Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Weimarer Gesamtansgabe von Goethes Werken.

wohl es" schrieb "ob es (nicht, wie hier angegeben wird, "ob's") wohl auch,"
überzeugt, daß Goethe dies ebenso gebilligt haben würde, wie seine Ände¬
rung in der Ausgabe letzter Hand. Wir wissen wohl, daß derartige beispiels¬
weise angeführte Versehen äußerst schwer zu vermeiden sind, aber bei einer mit
solchen Ansprüchen auftretenden Ausgabe sollten auch die Angaben der Lesarten
von andern Kundigen vor dem Drucke genau geprüft werden, da hier Über- und
Versehen so leicht stattfinden. Dazu kommt, daß bei diesen sowohl in den
Zahlen wie in den Siglen der Handschriften und in der Lesart selbst, besonders
bei dem gedrängten Satze, nur zu häufig Druckfehler der Verbesserung entgehen.
Bemerkt haben wir S. 428, 13 geschlagenen statt geschlungenen.

Hvchbedeutend ist die Mitteilung der aus den Handschriften gegebenen, von
der Ausgabe letzter Hand uoch ausgeschlossenen Gedichte; leider stehen sie mitten
unter den Lesarten, wodurch die Übersicht der letztern, die ohnedies wegen der
knappen Anführung und des kleinen Druckes die gespannteste Aufmerksamkeit
fordern, ganz außerordentlich erschwert wird. Besser wären sie am Schlüsse
zusammengestellt. Den ersten Rang unter den neuen Mitteilungen nehmen die
beiden Elegien ein, deren Unterdrückung schon aus dem Briefwechsel mit Schiller
und deren Inhalt im. allgemeinen durch Riemer bekannt war. Leider haben
wir den vollen Goethe auch jetzt nicht empfangen, dessen Kenntnis den Aus¬
erwählten vorbehalten bleibt. Von der einen Elegie wird nur die erste, jedenfalls
weniger bedeutende Hälfte, gegeben, in der andern find zwei Lücken (die eine
von anderthalb, die andre von einem Verse) bezeichnet. Daß von der letztern
"drei Distichen" unterdrückt seien, ist wohl nur ein unrichtiger Ausdruck. Auch
zwei andre kleinere, dem Gott Priapus gewidmete Elegien, die Goethe selbst
von der sür die "Hören" bestimmten Sammlung ausgeschlossen hatte, werden
mitgeteilt, aber gleichfalls verstümmelt; an der ersten fehlen das Ende des letzten
Hexameters und der darauf folgende Pentameter, in der andern sind, wie der
Herausgeber sagt (der Druck zeigt nur die Lücke von V. 4 und 8), drei Distichen
unterdrückt, "das letzte ^wohl am Schlusses mit einer Anspielung auf die von
Philänio ^lies Philänis, wenn nicht etwa der falsche Name in der Elegie stehtj
erfundenen künstlichen Figuren." Bei den Episteln erwähnen die Lesarten nicht
das Bruchstück, welches Riemer einer dritten zuschrieb. Eine kurze Begründung
dieser Auslassung wäre wohl an der Stelle gewesen. Fast noch schlimmer wie
bei den Elegien kommen wir bei den Epigrammen weg; freilich werden hier
manche von Goethe ausgeschlossene, zum großen Teile schon längst bekannte
gegeben, doch viele als unmitteilbar zurückgehalten. Zum ersten male gedruckt
erscheinen hier, wenn wir recht gezählt haben, 17 Epigramme in 26 Distichen,
zum Teil nicht ohne Unterdrückung (einzelne derselben waren schon vollständig
bekannt); vorenthalten werden uns, mit Ausnahme des Anfangs und etwa des
Schlusses, 12 in 21 Distichen. Unter den uns verschlossenen würden besonders
anziehend sein die sieben Distichen, welche den Besuch bei den Lacerten be-


Die Weimarer Gesamtansgabe von Goethes Werken.

