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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Zur landwirtschaftlichen Notlage.

gcbnng erfolge. 2. Hinterlegung einer Kaution, die der Hälfte einer Jahres¬
pacht oder -Rente entspricht. 3. Hinterlegung einer Lebensversicherung, die
einer vollen Jahrespacht gleichkommt, und über deren pünktliche Prämienzahlung
Ausweis zu erfordern ist. 4. Zahlung der Gutsrente, beziehentlich der Pacht,
und des Amortisationsbeitrages in halbjährigen Raten. Bei der Festhaltung
von derartig sichernden Bedingungen glaube ich nicht, daß die Verwaltung, ab¬
gesehen von Kriegszeiten und verheerenden Naturereignissen, in die Lage kommen
dürfte, in der Beitreibung von Renten gefährdet zu werden.

Dagegen möchte ich nun auch im Interesse der ErWerber Vorschlagern
1. Daß ein zur Hälfte vom Ministerium, zur andern Hälfte von den Domänen-
Pächtern erwählter Ausschuß derselben alljährlich zur Beratung wichtiger
Fragen berufen wird. 2. Daß von den auf die Dauer vou sechzig Jahren ab¬
zuschließenden Kontrakten der Pächter nach den ersten zwanzig Jahren unter
vorhergehender zweijähriger Aufkündigung zurücktreten kann, wobei er dann nur
den Anspruch auf die Verzinsung seines eingezahlten Amortisationskapitals ver¬
liert, dieses selbst aber zurückerhält. 3. Daß der Pächter ebenso unbehindert
nach vierzig Jahren vom Kontrakte zurücktreten darf, wogegen ihm dann die
Rückerstattung der eingezahlten Amortisationsbeiträge, einschließlich der einfachen
Zinsen, also ohne eine Zinseszinsvergütung, zustehen soll. Endlich 4., daß die
Familie eines verstorbenen Pächters nicht verpflichtet ist, den Kontrakt über
die Zeitdauer von zwei Jahren nach erfolgtem Todesfall fortzusetzen. Sie
tritt dann in die angeführten Wohlthaten der frühern Auflösung des Kontraktes
ein, wenn auch die bezüglichen zwanzig oder vierzig Jahre nicht ganz ver¬
strichen sind.

Diese Maßnahmen entspringen der gerechtfertigten Rücksicht ans Familien-
Verhältnisse, die zu überblicken und ganz zu würdigen der Pächter beim Abschluß
des Kontraktes nicht in der Lage ist. Dagegen müßte aber auch anderseits
jede Zession bedingungslos verboten sein.

Erwünscht dürfte es endlich noch sein, daß dem Pächter das Recht ge¬
währt würde, bei den alljährlichen Gnterrevisionen einen Sachverständigen ans
dem Kreise des Ausschusses mit zuzuziehen, der in Gemeinschaft mit dem
Regierungs- oder Ministerialkommissar über wünschenswerte Einrichtungen zu
befinden und beim Mangel einer Verständigung einen entscheidenden Obmann
zu wählen hätte.

Die Überführung der Domäne in das Eigentum macht es durchaus not¬
wendig, dem Pächter eine größere Freiheit zu gewähren, als sie der gewöhnliche
Pachtkontrakt geben konnte. Es muß daran gelegen sein, die Vorzüge des alten
Systems, die Unterwerfung unter eine gewissermaßen strenge, aber immerhin doch
nnr zu billigende Kontrole und die Entscheidung der Verwaltung über erforder¬
liche Meliorationen, Bauten :c. nicht durch Einseitigkeit aufzuheben. Nur durch


Zur landwirtschaftlichen Notlage.

gcbnng erfolge. 2. Hinterlegung einer Kaution, die der Hälfte einer Jahres¬
pacht oder -Rente entspricht. 3. Hinterlegung einer Lebensversicherung, die
einer vollen Jahrespacht gleichkommt, und über deren pünktliche Prämienzahlung
Ausweis zu erfordern ist. 4. Zahlung der Gutsrente, beziehentlich der Pacht,
und des Amortisationsbeitrages in halbjährigen Raten. Bei der Festhaltung
von derartig sichernden Bedingungen glaube ich nicht, daß die Verwaltung, ab¬
gesehen von Kriegszeiten und verheerenden Naturereignissen, in die Lage kommen
dürfte, in der Beitreibung von Renten gefährdet zu werden.

Dagegen möchte ich nun auch im Interesse der ErWerber Vorschlagern
1. Daß ein zur Hälfte vom Ministerium, zur andern Hälfte von den Domänen-
Pächtern erwählter Ausschuß derselben alljährlich zur Beratung wichtiger
Fragen berufen wird. 2. Daß von den auf die Dauer vou sechzig Jahren ab¬
zuschließenden Kontrakten der Pächter nach den ersten zwanzig Jahren unter
vorhergehender zweijähriger Aufkündigung zurücktreten kann, wobei er dann nur
den Anspruch auf die Verzinsung seines eingezahlten Amortisationskapitals ver¬
liert, dieses selbst aber zurückerhält. 3. Daß der Pächter ebenso unbehindert
nach vierzig Jahren vom Kontrakte zurücktreten darf, wogegen ihm dann die
Rückerstattung der eingezahlten Amortisationsbeiträge, einschließlich der einfachen
Zinsen, also ohne eine Zinseszinsvergütung, zustehen soll. Endlich 4., daß die
Familie eines verstorbenen Pächters nicht verpflichtet ist, den Kontrakt über
die Zeitdauer von zwei Jahren nach erfolgtem Todesfall fortzusetzen. Sie
tritt dann in die angeführten Wohlthaten der frühern Auflösung des Kontraktes
ein, wenn auch die bezüglichen zwanzig oder vierzig Jahre nicht ganz ver¬
strichen sind.

