Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Zweites Vierteljahr.Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aodnrg-Gotha Angelegenheiten, die durch Stimmeneinhelligkeit, solche, die durch Zweidrittel', Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aodnrg-Gotha Angelegenheiten, die durch Stimmeneinhelligkeit, solche, die durch Zweidrittel', <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204841"/> <fw type="header" place="top"> Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aodnrg-Gotha</fw><lb/> <p xml:id="ID_271" prev="#ID_270" next="#ID_272"> Angelegenheiten, die durch Stimmeneinhelligkeit, solche, die durch Zweidrittel',<lb/> und solche, die durch einfache Mehrheit zu entscheiden sein würden; völlig neu<lb/> und seltsam aber war die Aufnahme einer Dreiviertel-Mehrheit für den Fall,<lb/> daß es sich um die Einrichtung einer Bundesmarine oder um den Van eines<lb/> Bundeskriegshafens handeln sollte. Am 23. Februar wurde über die Berichte<lb/> in der vierten Plenarsitzung abgestimmt, nachdem die kleinen Staaten von dem<lb/> ihnen von Preußen vorbehaltenen Rechte, sich über die Beschränkung ihrer<lb/> bisherige,: Stellung in dem engern Bundesrate offen anzusprechen, umfang¬<lb/> reichen Gebrauch gemacht hatten. Dies führte zum Schluß noch zu einem<lb/> heftigen Kampfe zwischen Dalwigk, Beust und Pforten. Der Hesse hatte etwas<lb/> voreilig verlauten lassen, das beste wäre einfache Rückkehr zur alten Bundes¬<lb/> verfassung. Der Sachse und der Baier gerieten dnrvb in heiße sittliche Ent¬<lb/> rüstung und erklärten mit geschwellter Brust und erhobener Stiunne, daß ihre<lb/> Regierungen nicht darein einwilligen würden, wenn es beantragt würde. Als<lb/> Dalwigk nachher aber behauptete, mißverstanden worden zu sein, da er denn doch<lb/> die alte Bundesverfassung als zu Recht bestehend betrachte, also keinen Antrag,<lb/> sie wieder zur Geltung zu bringen, für gestattet ansehen könne, löste sich alles<lb/> wieder in Wohlgefallen auf. Das Ergebnis der vierten Sitzung des Plenums<lb/> der Konferenz war, daß man den sogenannten Elferentwurf als gefallen an¬<lb/> sehen durfte, und am 12. Mnrz 185>1 vernahm man ans Berlin, daß Man-<lb/> teuffel sich geäußert habe, Preußen habe das Projekt der elfstimmigen Neuner¬<lb/> kommission endgiltig aufgegeben und in Wien erklären lassen, daß es darauf<lb/> nicht zurückkommen werde. Dagegen hatte es dort einen neuen Vorschlag machen<lb/> lassen, über den Alvensleben in Dresden folgendes mitteilte. Der engere Rat<lb/> sollte 17 Mitglieder mit 70 Stimmen haben, von denen jede Großmacht 10,<lb/> Baier» 5, die andern Königreiche je 4 und die übrigen 11 Mitglieder je 3<lb/> führen sollte». Der Vollzugsausschuß solle aus 5 Mitgliedern bestehen, von<lb/> denen Österreich und Preußen 2 ständig ernennen , die 3 andern aber dnrch<lb/> allgemeine Wahlen im engern Rate oder dergestalt bestellt werden sollten, daß<lb/> die 4 königlichen Regierungen das erste, die übrigen Virilstimmen das zweite<lb/> und die Kurialstimmen das dritte zu wählen hätten. Wolle Österreich darauf<lb/> nicht eingehen, so sei Preußen der Meinung, daß das alte Bundesverhältnis<lb/> unverändert wiederhergestellt werden müsse. Auch Österreich hatte jetzt bemerkt,<lb/> daß es mit seinem Plane zu einer Reform des alten Bundes bei einer Krisis<lb/> augelangt sei, und wandte sich an die einzelnen Regierungen mit Vorstellungen,<lb/> „die teils belehrte!?, teils drohten und deshalb nicht den mindesten Eindruck<lb/> machten." Mau las aus allen Depeschen und Rundschreiben der beiden Gro߬<lb/> mächte heraus, daß sie im vollen Rückzüge hinter der Linie von 1815> begriffen<lb/> waren, wo sie noch immer Gelegenheit hatten, sich über ihre Wünsche getrennt<lb/> von den übrige» Bundesgenossen zu verständigen. So verlautete Mitte März,<lb/> daß sie über folgende Punkte einig geworden seien: 1. Österreich behält den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