wohl es" schrieb „ob es (nicht, wie hier angegeben wird, »ob's«) wohl auch,"
überzeugt, daß Goethe dies ebenso gebilligt haben würde, wie seine Ände¬
rung in der Ausgabe letzter Hand. Wir wissen wohl, daß derartige beispiels¬
weise angeführte Versehen äußerst schwer zu vermeiden sind, aber bei einer mit
solchen Ansprüchen auftretenden Ausgabe sollten auch die Angaben der Lesarten
von andern Kundigen vor dem Drucke genau geprüft werden, da hier Über- und
Versehen so leicht stattfinden. Dazu kommt, daß bei diesen sowohl in den
Zahlen wie in den Siglen der Handschriften und in der Lesart selbst, besonders
bei dem gedrängten Satze, nur zu häufig Druckfehler der Verbesserung entgehen.
Bemerkt haben wir S. 428, 13 geschlagenen statt geschlungenen.

Hvchbedeutend ist die Mitteilung der aus den Handschriften gegebenen, von
der Ausgabe letzter Hand uoch ausgeschlossenen Gedichte; leider stehen sie mitten
unter den Lesarten, wodurch die Übersicht der letztern, die ohnedies wegen der
knappen Anführung und des kleinen Druckes die gespannteste Aufmerksamkeit
fordern, ganz außerordentlich erschwert wird. Besser wären sie am Schlüsse
zusammengestellt. Den ersten Rang unter den neuen Mitteilungen nehmen die
beiden Elegien ein, deren Unterdrückung schon aus dem Briefwechsel mit Schiller
und deren Inhalt im. allgemeinen durch Riemer bekannt war. Leider haben
wir den vollen Goethe auch jetzt nicht empfangen, dessen Kenntnis den Aus¬
erwählten vorbehalten bleibt. Von der einen Elegie wird nur die erste, jedenfalls
weniger bedeutende Hälfte, gegeben, in der andern find zwei Lücken (die eine
von anderthalb, die andre von einem Verse) bezeichnet. Daß von der letztern
„drei Distichen" unterdrückt seien, ist wohl nur ein unrichtiger Ausdruck. Auch
zwei andre kleinere, dem Gott Priapus gewidmete Elegien, die Goethe selbst
von der sür die „Hören" bestimmten Sammlung ausgeschlossen hatte, werden
mitgeteilt, aber gleichfalls verstümmelt; an der ersten fehlen das Ende des letzten
Hexameters und der darauf folgende Pentameter, in der andern sind, wie der
Herausgeber sagt (der Druck zeigt nur die Lücke von V. 4 und 8), drei Distichen
unterdrückt, „das letzte ^wohl am Schlusses mit einer Anspielung auf die von
Philänio ^lies Philänis, wenn nicht etwa der falsche Name in der Elegie stehtj
erfundenen künstlichen Figuren." Bei den Episteln erwähnen die Lesarten nicht
das Bruchstück, welches Riemer einer dritten zuschrieb. Eine kurze Begründung
dieser Auslassung wäre wohl an der Stelle gewesen. Fast noch schlimmer wie
bei den Elegien kommen wir bei den Epigrammen weg; freilich werden hier
manche von Goethe ausgeschlossene, zum großen Teile schon längst bekannte
gegeben, doch viele als unmitteilbar zurückgehalten. Zum ersten male gedruckt
erscheinen hier, wenn wir recht gezählt haben, 17 Epigramme in 26 Distichen,
zum Teil nicht ohne Unterdrückung (einzelne derselben waren schon vollständig
bekannt); vorenthalten werden uns, mit Ausnahme des Anfangs und etwa des
Schlusses, 12 in 21 Distichen. Unter den uns verschlossenen würden besonders
anziehend sein die sieben Distichen, welche den Besuch bei den Lacerten be-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202195"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Weimarer Gesamtansgabe von Goethes Werken.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_329" prev="#ID_328"> wohl es" schrieb &#x201E;ob es (nicht, wie hier angegeben wird, »ob's«) wohl auch,"<lb/>
