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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Deutsche Arbeit in Afrika.

von Walfischbai erworben habe, mußte freilich auch hinzufügen, daß ein Auf¬
geben jener Rechte nach der Entdeckung von Goldminen in dem deutschen Schutz¬
gebiete wenig wahrscheinlich sei. Also die Konkurrenz in und an unsern Hinter¬
ländern ist da, wie hier in der Nähe der Kapkolonie, so überall auf den ver¬
schiedenen Gebieten unsrer Kolonien. Es sei nur daran erinnert, wie es wieder
England ist, das trotz der die Gebiete des Niger und Berne der Wettbeteiligung
aller Nationen freigebenden Nigerakte faktisch diese Gebiete andern, und hier
sind wir Deutschen vornehmlich beteiligt, zu verschließen droht dadurch, daß es
der RoM MZgr Loinrmr^ einen Freibrief gab, wodurch diese es vollständig
in ihrer Hand hat, den Händlern den Aufenthalt am Niger unerträglich zu
machen. Die Kompagnie legt in einem offnen Hcmdelsgcbicte ganz ungesetzlicher¬
weise exorbitante Zölle auf und schneidet uns dadurch den Zugang zum deutschen
Teile des Berne vollständig ab. Dann ist das ganze Werk Dr. Flegels wertlos
und verloren. Ebenso ist uns dadurch das Hinterland von Kamerun zum
großen Teil verschlossen, und dem englischen Einfluß stehen bis zum Shadsee
Thür und Thor offen. So werden uns unsre Besitzungen in Südwestafrika
durch englische Polizeimacht verkümmert, und in Ostafrika hat die englische
Regierung die Schaffung einer englischen Interessensphäre sogar dort zugelassen,
wo schon Verträge abgeschlossen und deutsche privatrechtliche Ansprüche vor¬
handen waren. England scheut sich nirgends, das Recht mit Füßen zu treten,
wo es kann, sobald der große Handel in Frage gestellt wird, und so schnürt es
überall unsre West- und ostafrikanischen Besitzungen ein. Wie es jüngst mit
den kleinen Königreichen am Niger Verträge schloß oder geschloffen zu haben
vorgiebt, um die Märkte am Niger und deren Gebiet den andern Nationen zu
verschließen, so nimmt es auch keinen Anstoß, unsre Hinterländer seinem Ein¬
flüsse zu unterwerfen. Auf diese Konkurrenz müssen wir uns überall bei unsern
Kolonien gefaßt machen; hoffentlich hat Bismarck aber doch Recht, wenn er
sagt, wir brauchten sie nicht zu fürchten; vor allem ist da allzu große Nach¬
giebigkeit nicht am Platze, England hat zu viel wunde Stellen, wo es getroffen
werden kann.

Wir wollen aber jetzt in Soyaux' Betrachtungen über unsre Kenntnisse
von Deutschafrika fortfahren. "Was wissen wir -- fragt er -- über Togoland
und das, was dahinter liegt? was über Kamerun? was an Details über die
ausgedehnten Gebiete Südwestafrikas?" Abgesehen vom deutschen Wituland,
das in seiner Oberflächengestaltung doch einigermaßen befriedigend dargestellt
ist, hat die Forschung noch in allen andern Deutschafrikagebieten ein weites
Arbeitsfeld vor sich. Indessen darf doch auch hier manche schöne Hoffnung
gehegt werden. Nicht nur, daß unsre Kenntnisse fast von Monat zu Monat
auf geographischem Gebiete durch das bereichert werden, was einzelne für das
Kolonialwesen begeisterte Männer thun, wie z.B. erst kürzlich wieder Henrici
seine Forschungen über das Togoland kundgegeben hat, nicht nur, daß Gesell-


Deutsche Arbeit in Afrika.

von Walfischbai erworben habe, mußte freilich auch hinzufügen, daß ein Auf¬
geben jener Rechte nach der Entdeckung von Goldminen in dem deutschen Schutz¬
gebiete wenig wahrscheinlich sei. Also die Konkurrenz in und an unsern Hinter¬
ländern ist da, wie hier in der Nähe der Kapkolonie, so überall auf den ver¬
schiedenen Gebieten unsrer Kolonien. Es sei nur daran erinnert, wie es wieder
England ist, das trotz der die Gebiete des Niger und Berne der Wettbeteiligung
aller Nationen freigebenden Nigerakte faktisch diese Gebiete andern, und hier
sind wir Deutschen vornehmlich beteiligt, zu verschließen droht dadurch, daß es
der RoM MZgr Loinrmr^ einen Freibrief gab, wodurch diese es vollständig
in ihrer Hand hat, den Händlern den Aufenthalt am Niger unerträglich zu
machen. Die Kompagnie legt in einem offnen Hcmdelsgcbicte ganz ungesetzlicher¬
weise exorbitante Zölle auf und schneidet uns dadurch den Zugang zum deutschen
Teile des Berne vollständig ab. Dann ist das ganze Werk Dr. Flegels wertlos
und verloren. Ebenso ist uns dadurch das Hinterland von Kamerun zum
großen Teil verschlossen, und dem englischen Einfluß stehen bis zum Shadsee
Thür und Thor offen. So werden uns unsre Besitzungen in Südwestafrika
durch englische Polizeimacht verkümmert, und in Ostafrika hat die englische
Regierung die Schaffung einer englischen Interessensphäre sogar dort zugelassen,
wo schon Verträge abgeschlossen und deutsche privatrechtliche Ansprüche vor¬
handen waren. England scheut sich nirgends, das Recht mit Füßen zu treten,
wo es kann, sobald der große Handel in Frage gestellt wird, und so schnürt es
überall unsre West- und ostafrikanischen Besitzungen ein. Wie es jüngst mit
den kleinen Königreichen am Niger Verträge schloß oder geschloffen zu haben
vorgiebt, um die Märkte am Niger und deren Gebiet den andern Nationen zu
verschließen, so nimmt es auch keinen Anstoß, unsre Hinterländer seinem Ein¬
flüsse zu unterwerfen. Auf diese Konkurrenz müssen wir uns überall bei unsern
Kolonien gefaßt machen; hoffentlich hat Bismarck aber doch Recht, wenn er
sagt, wir brauchten sie nicht zu fürchten; vor allem ist da allzu große Nach¬
giebigkeit nicht am Platze, England hat zu viel wunde Stellen, wo es getroffen
werden kann.

