Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Die Nachteile der Überversicherung anstalte" die gesetzliche Verpflichtung aufzulegen, ein auf die Entstehung jedes Die Nachteile der Überversicherung anstalte» die gesetzliche Verpflichtung aufzulegen, ein auf die Entstehung jedes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204227"/> <fw type="header" place="top"> Die Nachteile der Überversicherung</fw><lb/> <p xml:id="ID_395" prev="#ID_394" next="#ID_396"> anstalte» die gesetzliche Verpflichtung aufzulegen, ein auf die Entstehung jedes<lb/> Brandes, für den sie Entschädigung zu leisten haben, bezügliches Fmgeschenm<lb/> durch ihre Organe ausfüllen zu lassen und der betreffenden Ortspvlizeibehvrde<lb/> einzureichen. Der andre Teil jener Aufgabe würde in einer vom Staate mög¬<lb/> lichst streng zu handhabende» Aufsicht darüber bestehen müssen, daß im Schaden¬<lb/> falle nie mehr als der wirkliche Verlust, gleichviel wie hoch die Versiche¬<lb/> rungssumme auch sei, entschädigt werde. Dieser Grundsatz ist zwar in den<lb/> Versicherungsgesetzen aller deutscheu Staaten allsgesprochen, seine Durchfüh¬<lb/> rung ist bisher aber fast uirgeuds scharf überwacht worden. Die Anzahlung<lb/> der Brandentschädigungsgelder darf zwar bisher schon nur nach vorher erteilter<lb/> polizeilicher Genehmigung erfolgen, doch ist die Polizeibehörde in den meisten<lb/> Fällen gar nicht in der Lage, die Angemessenheit der Brnndentschüdigungeu<lb/> zu prüfen, weil ihr, abgesehen von den Füllen, wo wegen vorliegenden Ver¬<lb/> dachts der Brandstiftung, eines Betrugs oder Betrugsversuchs eine Unter¬<lb/> suchung durch den Staatsanwalt stattfindet, alles und jedes Material dazu<lb/> abgeht. Zur Lieferung dieses Materials, das in einer Abschrift der dein Schaden¬<lb/> ersätze zu Grunde liegenden Versicherungsdokumente (Police, Katnsteranszng,<lb/> etwaige Nachträge, Taxen und Wertspezisikationen des Nersicherungsvbjekts),<lb/> ferner der Versicherungsbediugungen und der Entfchädigungsberechnuug zu be¬<lb/> stehen haben würde, müßten daher die Versicherungsanstalten für jeden Schadeu-<lb/> fall gesetzlich verpflichtet werden. Die Polizeibehörde hätte darnnfhin in jedem<lb/> Falle nach ihrer Kenntnis der in Betracht kommenden besondern Verhältnisse<lb/> zu prüfen, ob die entschädigten Gegenstände vorhanden gewesen und ob die<lb/> dafür berechneten Preise nicht zu hoch seien. Ergeben sich bei dieser Prüfung,<lb/> zu welcher die Hinzuziehung von Sachverständigen der Polizeibehörde vor¬<lb/> behalten bleiben müßte, Anstünde, so müßte die Behörde das Recht habe»,<lb/> eine nochmalige Ordnung des Schadeilfalles durch die Versicherungsanstalt zu<lb/> verfügen. Gegen derartige Berfügnugen würde den Betroffene» das Beschwerde¬<lb/> recht bei den vorgesetzten höhern Verwaltungsbehörden, sowie die verwaltungs¬<lb/> gerichtliche Klage offen stehen. Um jede Schädigung berechtigter Interessen bei<lb/> dieser Einrichtung zu vermeiden, würde die polizeiliche Prüfung über die An-<lb/> gemessenheit der Brandentschädiguugcn natürlich mit möglichster Beschleunigung<lb/> erfolgen müssen, und es würde ähnlich wie scholl bei der bisherigen Gesetz¬<lb/> gebung eine bestimmte Frist festzusetzen fein, innerhalb deren etwaige Anstünde<lb/> der Behörde der betreffenden Anstalt bekannt zu machen wären. Diese Frist<lb/> könnte wie bisher auf 8—U> Tage bemessen werden. Auch würde es zweck¬<lb/> mäßig sein, zu bestimmen, daß für den Teil der Brandentschädigung, der zu<lb/> Beanstandungen keinen Anlaß bietet, innerhalb der erwähnten Frist die Aus-<lb/> zahlungsgenehniiguilg erteilt werden muß. Für den Fall, daß der betreffende<lb/> Brandfall Gegenstand einer staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Untersuchung<lb/> ist, würde natürlich das Veto der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts wie bisher</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
