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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Die Liebhaberphotograxhie.

nahmen wurden in gelindem Trabe gemacht. Bei landschaftlichen Aufnahmen
mußte der ganze Kram mitgenommen werden. Das war höchst umständlich und
verdrießlich. Das schlimmste aber war das Plattenputzen. Dies mußte mit
peinlichster Sorgfalt geschehen, jede Verunreinigung der Platte, die kaum noch
mit dem Hauche des Mundes zu crspüren war, erschien auf der fertigen
Platte und verdarb sie. Auch war das Silberbad von unberechenbaren Launen.
Es mußte abgestimmt werden, eine Operation, bei der man sich bei dem da¬
maligen Mangel an photochemischen Kenntnissen auf sein Gefühl verlassen
mußte. Kurz, man wandelte nicht ungestraft unter Palmen.

Nun ist seit zehn Jahren das Trockcnplattenverfahren aufgekommen, welches
zwar technisch das alte Kollvdiumverfahren nicht übertrifft, aber so sicher,
härtlich und angenehm ist, daß es weder Schwierigkeiten verursacht noch Über¬
windung fordert, um in die schwarze Brigade einzutreten. Die Platten werden
fertig aus der Fabrik oder von der Handlung bezogen; sie sind zuverlässig,
haltbar und höchst empfindlich. Man legt sie in die Kassette, macht seine Auf¬
nahme zu gelegener Zeit und entwickelt die Platte, wenn es sein muß, erst am
Abend oder auch Tage oder Wochen später. Die Entwicklung geschieht mit
vier zum Teil haltbaren Lösungen und vier flachen Schalen. Zur Kopie bezieht
man abermals das fertige empfindliche Papier aus der Handlung und hat nur
zu waschen und zu vergolden. Es ist also alles so reinlich und bequem, daß
auch Frauen nicht davor zurückzuschrecken brauchen.

Die Hauptfrage ist die Geldfrage -- wenn auch gesagt werden muß, daß
Apparate und Verbrauchsgegenstände lange nicht mehr so teuer sind, als der
Fernerstehende meint. Dann kommt die Zeit- und die Platzfrage. Aber diese
letzten beiden lassen sich bei einiger Findigkeit schon überwinden. Die Beschaffung
des Materials bildet gar keine Frage, denn dieses ist in großer Fülle und
fo ausgezeichneter Beschaffenheit vorhanden, daß jedem Bedürfnisse Genüge
geleistet werden kann. Es kommt nur darauf an, seine Wahl zu treffen.
Hierbei kann freilich auch die Fülle zur Verlegenheit werden. Der Neuling
weiß nicht, welche Apparate er wählen, welche Verfahren er vorziehen soll. Die
Kataloge sagen darüber nichts, sie empfehlen alles. Viel herum zu fragen, zu
Probiren, selbst entscheiden zu wollen, wo die Kenntnis der Sache noch unge¬
nügend ist, führt zu nichts. Auch ist es unzweckmäßig, nach deutscher Unsitte
das Billigste und Schlechteste zu kaufen und hinterher die Erfahrung zu machen,
daß der billige Preis für den unbrauchbaren Apparat zu teuer war. Es werden
in den Zeitungen Apparate für Dilettanten angepriesen, deren Preis so niedrig
ist, daß dafür unmöglich etwas Gutes, ja auch nur etwas Brauchbares geliefert
werden kann. Vor solchen billige Waare liefernden Handlungen mag also hier
gewarnt sein. Man wende sich an eine der großen bekannten Firmen, deren
Name für reelle Bedienung und gute Erzeugnisse bürgt. Ich habe in einer
langen Reihe von Jahren meinen Bedarf vornehmlich von Eduard Liesegang


Die Liebhaberphotograxhie.

nahmen wurden in gelindem Trabe gemacht. Bei landschaftlichen Aufnahmen
mußte der ganze Kram mitgenommen werden. Das war höchst umständlich und
verdrießlich. Das schlimmste aber war das Plattenputzen. Dies mußte mit
peinlichster Sorgfalt geschehen, jede Verunreinigung der Platte, die kaum noch
mit dem Hauche des Mundes zu crspüren war, erschien auf der fertigen
Platte und verdarb sie. Auch war das Silberbad von unberechenbaren Launen.
Es mußte abgestimmt werden, eine Operation, bei der man sich bei dem da¬
maligen Mangel an photochemischen Kenntnissen auf sein Gefühl verlassen
mußte. Kurz, man wandelte nicht ungestraft unter Palmen.

Nun ist seit zehn Jahren das Trockcnplattenverfahren aufgekommen, welches
zwar technisch das alte Kollvdiumverfahren nicht übertrifft, aber so sicher,
härtlich und angenehm ist, daß es weder Schwierigkeiten verursacht noch Über¬
windung fordert, um in die schwarze Brigade einzutreten. Die Platten werden
fertig aus der Fabrik oder von der Handlung bezogen; sie sind zuverlässig,
haltbar und höchst empfindlich. Man legt sie in die Kassette, macht seine Auf¬
nahme zu gelegener Zeit und entwickelt die Platte, wenn es sein muß, erst am
Abend oder auch Tage oder Wochen später. Die Entwicklung geschieht mit
vier zum Teil haltbaren Lösungen und vier flachen Schalen. Zur Kopie bezieht
man abermals das fertige empfindliche Papier aus der Handlung und hat nur
zu waschen und zu vergolden. Es ist also alles so reinlich und bequem, daß
auch Frauen nicht davor zurückzuschrecken brauchen.

