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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Die Gartenkunst.

Wegen aus wie von den Loggien und Fenstern der Wohngebäude. Die edeln
plastischen Bäume des Südens schlössen sich harmonisch an phantasievolle Lust¬
bauten, Bildsäulen, Springbrunnen und Wasserbecken, und zauberten mit ihrem
Immergrün den Sommer auch in die Zeit zurück, welche die Pergola des Laub¬
schmuckes beraubte. Der Garten ist für den Winter und für die Abendkühle
geschaffen, bedarf also nicht so vieler Schattenplätze wie unser Sommergarten.
Mit desto reicherer Hand wird nach Art der alten Römer das Wasser gespendet,
bald mit sinniger Vermischung mit den Linien des marmornen oder bronzenen
Brunnenbaues, bald mit seinem Schwall selbst eine flüssige Architektur bildend.
Umrahmt wird, wenn irgend möglich, das Bild von bewaldeten Höhenzügen,
denn nicht gern bringt man Villen und Gärten auf dem höchsten Punkte an.
Die Namen Boboli, Giusti, Doria-Pamphli, Este u. s. w. zaubern uns solche
heiter-anmutige Bilder einer Gartenkunst vor das Auge, die sich der Erzeugnisse
der Natur mit aller Freiheit bediente, aber ihnen nicht den Zwang anthat, wie
die französische Mode der Folgezeit.

Diese allmähliche Verkünstelung einerseits, anderseits das Streben nach Ge¬
spreiztheit auch in diesem Kunstzweige unter französischem Einflüsse wird durch
zahlreiche Abbildungen, auch Pläne, veranschaulicht; neben Frankreich liefern
England und Deutschland (Schönbrunn, Wilhelmshöhe, Würzburg) die bemer¬
kenswertesten Beispiele. Dann folgt als Einleitung zur Landschaftsgärtnerei
ein Abschnitt über die ideale Landschaft der Poussin, Lorrain, Berchem u. s. w.,
und den Schluß des ersten Teiles macht die Periode der Naturschwärmerei und
Sentimentalität.

Der zweite Teil behandelt aufs eingehendste den englischen Gartenstil in
seiner heutigen Entwicklung, kürzer den französischen und das Zövrö wixts,
ferner Stadtgarten, Promenaden und Sauares. Hier führt nun der gewiegte
Fachmann das Wort, der lehrt, mit welchen Mitteln nach den verschiednen
Systemen und praktischen Bedürfnissen gearbeitet werden kann und muß, und
seinen Vortrag durch vorzügliche Abbildungen der verschiednen Baumarten und
Ziersträucher, der Art der Anpflanzung, der Verbindung der Pflanzenwelt mit
Lust- und Nützlichkeitsbauten, der Schutz- und Pflegevorrichtungen u. s. w. ver¬
deutlicht. Auch die Preise von Gartenarbeiten in Paris werden jedem Garten¬
besitzer von Wert sein. Wer nicht in der glücklichen Lage ist, wer in einem Häuser-
mecre steckt, der kann sich wenigstens an dem Anblicke der Holzschnitte -- über
500! erquicken oder, je nachdem, vor Sehnsucht verzehren.




Die Gartenkunst.

Wegen aus wie von den Loggien und Fenstern der Wohngebäude. Die edeln
plastischen Bäume des Südens schlössen sich harmonisch an phantasievolle Lust¬
bauten, Bildsäulen, Springbrunnen und Wasserbecken, und zauberten mit ihrem
Immergrün den Sommer auch in die Zeit zurück, welche die Pergola des Laub¬
schmuckes beraubte. Der Garten ist für den Winter und für die Abendkühle
geschaffen, bedarf also nicht so vieler Schattenplätze wie unser Sommergarten.
Mit desto reicherer Hand wird nach Art der alten Römer das Wasser gespendet,
bald mit sinniger Vermischung mit den Linien des marmornen oder bronzenen
Brunnenbaues, bald mit seinem Schwall selbst eine flüssige Architektur bildend.
Umrahmt wird, wenn irgend möglich, das Bild von bewaldeten Höhenzügen,
denn nicht gern bringt man Villen und Gärten auf dem höchsten Punkte an.
Die Namen Boboli, Giusti, Doria-Pamphli, Este u. s. w. zaubern uns solche
heiter-anmutige Bilder einer Gartenkunst vor das Auge, die sich der Erzeugnisse
der Natur mit aller Freiheit bediente, aber ihnen nicht den Zwang anthat, wie
die französische Mode der Folgezeit.