Aus den Denkwürdigkeiten des Herzogs von Aodnrg-Gotha
Angelegenheiten, die durch Stimmeneinhelligkeit, solche, die durch Zweidrittel',
und solche, die durch einfache Mehrheit zu entscheiden sein würden; völlig neu
und seltsam aber war die Aufnahme einer Dreiviertel-Mehrheit für den Fall,
daß es sich um die Einrichtung einer Bundesmarine oder um den Van eines
Bundeskriegshafens handeln sollte. Am 23. Februar wurde über die Berichte
in der vierten Plenarsitzung abgestimmt, nachdem die kleinen Staaten von dem
ihnen von Preußen vorbehaltenen Rechte, sich über die Beschränkung ihrer
bisherige,: Stellung in dem engern Bundesrate offen anzusprechen, umfang¬
reichen Gebrauch gemacht hatten. Dies führte zum Schluß noch zu einem
heftigen Kampfe zwischen Dalwigk, Beust und Pforten. Der Hesse hatte etwas
voreilig verlauten lassen, das beste wäre einfache Rückkehr zur alten Bundes¬
verfassung. Der Sachse und der Baier gerieten dnrvb in heiße sittliche Ent¬
rüstung und erklärten mit geschwellter Brust und erhobener Stiunne, daß ihre
Regierungen nicht darein einwilligen würden, wenn es beantragt würde. Als
Dalwigk nachher aber behauptete, mißverstanden worden zu sein, da er denn doch
die alte Bundesverfassung als zu Recht bestehend betrachte, also keinen Antrag,
sie wieder zur Geltung zu bringen, für gestattet ansehen könne, löste sich alles
wieder in Wohlgefallen auf. Das Ergebnis der vierten Sitzung des Plenums
der Konferenz war, daß man den sogenannten Elferentwurf als gefallen an¬
sehen durfte, und am 12. Mnrz 185>1 vernahm man ans Berlin, daß Man-
teuffel sich geäußert habe, Preußen habe das Projekt der elfstimmigen Neuner¬
kommission endgiltig aufgegeben und in Wien erklären lassen, daß es darauf
nicht zurückkommen werde. Dagegen hatte es dort einen neuen Vorschlag machen
lassen, über den Alvensleben in Dresden folgendes mitteilte. Der engere Rat
sollte 17 Mitglieder mit 70 Stimmen haben, von denen jede Großmacht 10,
Baier» 5, die andern Königreiche je 4 und die übrigen 11 Mitglieder je 3
führen sollte». Der Vollzugsausschuß solle aus 5 Mitgliedern bestehen, von
denen Österreich und Preußen 2 ständig ernennen , die 3 andern aber dnrch
allgemeine Wahlen im engern Rate oder dergestalt bestellt werden sollten, daß
die 4 königlichen Regierungen das erste, die übrigen Virilstimmen das zweite
und die Kurialstimmen das dritte zu wählen hätten. Wolle Österreich darauf
nicht eingehen, so sei Preußen der Meinung, daß das alte Bundesverhältnis
unverändert wiederhergestellt werden müsse. Auch Österreich hatte jetzt bemerkt,
daß es mit seinem Plane zu einer Reform des alten Bundes bei einer Krisis
augelangt sei, und wandte sich an die einzelnen Regierungen mit Vorstellungen,
„die teils belehrte!?, teils drohten und deshalb nicht den mindesten Eindruck
machten." Mau las aus allen Depeschen und Rundschreiben der beiden Gro߬
mächte heraus, daß sie im vollen Rückzüge hinter der Linie von 1815> begriffen
waren, wo sie noch immer Gelegenheit hatten, sich über ihre Wünsche getrennt
von den übrige» Bundesgenossen zu verständigen. So verlautete Mitte März,
daß sie über folgende Punkte einig geworden seien: 1. Österreich behält den
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