Arbeiter und der Industrie.
Wenn wie im vorliegenden Falle ein Plan aufgestellt worden sei, durch den
die Arbeiter wesentliche Bordelle erlangen, der ferner das so erstrebenswerte
Ziel des Anteils der Arbeiter mit Uuternehmergeivinn verfolge, und auf deu
Hunderte von Arbeitern freudig eingegangen seien, so müsse jeder Versuch,
diese» Plan zu nichte zu machen, bloß weil dadurch im Gegensatz zum Gewerk¬
schaftsinteresse zwischen Arbeitern und Arbeitgebern ein gemeinsames Interesse
geschaffen werde, als frevelhafte Tyrannei bezeichnet werden. Um mich in
dieser Beziehung keinen Zweifel über die Absichten der LonUi NötroimlitÄN
l^s LonipiM)- aufkommen zu lassen, hat Herr Livesey in einem in den Londoner
Zeitungen vom 19. Dezember veröffentlichten Schreiben folgendes ausgeführt.
Er habe sich bei seinem Plan wesentlich von dem Gedanken leiten lassen, die
Arbeiter mit ihren Interessen der Gasgesellschaft zu nähern. Zweimal inner¬
halb dreier Monate hätten sämtliche Gasarbeiter auf Befehl der Geiverkschaft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_206644/187>, abgerufen am 23.07.2024.