Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.und dreizehnten Jahrhundert, die nicht blos; zur Gründung neuer Dörfer Wenden wir uus nach dem Norden, so finden Nur schon an den Gestaden Wo das ganze Dorf in seiner Gesamtheit als Eigentümer der Feldmark und dreizehnten Jahrhundert, die nicht blos; zur Gründung neuer Dörfer Wenden wir uus nach dem Norden, so finden Nur schon an den Gestaden Wo das ganze Dorf in seiner Gesamtheit als Eigentümer der Feldmark <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0270" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/205001"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_688" prev="#ID_687"> und dreizehnten Jahrhundert, die nicht blos; zur Gründung neuer Dörfer<lb/> führten, sonder» auch die Feldmarke» der alten erweiterten, sind in besonderen<lb/> Maße den Kvthsasseu zu Gute gekommen und haben viel dazu beigetragen, sie<lb/> aus Hintersasse» zu wirklichen Bauern zu erhebe». Wen» nur zum Beispiel einen<lb/> Blick auf das Dorf meiner engern Heimat, des Herzogtums Braunschweig werfen,<lb/> wie es sich vor der Separation und Ablösung der bäuerlichen Lasten gliederte, so<lb/> finden wir, von oben angefangen, Ackerleute oder Vollspanner und Halbspäuuer.<lb/> die den ,,Hofbauern" und ,,Hühnern" der nltbairischen Dörfer entsprechen und<lb/> ursprünglich, die erstern mit zwei oder mehr, die letztern mit mir einer Hufe<lb/> angesessen waren, darauf die Gros;- und Kleinköther und endlich zu unterst die<lb/> Menge der Anbauer und Brinkbesitzer. Und all diese Mannichfaltigkeit in den<lb/> Besitzverhältnissen findet ihr getreues Spiegelbild in Ausmessung, Aufbau, Ein¬<lb/> richtung und Ausstattung der einzelnen Gehöfte und Gebäude. Es kommt sogar<lb/> vor, daß die kleinern, die Kvthsassenhöfe, eine besondre Abart der örtlichen<lb/> Bauart ausweisen, eine Abart, die sich durchaus nicht immer als eine durch<lb/> die Beschränktheit des Besitzes und der Mittel gebotene Vereinfachung darstellt,<lb/> sondern zuweilen eine selbständige Entwicklung nnter Festhaltung älterer,<lb/> ursprünglicherer Formen erkennen läßt. Auf der andern Seite kommen endlich<lb/> noch hinzu die Rittergüter, Gutshöfe und Staatshöfe (Domänen), die besonders<lb/> im nördlichen Deutschland den Dörfern vielfach beigemengt sind und da, wo<lb/> sie, wie in Mecklenburg lind Pommern, seiner Zeit die eigentliche Bauerschaft<lb/> „gelegt" und die Feldmark des Dorfes allsgesogen haben, das letztere zu einem<lb/> Haufen ärmlicher Tagetöhuerhäilschen herabdrücken, aus denen die Herrschnfts-<lb/> gebäude bald prächtig, bald behübig sich erheben. Alles in allem darf man<lb/> behaupte», daß eine so vielseitige Entwicklung der ländlichen Bevölkerung und der<lb/> ländlichen Baulichkeiten wie in einigen der fruchtbareren Gegenden des deutschen<lb/> Nordwestens, vom Gutsbesitzer herab durch alle denkbaren Stufen bis zum<lb/> kleinen Aubnuer, sich nicht leicht wieder anderswo beobachten läßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_689"> Wenden wir uus nach dem Norden, so finden Nur schon an den Gestaden<lb/> der Nordsee, in den friesischen Gebieten der alten Banernfreiheit, in Schleswig,<lb/> noch mehr aber bei unsern skandinavischen Bettern die Zusammensetzung der<lb/> Dörfer vereinfacht und in viel höherm Grade die alte Gleichheit aller Dorf¬<lb/> genossen bewahrt. Noch ursprünglicher erscheinen uns die Dörfer des slawischen<lb/> Ostens, wo eine beispiellos harte Leibeigenschaft, jede Entwicklung der bäuer¬<lb/> lichen Verhältnisse in: >^eine erstickend, einen urzeitlicheu Kommnnisnuis bis<lb/> auf unsre Tage gefristet hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_690" next="#ID_691"> Wo das ganze Dorf in seiner Gesamtheit als Eigentümer der Feldmark<lb/> betrachtet und in jährlichen Zwischeuräumen von neuem unter die Familien-<lb/> Häupter verteilt wird, mag nun für die Einschätzung die Zahl der männlichen<lb/> Mitglieder zu Grunde gelegt werden, wie bei dem russischen mir, oder, wie<lb/> in polnischen Gegenden, der Bestand in Pflugtiereu bestimmend sei», da laeni</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0270]
und dreizehnten Jahrhundert, die nicht blos; zur Gründung neuer Dörfer
führten, sonder» auch die Feldmarke» der alten erweiterten, sind in besonderen
Maße den Kvthsasseu zu Gute gekommen und haben viel dazu beigetragen, sie
aus Hintersasse» zu wirklichen Bauern zu erhebe». Wen» nur zum Beispiel einen
Blick auf das Dorf meiner engern Heimat, des Herzogtums Braunschweig werfen,
wie es sich vor der Separation und Ablösung der bäuerlichen Lasten gliederte, so
finden wir, von oben angefangen, Ackerleute oder Vollspanner und Halbspäuuer.
