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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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Das Kriegstagebuch Kaiser Friedrichs.

l e "Deutsche Rundschau" veröffentlicht Auszüge aus einem Tage¬
buche, welches der verewigte Kaiser Friedrich während des Feld¬
zuges in Frankreich geführt hat, und welches dem Einsender von
diesem selbst, wir vermuten, als er noch Kronprinz war, mitgeteilt
worden ist. Wir zweifeln nicht, wie andre, an der Echtheit des
Gebotenen im ganzen und ebensowenig an der Berechtigung des Einsenders, sich
Auszüge daraus zu machen und sie drucken zu lassen, wohl aber daran, daß
seine Arbeit dem Andenken des dahingeschiedenen Fürsten in andern Kreisen als
denen gewisser Parteien besonders dienlich sein wird. Wir glauben dem Ver¬
fasser der Auszüge gern, daß ihn bei der Auswahl Gründe der Diskretion
geleitet haben, meinen aber, er hätte wohl gethan, wenn er noch diskreter ver¬
fahren wäre. Im Hinblick auf die Begabung, die wir dem Kaiser Friedrich in der
Presse nachrühmen hörten, scheint es dagegen fast, daß der Bearbeiter des Tagebuches
originelle, tiefe und weitblickende Gedanken des letztern weggelassen hat, wenigstens
vermögen wir in den 32 Seiten der Auszüge durchaus nicyts der Art aufzufinden,
vielmehr haben dieselben nur wegen der Stellung des Verfassers des Originals einige
Bedeutung. Zweierlei Beweggründe können dem Herausgeber der Auszüge bei
seiner Entscheidung über das Aufzunehmende vorgeschwebt haben, das Interesse der
Partei, der er vermutlich angehört, und das Interesse der Geschichte, welche volle
Wahrheit fordert. Im erstern Falle ist er einer von den Freunden, vor denen man
sich mehr hüten soll als vor Feinden, im andern sagen wir ihm trotz allem, was sich
an seiner Unterlassungssünde aussetzen läßt, Dank für die Bestätigung und Ergän¬
zung eines Urteils, welches nach andern Quellen sich bereits gebildet hatte. Um¬
stände verbieten weitere Ausführung dieser Bemerkungen, auch sind sie überflüssig,
wenn wir im folgenden einen Auszug aus den Auszügen geben, der das uns
wichtige aus dem herausgreift, was dem Verfasser derselben auch wichtig erschienen


Grenzboten IV. 1888. 1


Das Kriegstagebuch Kaiser Friedrichs.

l e „Deutsche Rundschau" veröffentlicht Auszüge aus einem Tage¬
buche, welches der verewigte Kaiser Friedrich während des Feld¬
zuges in Frankreich geführt hat, und welches dem Einsender von
diesem selbst, wir vermuten, als er noch Kronprinz war, mitgeteilt
worden ist. Wir zweifeln nicht, wie andre, an der Echtheit des
Gebotenen im ganzen und ebensowenig an der Berechtigung des Einsenders, sich
Auszüge daraus zu machen und sie drucken zu lassen, wohl aber daran, daß
seine Arbeit dem Andenken des dahingeschiedenen Fürsten in andern Kreisen als
denen gewisser Parteien besonders dienlich sein wird. Wir glauben dem Ver¬
fasser der Auszüge gern, daß ihn bei der Auswahl Gründe der Diskretion
geleitet haben, meinen aber, er hätte wohl gethan, wenn er noch diskreter ver¬
fahren wäre. Im Hinblick auf die Begabung, die wir dem Kaiser Friedrich in der
Presse nachrühmen hörten, scheint es dagegen fast, daß der Bearbeiter des Tagebuches
originelle, tiefe und weitblickende Gedanken des letztern weggelassen hat, wenigstens
vermögen wir in den 32 Seiten der Auszüge durchaus nicyts der Art aufzufinden,
vielmehr haben dieselben nur wegen der Stellung des Verfassers des Originals einige
Bedeutung. Zweierlei Beweggründe können dem Herausgeber der Auszüge bei
seiner Entscheidung über das Aufzunehmende vorgeschwebt haben, das Interesse der
Partei, der er vermutlich angehört, und das Interesse der Geschichte, welche volle
Wahrheit fordert. Im erstern Falle ist er einer von den Freunden, vor denen man
sich mehr hüten soll als vor Feinden, im andern sagen wir ihm trotz allem, was sich
an seiner Unterlassungssünde aussetzen läßt, Dank für die Bestätigung und Ergän¬
zung eines Urteils, welches nach andern Quellen sich bereits gebildet hatte. Um¬
stände verbieten weitere Ausführung dieser Bemerkungen, auch sind sie überflüssig,
wenn wir im folgenden einen Auszug aus den Auszügen geben, der das uns
wichtige aus dem herausgreift, was dem Verfasser derselben auch wichtig erschienen


Grenzboten IV. 1888. 1
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[0009] [Abbildung] Das Kriegstagebuch Kaiser Friedrichs. l e „Deutsche Rundschau" veröffentlicht Auszüge aus einem Tage¬ buche, welches der verewigte Kaiser Friedrich während des Feld¬ zuges in Frankreich geführt hat, und welches dem Einsender von diesem selbst, wir vermuten, als er noch Kronprinz war, mitgeteilt worden ist. Wir zweifeln nicht, wie andre, an der Echtheit des Gebotenen im ganzen und ebensowenig an der Berechtigung des Einsenders, sich Auszüge daraus zu machen und sie drucken zu lassen, wohl aber daran, daß seine Arbeit dem Andenken des dahingeschiedenen Fürsten in andern Kreisen als denen gewisser Parteien besonders dienlich sein wird. Wir glauben dem Ver¬ fasser der Auszüge gern, daß ihn bei der Auswahl Gründe der Diskretion geleitet haben, meinen aber, er hätte wohl gethan, wenn er noch diskreter ver¬ fahren wäre. Im Hinblick auf die Begabung, die wir dem Kaiser Friedrich in der Presse nachrühmen hörten, scheint es dagegen fast, daß der Bearbeiter des Tagebuches originelle, tiefe und weitblickende Gedanken des letztern weggelassen hat, wenigstens vermögen wir in den 32 Seiten der Auszüge durchaus nicyts der Art aufzufinden, vielmehr haben dieselben nur wegen der Stellung des Verfassers des Originals einige Bedeutung. Zweierlei Beweggründe können dem Herausgeber der Auszüge bei seiner Entscheidung über das Aufzunehmende vorgeschwebt haben, das Interesse der Partei, der er vermutlich angehört, und das Interesse der Geschichte, welche volle Wahrheit fordert. Im erstern Falle ist er einer von den Freunden, vor denen man sich mehr hüten soll als vor Feinden, im andern sagen wir ihm trotz allem, was sich an seiner Unterlassungssünde aussetzen läßt, Dank für die Bestätigung und Ergän¬ zung eines Urteils, welches nach andern Quellen sich bereits gebildet hatte. Um¬ stände verbieten weitere Ausführung dieser Bemerkungen, auch sind sie überflüssig, wenn wir im folgenden einen Auszug aus den Auszügen geben, der das uns wichtige aus dem herausgreift, was dem Verfasser derselben auch wichtig erschienen Grenzboten IV. 1888. 1

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/9>, abgerufen am 02.07.2024.