Wir wollen aber jetzt in Soyaux' Betrachtungen über unsre Kenntnisse
von Deutschafrika fortfahren. „Was wissen wir — fragt er — über Togoland
und das, was dahinter liegt? was über Kamerun? was an Details über die
ausgedehnten Gebiete Südwestafrikas?" Abgesehen vom deutschen Wituland,
das in seiner Oberflächengestaltung doch einigermaßen befriedigend dargestellt
ist, hat die Forschung noch in allen andern Deutschafrikagebieten ein weites
Arbeitsfeld vor sich. Indessen darf doch auch hier manche schöne Hoffnung
gehegt werden. Nicht nur, daß unsre Kenntnisse fast von Monat zu Monat
auf geographischem Gebiete durch das bereichert werden, was einzelne für das
Kolonialwesen begeisterte Männer thun, wie z.B. erst kürzlich wieder Henrici
seine Forschungen über das Togoland kundgegeben hat, nicht nur, daß Gesell-


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[0444] Deutsche Arbeit in Afrika. von Walfischbai erworben habe, mußte freilich auch hinzufügen, daß ein Auf¬ geben jener Rechte nach der Entdeckung von Goldminen in dem deutschen Schutz¬ gebiete wenig wahrscheinlich sei. Also die Konkurrenz in und an unsern Hinter¬ ländern ist da, wie hier in der Nähe der Kapkolonie, so überall auf den ver¬ schiedenen Gebieten unsrer Kolonien. Es sei nur daran erinnert, wie es wieder England ist, das trotz der die Gebiete des Niger und Berne der Wettbeteiligung aller Nationen freigebenden Nigerakte faktisch diese Gebiete andern, und hier sind wir Deutschen vornehmlich beteiligt, zu verschließen droht dadurch, daß es der RoM MZgr Loinrmr^ einen Freibrief gab, wodurch diese es vollständig in ihrer Hand hat, den Händlern den Aufenthalt am Niger unerträglich zu machen. Die Kompagnie legt in einem offnen Hcmdelsgcbicte ganz ungesetzlicher¬ weise exorbitante Zölle auf und schneidet uns dadurch den Zugang zum deutschen Teile des Berne vollständig ab. Dann ist das ganze Werk Dr. Flegels wertlos und verloren. Ebenso ist uns dadurch das Hinterland von Kamerun zum großen Teil verschlossen, und dem englischen Einfluß stehen bis zum Shadsee Thür und Thor offen. So werden uns unsre Besitzungen in Südwestafrika durch englische Polizeimacht verkümmert, und in Ostafrika hat die englische Regierung die Schaffung einer englischen Interessensphäre sogar dort zugelassen, wo schon Verträge abgeschlossen und deutsche privatrechtliche Ansprüche vor¬ handen waren. England scheut sich nirgends, das Recht mit Füßen zu treten, wo es kann, sobald der große Handel in Frage gestellt wird, und so schnürt es überall unsre West- und ostafrikanischen Besitzungen ein. Wie es jüngst mit den kleinen Königreichen am Niger Verträge schloß oder geschloffen zu haben vorgiebt, um die Märkte am Niger und deren Gebiet den andern Nationen zu verschließen, so nimmt es auch keinen Anstoß, unsre Hinterländer seinem Ein¬ flüsse zu unterwerfen. Auf diese Konkurrenz müssen wir uns überall bei unsern Kolonien gefaßt machen; hoffentlich hat Bismarck aber doch Recht, wenn er sagt, wir brauchten sie nicht zu fürchten; vor allem ist da allzu große Nach¬ giebigkeit nicht am Platze, England hat zu viel wunde Stellen, wo es getroffen werden kann. Wir wollen aber jetzt in Soyaux' Betrachtungen über unsre Kenntnisse von Deutschafrika fortfahren. „Was wissen wir — fragt er — über Togoland und das, was dahinter liegt? was über Kamerun? was an Details über die ausgedehnten Gebiete Südwestafrikas?" Abgesehen vom deutschen Wituland, das in seiner Oberflächengestaltung doch einigermaßen befriedigend dargestellt ist, hat die Forschung noch in allen andern Deutschafrikagebieten ein weites Arbeitsfeld vor sich. Indessen darf doch auch hier manche schöne Hoffnung gehegt werden. Nicht nur, daß unsre Kenntnisse fast von Monat zu Monat auf geographischem Gebiete durch das bereichert werden, was einzelne für das Kolonialwesen begeisterte Männer thun, wie z.B. erst kürzlich wieder Henrici seine Forschungen über das Togoland kundgegeben hat, nicht nur, daß Gesell-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/444>, abgerufen am 24.08.2024.