die den ,,Hofbauern" und ,,Hühnern" der nltbairischen Dörfer entsprechen und
ursprünglich, die erstern mit zwei oder mehr, die letztern mit mir einer Hufe
angesessen waren, darauf die Gros;- und Kleinköther und endlich zu unterst die
Menge der Anbauer und Brinkbesitzer. Und all diese Mannichfaltigkeit in den
Besitzverhältnissen findet ihr getreues Spiegelbild in Ausmessung, Aufbau, Ein¬
richtung und Ausstattung der einzelnen Gehöfte und Gebäude. Es kommt sogar
vor, daß die kleinern, die Kvthsassenhöfe, eine besondre Abart der örtlichen
Bauart ausweisen, eine Abart, die sich durchaus nicht immer als eine durch
die Beschränktheit des Besitzes und der Mittel gebotene Vereinfachung darstellt,
sondern zuweilen eine selbständige Entwicklung nnter Festhaltung älterer,
ursprünglicherer Formen erkennen läßt. Auf der andern Seite kommen endlich
noch hinzu die Rittergüter, Gutshöfe und Staatshöfe (Domänen), die besonders
im nördlichen Deutschland den Dörfern vielfach beigemengt sind und da, wo
sie, wie in Mecklenburg lind Pommern, seiner Zeit die eigentliche Bauerschaft
„gelegt" und die Feldmark des Dorfes allsgesogen haben, das letztere zu einem
Haufen ärmlicher Tagetöhuerhäilschen herabdrücken, aus denen die Herrschnfts-
gebäude bald prächtig, bald behübig sich erheben. Alles in allem darf man
behaupte», daß eine so vielseitige Entwicklung der ländlichen Bevölkerung und der
ländlichen Baulichkeiten wie in einigen der fruchtbareren Gegenden des deutschen
Nordwestens, vom Gutsbesitzer herab durch alle denkbaren Stufen bis zum
kleinen Aubnuer, sich nicht leicht wieder anderswo beobachten läßt.
Wenden wir uus nach dem Norden, so finden Nur schon an den Gestaden
der Nordsee, in den friesischen Gebieten der alten Banernfreiheit, in Schleswig,
noch mehr aber bei unsern skandinavischen Bettern die Zusammensetzung der
Dörfer vereinfacht und in viel höherm Grade die alte Gleichheit aller Dorf¬
genossen bewahrt. Noch ursprünglicher erscheinen uns die Dörfer des slawischen
Ostens, wo eine beispiellos harte Leibeigenschaft, jede Entwicklung der bäuer¬
lichen Verhältnisse in: >^eine erstickend, einen urzeitlicheu Kommnnisnuis bis
auf unsre Tage gefristet hat.
Wo das ganze Dorf in seiner Gesamtheit als Eigentümer der Feldmark
betrachtet und in jährlichen Zwischeuräumen von neuem unter die Familien-
Häupter verteilt wird, mag nun für die Einschätzung die Zahl der männlichen
Mitglieder zu Grunde gelegt werden, wie bei dem russischen mir, oder, wie
in polnischen Gegenden, der Bestand in Pflugtiereu bestimmend sei», da laeni
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