Die Hauptfrage ist die Geldfrage — wenn auch gesagt werden muß, daß
Apparate und Verbrauchsgegenstände lange nicht mehr so teuer sind, als der
Fernerstehende meint. Dann kommt die Zeit- und die Platzfrage. Aber diese
letzten beiden lassen sich bei einiger Findigkeit schon überwinden. Die Beschaffung
des Materials bildet gar keine Frage, denn dieses ist in großer Fülle und
fo ausgezeichneter Beschaffenheit vorhanden, daß jedem Bedürfnisse Genüge
geleistet werden kann. Es kommt nur darauf an, seine Wahl zu treffen.
Hierbei kann freilich auch die Fülle zur Verlegenheit werden. Der Neuling
weiß nicht, welche Apparate er wählen, welche Verfahren er vorziehen soll. Die
Kataloge sagen darüber nichts, sie empfehlen alles. Viel herum zu fragen, zu
Probiren, selbst entscheiden zu wollen, wo die Kenntnis der Sache noch unge¬
nügend ist, führt zu nichts. Auch ist es unzweckmäßig, nach deutscher Unsitte
das Billigste und Schlechteste zu kaufen und hinterher die Erfahrung zu machen,
daß der billige Preis für den unbrauchbaren Apparat zu teuer war. Es werden
in den Zeitungen Apparate für Dilettanten angepriesen, deren Preis so niedrig
ist, daß dafür unmöglich etwas Gutes, ja auch nur etwas Brauchbares geliefert
werden kann. Vor solchen billige Waare liefernden Handlungen mag also hier
gewarnt sein. Man wende sich an eine der großen bekannten Firmen, deren
Name für reelle Bedienung und gute Erzeugnisse bürgt. Ich habe in einer
langen Reihe von Jahren meinen Bedarf vornehmlich von Eduard Liesegang


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[0191] Die Liebhaberphotograxhie. nahmen wurden in gelindem Trabe gemacht. Bei landschaftlichen Aufnahmen mußte der ganze Kram mitgenommen werden. Das war höchst umständlich und verdrießlich. Das schlimmste aber war das Plattenputzen. Dies mußte mit peinlichster Sorgfalt geschehen, jede Verunreinigung der Platte, die kaum noch mit dem Hauche des Mundes zu crspüren war, erschien auf der fertigen Platte und verdarb sie. Auch war das Silberbad von unberechenbaren Launen. Es mußte abgestimmt werden, eine Operation, bei der man sich bei dem da¬ maligen Mangel an photochemischen Kenntnissen auf sein Gefühl verlassen mußte. Kurz, man wandelte nicht ungestraft unter Palmen. Nun ist seit zehn Jahren das Trockcnplattenverfahren aufgekommen, welches zwar technisch das alte Kollvdiumverfahren nicht übertrifft, aber so sicher, härtlich und angenehm ist, daß es weder Schwierigkeiten verursacht noch Über¬ windung fordert, um in die schwarze Brigade einzutreten. Die Platten werden fertig aus der Fabrik oder von der Handlung bezogen; sie sind zuverlässig, haltbar und höchst empfindlich. Man legt sie in die Kassette, macht seine Auf¬ nahme zu gelegener Zeit und entwickelt die Platte, wenn es sein muß, erst am Abend oder auch Tage oder Wochen später. Die Entwicklung geschieht mit vier zum Teil haltbaren Lösungen und vier flachen Schalen. Zur Kopie bezieht man abermals das fertige empfindliche Papier aus der Handlung und hat nur zu waschen und zu vergolden. Es ist also alles so reinlich und bequem, daß auch Frauen nicht davor zurückzuschrecken brauchen. Die Hauptfrage ist die Geldfrage — wenn auch gesagt werden muß, daß Apparate und Verbrauchsgegenstände lange nicht mehr so teuer sind, als der Fernerstehende meint. Dann kommt die Zeit- und die Platzfrage. Aber diese letzten beiden lassen sich bei einiger Findigkeit schon überwinden. Die Beschaffung des Materials bildet gar keine Frage, denn dieses ist in großer Fülle und fo ausgezeichneter Beschaffenheit vorhanden, daß jedem Bedürfnisse Genüge geleistet werden kann. Es kommt nur darauf an, seine Wahl zu treffen. Hierbei kann freilich auch die Fülle zur Verlegenheit werden. Der Neuling weiß nicht, welche Apparate er wählen, welche Verfahren er vorziehen soll. Die Kataloge sagen darüber nichts, sie empfehlen alles. Viel herum zu fragen, zu Probiren, selbst entscheiden zu wollen, wo die Kenntnis der Sache noch unge¬ nügend ist, führt zu nichts. Auch ist es unzweckmäßig, nach deutscher Unsitte das Billigste und Schlechteste zu kaufen und hinterher die Erfahrung zu machen, daß der billige Preis für den unbrauchbaren Apparat zu teuer war. Es werden in den Zeitungen Apparate für Dilettanten angepriesen, deren Preis so niedrig ist, daß dafür unmöglich etwas Gutes, ja auch nur etwas Brauchbares geliefert werden kann. Vor solchen billige Waare liefernden Handlungen mag also hier gewarnt sein. Man wende sich an eine der großen bekannten Firmen, deren Name für reelle Bedienung und gute Erzeugnisse bürgt. Ich habe in einer langen Reihe von Jahren meinen Bedarf vornehmlich von Eduard Liesegang

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/191>, abgerufen am 01.09.2024.