Die Nachteile der Überversicherung
anstalte» die gesetzliche Verpflichtung aufzulegen, ein auf die Entstehung jedes
Brandes, für den sie Entschädigung zu leisten haben, bezügliches Fmgeschenm
durch ihre Organe ausfüllen zu lassen und der betreffenden Ortspvlizeibehvrde
einzureichen. Der andre Teil jener Aufgabe würde in einer vom Staate mög¬
lichst streng zu handhabende» Aufsicht darüber bestehen müssen, daß im Schaden¬
falle nie mehr als der wirkliche Verlust, gleichviel wie hoch die Versiche¬
rungssumme auch sei, entschädigt werde. Dieser Grundsatz ist zwar in den
Versicherungsgesetzen aller deutscheu Staaten allsgesprochen, seine Durchfüh¬
rung ist bisher aber fast uirgeuds scharf überwacht worden. Die Anzahlung
der Brandentschädigungsgelder darf zwar bisher schon nur nach vorher erteilter
polizeilicher Genehmigung erfolgen, doch ist die Polizeibehörde in den meisten
Fällen gar nicht in der Lage, die Angemessenheit der Brnndentschüdigungeu
zu prüfen, weil ihr, abgesehen von den Füllen, wo wegen vorliegenden Ver¬
dachts der Brandstiftung, eines Betrugs oder Betrugsversuchs eine Unter¬
suchung durch den Staatsanwalt stattfindet, alles und jedes Material dazu
abgeht. Zur Lieferung dieses Materials, das in einer Abschrift der dein Schaden¬
ersätze zu Grunde liegenden Versicherungsdokumente (Police, Katnsteranszng,
etwaige Nachträge, Taxen und Wertspezisikationen des Nersicherungsvbjekts),
ferner der Versicherungsbediugungen und der Entfchädigungsberechnuug zu be¬
stehen haben würde, müßten daher die Versicherungsanstalten für jeden Schadeu-
fall gesetzlich verpflichtet werden. Die Polizeibehörde hätte darnnfhin in jedem
Falle nach ihrer Kenntnis der in Betracht kommenden besondern Verhältnisse
zu prüfen, ob die entschädigten Gegenstände vorhanden gewesen und ob die
dafür berechneten Preise nicht zu hoch seien. Ergeben sich bei dieser Prüfung,
zu welcher die Hinzuziehung von Sachverständigen der Polizeibehörde vor¬
behalten bleiben müßte, Anstünde, so müßte die Behörde das Recht habe»,
eine nochmalige Ordnung des Schadeilfalles durch die Versicherungsanstalt zu
verfügen. Gegen derartige Berfügnugen würde den Betroffene» das Beschwerde¬
recht bei den vorgesetzten höhern Verwaltungsbehörden, sowie die verwaltungs¬
gerichtliche Klage offen stehen. Um jede Schädigung berechtigter Interessen bei
dieser Einrichtung zu vermeiden, würde die polizeiliche Prüfung über die An-
gemessenheit der Brandentschädiguugcn natürlich mit möglichster Beschleunigung
erfolgen müssen, und es würde ähnlich wie scholl bei der bisherigen Gesetz¬
gebung eine bestimmte Frist festzusetzen fein, innerhalb deren etwaige Anstünde
der Behörde der betreffenden Anstalt bekannt zu machen wären. Diese Frist
könnte wie bisher auf 8—U> Tage bemessen werden. Auch würde es zweck¬
mäßig sein, zu bestimmen, daß für den Teil der Brandentschädigung, der zu
Beanstandungen keinen Anlaß bietet, innerhalb der erwähnten Frist die Aus-
zahlungsgenehniiguilg erteilt werden muß. Für den Fall, daß der betreffende
Brandfall Gegenstand einer staatsanwaltschaftlichen oder gerichtlichen Untersuchung
ist, würde natürlich das Veto der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts wie bisher
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