überzeugt, daß Goethe dies ebenso gebilligt haben würde, wie seine Ände¬<lb/>
rung in der Ausgabe letzter Hand. Wir wissen wohl, daß derartige beispiels¬<lb/>
weise angeführte Versehen äußerst schwer zu vermeiden sind, aber bei einer mit<lb/>
solchen Ansprüchen auftretenden Ausgabe sollten auch die Angaben der Lesarten<lb/>
von andern Kundigen vor dem Drucke genau geprüft werden, da hier Über- und<lb/>
Versehen so leicht stattfinden. Dazu kommt, daß bei diesen sowohl in den<lb/>
Zahlen wie in den Siglen der Handschriften und in der Lesart selbst, besonders<lb/>
bei dem gedrängten Satze, nur zu häufig Druckfehler der Verbesserung entgehen.<lb/>
Bemerkt haben wir S. 428, 13 geschlagenen statt geschlungenen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_330" next="#ID_331"> Hvchbedeutend ist die Mitteilung der aus den Handschriften gegebenen, von<lb/>
der Ausgabe letzter Hand uoch ausgeschlossenen Gedichte; leider stehen sie mitten<lb/>
unter den Lesarten, wodurch die Übersicht der letztern, die ohnedies wegen der<lb/>
knappen Anführung und des kleinen Druckes die gespannteste Aufmerksamkeit<lb/>
fordern, ganz außerordentlich erschwert wird. Besser wären sie am Schlüsse<lb/>
zusammengestellt. Den ersten Rang unter den neuen Mitteilungen nehmen die<lb/>
beiden Elegien ein, deren Unterdrückung schon aus dem Briefwechsel mit Schiller<lb/>
und deren Inhalt im. allgemeinen durch Riemer bekannt war. Leider haben<lb/>
wir den vollen Goethe auch jetzt nicht empfangen, dessen Kenntnis den Aus¬<lb/>
erwählten vorbehalten bleibt. Von der einen Elegie wird nur die erste, jedenfalls<lb/>
weniger bedeutende Hälfte, gegeben, in der andern find zwei Lücken (die eine<lb/>
von anderthalb, die andre von einem Verse) bezeichnet. Daß von der letztern<lb/>
&#x201E;drei Distichen" unterdrückt seien, ist wohl nur ein unrichtiger Ausdruck. Auch<lb/>
zwei andre kleinere, dem Gott Priapus gewidmete Elegien, die Goethe selbst<lb/>
von der sür die &#x201E;Hören" bestimmten Sammlung ausgeschlossen hatte, werden<lb/>
mitgeteilt, aber gleichfalls verstümmelt; an der ersten fehlen das Ende des letzten<lb/>
Hexameters und der darauf folgende Pentameter, in der andern sind, wie der<lb/>
Herausgeber sagt (der Druck zeigt nur die Lücke von V. 4 und 8), drei Distichen<lb/>
unterdrückt, &#x201E;das letzte ^wohl am Schlusses mit einer Anspielung auf die von<lb/>
Philänio ^lies Philänis, wenn nicht etwa der falsche Name in der Elegie stehtj<lb/>
erfundenen künstlichen Figuren." Bei den Episteln erwähnen die Lesarten nicht<lb/>
das Bruchstück, welches Riemer einer dritten zuschrieb. Eine kurze Begründung<lb/>
dieser Auslassung wäre wohl an der Stelle gewesen. Fast noch schlimmer wie<lb/>
bei den Elegien kommen wir bei den Epigrammen weg; freilich werden hier<lb/>
manche von Goethe ausgeschlossene, zum großen Teile schon längst bekannte<lb/>
gegeben, doch viele als unmitteilbar zurückgehalten. Zum ersten male gedruckt<lb/>
erscheinen hier, wenn wir recht gezählt haben, 17 Epigramme in 26 Distichen,<lb/>
zum Teil nicht ohne Unterdrückung (einzelne derselben waren schon vollständig<lb/>
bekannt); vorenthalten werden uns, mit Ausnahme des Anfangs und etwa des<lb/>
Schlusses, 12 in 21 Distichen. Unter den uns verschlossenen würden besonders<lb/>
