Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.![]() Amerikanische und deutsche Gewerbeschiedsgerichte und Ginigungsämter. Lin Beitrag zur Regelung der Lohnstreitigkeiten. (Schluß.) le Bedttrfnisfrcige wird im Hinblick auf den Entwicklungsgang, Erwägt man nun, daß eine solche Berufung an die Gewalt in der Regel Grenzboten II. 1888. 77
![]() Amerikanische und deutsche Gewerbeschiedsgerichte und Ginigungsämter. Lin Beitrag zur Regelung der Lohnstreitigkeiten. (Schluß.) le Bedttrfnisfrcige wird im Hinblick auf den Entwicklungsgang, Erwägt man nun, daß eine solche Berufung an die Gewalt in der Regel Grenzboten II. 1888. 77
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0617" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203394"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_203394_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Amerikanische und deutsche Gewerbeschiedsgerichte<lb/> und Ginigungsämter.<lb/> Lin Beitrag zur Regelung der Lohnstreitigkeiten.<lb/> (Schluß.) </head><lb/> <p xml:id="ID_1932"> le Bedttrfnisfrcige wird im Hinblick auf den Entwicklungsgang,<lb/> den die Arbeiterbewegung in Deutschland seit Einführung der<lb/> Koalitionsfreiheit und namentlich in den letzten Jahren genommen<lb/> hat, kaum zu verneinen sein. Bei Einführung der Gewerbefrei-<lb/> heit, welche Arbeitgeber und Arbeiter rechtlich gleichstellte, wurde<lb/> den letztern das Koalitionsrecht gewährt, um sie auch wirtschaftlich, d. h. bei Ver¬<lb/> wertung ihrer Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkte, dem natürlichen Übergewichte<lb/> der Unternehmer gegenüber möglichst gleichzustellen. Allein nach den bisher<lb/> gemachten Erfahrungen hat dieses Recht in dem sich selbst überlassenen Gebrauche<lb/> sich als eine zweischneidige Waffe erwiesen. Denn zunächst machten die Arbeiter<lb/> von ihrem Rechte den weitgehendsten Gebrauch, indem sie sich zu berufsgenossen¬<lb/> schaftlichen Verbänden vereinigten, die mehr oder minder und namentlich<lb/> unter sozialdemokratischen Einwirkungen das Streiken als Selbstzweck verfolgten.<lb/> Dies hatte Gegcnverbände auf der andern Seite zur Folge, und so begann<lb/> die Zeit der Massenstreiks und -Aussperrungen, welche die gegenseitige Ent¬<lb/> fremdung und Verbitterung nnr verschärften.</p><lb/> <p xml:id="ID_1933" next="#ID_1934"> Erwägt man nun, daß eine solche Berufung an die Gewalt in der Regel<lb/> nicht bloß die streitenden Parteien schädigt, sondern infolge der Geschäfts-<lb/> störungcn auch weitere Kreise in Mitleidenschaft zieht, und daß solche fort¬<lb/> dauernde Beunruhigungen, die in Amerika schon mehrfach zum Platzwechsel<lb/> ganzer Gewerbszweige geführt haben, die deutsche Industrie in ihrer Entwick¬<lb/> lung und Konkurrenzfähigkeit mit dem Auslande ernstlich gefährden können, so<lb/> erscheint eine Abhilfe allerdings dringend geboten. Es würde sich also darum<lb/> handeln, das bisher ungezügelte Koalitionsrecht in geregelte Bahnen zu lenken,<lb/> d. h. von seiten des Staates entsprechende Einrichtungen zu schaffen, welche eine<lb/> friedliche Regelung der Lohnstreitigkeiten in jedem Falle ermöglichen, und wo<lb/> dies im Interesse des Gemeinwohles nötig ist, auch verbürgen, nachdem sich</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II. 1888. 77</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0617]
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Amerikanische und deutsche Gewerbeschiedsgerichte
und Ginigungsämter.
Lin Beitrag zur Regelung der Lohnstreitigkeiten.
(Schluß.)
le Bedttrfnisfrcige wird im Hinblick auf den Entwicklungsgang,
den die Arbeiterbewegung in Deutschland seit Einführung der
Koalitionsfreiheit und namentlich in den letzten Jahren genommen
hat, kaum zu verneinen sein. Bei Einführung der Gewerbefrei-
heit, welche Arbeitgeber und Arbeiter rechtlich gleichstellte, wurde
den letztern das Koalitionsrecht gewährt, um sie auch wirtschaftlich, d. h. bei Ver¬
wertung ihrer Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkte, dem natürlichen Übergewichte
der Unternehmer gegenüber möglichst gleichzustellen. Allein nach den bisher
gemachten Erfahrungen hat dieses Recht in dem sich selbst überlassenen Gebrauche
sich als eine zweischneidige Waffe erwiesen. Denn zunächst machten die Arbeiter
von ihrem Rechte den weitgehendsten Gebrauch, indem sie sich zu berufsgenossen¬
schaftlichen Verbänden vereinigten, die mehr oder minder und namentlich
unter sozialdemokratischen Einwirkungen das Streiken als Selbstzweck verfolgten.
Dies hatte Gegcnverbände auf der andern Seite zur Folge, und so begann
die Zeit der Massenstreiks und -Aussperrungen, welche die gegenseitige Ent¬
fremdung und Verbitterung nnr verschärften.
Erwägt man nun, daß eine solche Berufung an die Gewalt in der Regel
nicht bloß die streitenden Parteien schädigt, sondern infolge der Geschäfts-
störungcn auch weitere Kreise in Mitleidenschaft zieht, und daß solche fort¬
dauernde Beunruhigungen, die in Amerika schon mehrfach zum Platzwechsel
ganzer Gewerbszweige geführt haben, die deutsche Industrie in ihrer Entwick¬
lung und Konkurrenzfähigkeit mit dem Auslande ernstlich gefährden können, so
erscheint eine Abhilfe allerdings dringend geboten. Es würde sich also darum
handeln, das bisher ungezügelte Koalitionsrecht in geregelte Bahnen zu lenken,
d. h. von seiten des Staates entsprechende Einrichtungen zu schaffen, welche eine
friedliche Regelung der Lohnstreitigkeiten in jedem Falle ermöglichen, und wo
dies im Interesse des Gemeinwohles nötig ist, auch verbürgen, nachdem sich
Grenzboten II. 1888. 77
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