Diese allmähliche Verkünstelung einerseits, anderseits das Streben nach Ge¬
spreiztheit auch in diesem Kunstzweige unter französischem Einflüsse wird durch
zahlreiche Abbildungen, auch Pläne, veranschaulicht; neben Frankreich liefern
England und Deutschland (Schönbrunn, Wilhelmshöhe, Würzburg) die bemer¬
kenswertesten Beispiele. Dann folgt als Einleitung zur Landschaftsgärtnerei
ein Abschnitt über die ideale Landschaft der Poussin, Lorrain, Berchem u. s. w.,
und den Schluß des ersten Teiles macht die Periode der Naturschwärmerei und
Sentimentalität.

Der zweite Teil behandelt aufs eingehendste den englischen Gartenstil in
seiner heutigen Entwicklung, kürzer den französischen und das Zövrö wixts,
ferner Stadtgarten, Promenaden und Sauares. Hier führt nun der gewiegte
Fachmann das Wort, der lehrt, mit welchen Mitteln nach den verschiednen
Systemen und praktischen Bedürfnissen gearbeitet werden kann und muß, und
seinen Vortrag durch vorzügliche Abbildungen der verschiednen Baumarten und
Ziersträucher, der Art der Anpflanzung, der Verbindung der Pflanzenwelt mit
Lust- und Nützlichkeitsbauten, der Schutz- und Pflegevorrichtungen u. s. w. ver¬
deutlicht. Auch die Preise von Gartenarbeiten in Paris werden jedem Garten¬
besitzer von Wert sein. Wer nicht in der glücklichen Lage ist, wer in einem Häuser-
mecre steckt, der kann sich wenigstens an dem Anblicke der Holzschnitte — über
500! erquicken oder, je nachdem, vor Sehnsucht verzehren.




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[0381] Die Gartenkunst. Wegen aus wie von den Loggien und Fenstern der Wohngebäude. Die edeln plastischen Bäume des Südens schlössen sich harmonisch an phantasievolle Lust¬ bauten, Bildsäulen, Springbrunnen und Wasserbecken, und zauberten mit ihrem Immergrün den Sommer auch in die Zeit zurück, welche die Pergola des Laub¬ schmuckes beraubte. Der Garten ist für den Winter und für die Abendkühle geschaffen, bedarf also nicht so vieler Schattenplätze wie unser Sommergarten. Mit desto reicherer Hand wird nach Art der alten Römer das Wasser gespendet, bald mit sinniger Vermischung mit den Linien des marmornen oder bronzenen Brunnenbaues, bald mit seinem Schwall selbst eine flüssige Architektur bildend. Umrahmt wird, wenn irgend möglich, das Bild von bewaldeten Höhenzügen, denn nicht gern bringt man Villen und Gärten auf dem höchsten Punkte an. Die Namen Boboli, Giusti, Doria-Pamphli, Este u. s. w. zaubern uns solche heiter-anmutige Bilder einer Gartenkunst vor das Auge, die sich der Erzeugnisse der Natur mit aller Freiheit bediente, aber ihnen nicht den Zwang anthat, wie die französische Mode der Folgezeit. Diese allmähliche Verkünstelung einerseits, anderseits das Streben nach Ge¬ spreiztheit auch in diesem Kunstzweige unter französischem Einflüsse wird durch zahlreiche Abbildungen, auch Pläne, veranschaulicht; neben Frankreich liefern England und Deutschland (Schönbrunn, Wilhelmshöhe, Würzburg) die bemer¬ kenswertesten Beispiele. Dann folgt als Einleitung zur Landschaftsgärtnerei ein Abschnitt über die ideale Landschaft der Poussin, Lorrain, Berchem u. s. w., und den Schluß des ersten Teiles macht die Periode der Naturschwärmerei und Sentimentalität. Der zweite Teil behandelt aufs eingehendste den englischen Gartenstil in seiner heutigen Entwicklung, kürzer den französischen und das Zövrö wixts, ferner Stadtgarten, Promenaden und Sauares. Hier führt nun der gewiegte Fachmann das Wort, der lehrt, mit welchen Mitteln nach den verschiednen Systemen und praktischen Bedürfnissen gearbeitet werden kann und muß, und seinen Vortrag durch vorzügliche Abbildungen der verschiednen Baumarten und Ziersträucher, der Art der Anpflanzung, der Verbindung der Pflanzenwelt mit Lust- und Nützlichkeitsbauten, der Schutz- und Pflegevorrichtungen u. s. w. ver¬ deutlicht. Auch die Preise von Gartenarbeiten in Paris werden jedem Garten¬ besitzer von Wert sein. Wer nicht in der glücklichen Lage ist, wer in einem Häuser- mecre steckt, der kann sich wenigstens an dem Anblicke der Holzschnitte — über 500! erquicken oder, je nachdem, vor Sehnsucht verzehren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/381>, abgerufen am 26.06.2024.