anziehend sein die sieben Distichen, welche den Besuch bei den Lacerten be-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0096] Die Weimarer Gesamtansgabe von Goethes Werken. wohl es" schrieb „ob es (nicht, wie hier angegeben wird, »ob's«) wohl auch," überzeugt, daß Goethe dies ebenso gebilligt haben würde, wie seine Ände¬ rung in der Ausgabe letzter Hand. Wir wissen wohl, daß derartige beispiels¬ weise angeführte Versehen äußerst schwer zu vermeiden sind, aber bei einer mit solchen Ansprüchen auftretenden Ausgabe sollten auch die Angaben der Lesarten von andern Kundigen vor dem Drucke genau geprüft werden, da hier Über- und Versehen so leicht stattfinden. Dazu kommt, daß bei diesen sowohl in den Zahlen wie in den Siglen der Handschriften und in der Lesart selbst, besonders bei dem gedrängten Satze, nur zu häufig Druckfehler der Verbesserung entgehen. Bemerkt haben wir S. 428, 13 geschlagenen statt geschlungenen. Hvchbedeutend ist die Mitteilung der aus den Handschriften gegebenen, von der Ausgabe letzter Hand uoch ausgeschlossenen Gedichte; leider stehen sie mitten unter den Lesarten, wodurch die Übersicht der letztern, die ohnedies wegen der knappen Anführung und des kleinen Druckes die gespannteste Aufmerksamkeit fordern, ganz außerordentlich erschwert wird. Besser wären sie am Schlüsse zusammengestellt. Den ersten Rang unter den neuen Mitteilungen nehmen die beiden Elegien ein, deren Unterdrückung schon aus dem Briefwechsel mit Schiller und deren Inhalt im. allgemeinen durch Riemer bekannt war. Leider haben wir den vollen Goethe auch jetzt nicht empfangen, dessen Kenntnis den Aus¬ erwählten vorbehalten bleibt. Von der einen Elegie wird nur die erste, jedenfalls weniger bedeutende Hälfte, gegeben, in der andern find zwei Lücken (die eine von anderthalb, die andre von einem Verse) bezeichnet. Daß von der letztern „drei Distichen" unterdrückt seien, ist wohl nur ein unrichtiger Ausdruck. Auch zwei andre kleinere, dem Gott Priapus gewidmete Elegien, die Goethe selbst von der sür die „Hören" bestimmten Sammlung ausgeschlossen hatte, werden mitgeteilt, aber gleichfalls verstümmelt; an der ersten fehlen das Ende des letzten Hexameters und der darauf folgende Pentameter, in der andern sind, wie der Herausgeber sagt (der Druck zeigt nur die Lücke von V. 4 und 8), drei Distichen unterdrückt, „das letzte ^wohl am Schlusses mit einer Anspielung auf die von Philänio ^lies Philänis, wenn nicht etwa der falsche Name in der Elegie stehtj erfundenen künstlichen Figuren." Bei den Episteln erwähnen die Lesarten nicht das Bruchstück, welches Riemer einer dritten zuschrieb. Eine kurze Begründung dieser Auslassung wäre wohl an der Stelle gewesen. Fast noch schlimmer wie bei den Elegien kommen wir bei den Epigrammen weg; freilich werden hier manche von Goethe ausgeschlossene, zum großen Teile schon längst bekannte gegeben, doch viele als unmitteilbar zurückgehalten. Zum ersten male gedruckt erscheinen hier, wenn wir recht gezählt haben, 17 Epigramme in 26 Distichen, zum Teil nicht ohne Unterdrückung (einzelne derselben waren schon vollständig bekannt); vorenthalten werden uns, mit Ausnahme des Anfangs und etwa des Schlusses, 12 in 21 Distichen. Unter den uns verschlossenen würden besonders anziehend sein die sieben Distichen, welche den Besuch bei den Lacerten be-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/96
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/96>, abgerufen am 28.09.2024.