Diese Maßnahmen entspringen der gerechtfertigten Rücksicht ans Familien-
Verhältnisse, die zu überblicken und ganz zu würdigen der Pächter beim Abschluß
des Kontraktes nicht in der Lage ist. Dagegen müßte aber auch anderseits
jede Zession bedingungslos verboten sein.

Erwünscht dürfte es endlich noch sein, daß dem Pächter das Recht ge¬
währt würde, bei den alljährlichen Gnterrevisionen einen Sachverständigen ans
dem Kreise des Ausschusses mit zuzuziehen, der in Gemeinschaft mit dem
Regierungs- oder Ministerialkommissar über wünschenswerte Einrichtungen zu
befinden und beim Mangel einer Verständigung einen entscheidenden Obmann
zu wählen hätte.

Die Überführung der Domäne in das Eigentum macht es durchaus not¬
wendig, dem Pächter eine größere Freiheit zu gewähren, als sie der gewöhnliche
Pachtkontrakt geben konnte. Es muß daran gelegen sein, die Vorzüge des alten
Systems, die Unterwerfung unter eine gewissermaßen strenge, aber immerhin doch
nnr zu billigende Kontrole und die Entscheidung der Verwaltung über erforder¬
liche Meliorationen, Bauten :c. nicht durch Einseitigkeit aufzuheben. Nur durch


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[0600] Zur landwirtschaftlichen Notlage. gcbnng erfolge. 2. Hinterlegung einer Kaution, die der Hälfte einer Jahres¬ pacht oder -Rente entspricht. 3. Hinterlegung einer Lebensversicherung, die einer vollen Jahrespacht gleichkommt, und über deren pünktliche Prämienzahlung Ausweis zu erfordern ist. 4. Zahlung der Gutsrente, beziehentlich der Pacht, und des Amortisationsbeitrages in halbjährigen Raten. Bei der Festhaltung von derartig sichernden Bedingungen glaube ich nicht, daß die Verwaltung, ab¬ gesehen von Kriegszeiten und verheerenden Naturereignissen, in die Lage kommen dürfte, in der Beitreibung von Renten gefährdet zu werden. Dagegen möchte ich nun auch im Interesse der ErWerber Vorschlagern 1. Daß ein zur Hälfte vom Ministerium, zur andern Hälfte von den Domänen- Pächtern erwählter Ausschuß derselben alljährlich zur Beratung wichtiger Fragen berufen wird. 2. Daß von den auf die Dauer vou sechzig Jahren ab¬ zuschließenden Kontrakten der Pächter nach den ersten zwanzig Jahren unter vorhergehender zweijähriger Aufkündigung zurücktreten kann, wobei er dann nur den Anspruch auf die Verzinsung seines eingezahlten Amortisationskapitals ver¬ liert, dieses selbst aber zurückerhält. 3. Daß der Pächter ebenso unbehindert nach vierzig Jahren vom Kontrakte zurücktreten darf, wogegen ihm dann die Rückerstattung der eingezahlten Amortisationsbeiträge, einschließlich der einfachen Zinsen, also ohne eine Zinseszinsvergütung, zustehen soll. Endlich 4., daß die Familie eines verstorbenen Pächters nicht verpflichtet ist, den Kontrakt über die Zeitdauer von zwei Jahren nach erfolgtem Todesfall fortzusetzen. Sie tritt dann in die angeführten Wohlthaten der frühern Auflösung des Kontraktes ein, wenn auch die bezüglichen zwanzig oder vierzig Jahre nicht ganz ver¬ strichen sind. Diese Maßnahmen entspringen der gerechtfertigten Rücksicht ans Familien- Verhältnisse, die zu überblicken und ganz zu würdigen der Pächter beim Abschluß des Kontraktes nicht in der Lage ist. Dagegen müßte aber auch anderseits jede Zession bedingungslos verboten sein. Erwünscht dürfte es endlich noch sein, daß dem Pächter das Recht ge¬ währt würde, bei den alljährlichen Gnterrevisionen einen Sachverständigen ans dem Kreise des Ausschusses mit zuzuziehen, der in Gemeinschaft mit dem Regierungs- oder Ministerialkommissar über wünschenswerte Einrichtungen zu befinden und beim Mangel einer Verständigung einen entscheidenden Obmann zu wählen hätte. Die Überführung der Domäne in das Eigentum macht es durchaus not¬ wendig, dem Pächter eine größere Freiheit zu gewähren, als sie der gewöhnliche Pachtkontrakt geben konnte. Es muß daran gelegen sein, die Vorzüge des alten Systems, die Unterwerfung unter eine gewissermaßen strenge, aber immerhin doch nnr zu billigende Kontrole und die Entscheidung der Verwaltung über erforder¬ liche Meliorationen, Bauten :c. nicht durch Einseitigkeit aufzuheben. Nur durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/600>, abgerufen am 22.07.2024.