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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die Versorgung der lNilitäranwLrter.

hat, eine Pension auswerfen, welche dann, den hier gegebenen Auseinander¬
setzungen entsprechend, nur durch einen aus der Reichs- oder Staatskasse ge¬
zählten entsprechenden Gehalt aufgesogen werden dürste. Man würde damit
zugleich den Übelstand beseitigen, daß bei der Feststellung der Invalidität oft
gerade die verdientesten Unteroffiziere schlecht wegkommen. Je eifriger sie im
Dienste waren, je weniger sie Rücksicht auf sich selbst und etwaige kleine körper¬
liche Unbequemlichkeiten nahmen, umso weniger haben sie den Dienst versäumt
und erscheinen dadurch als Träger einer umso bessern Gesundheit, wie sie auch
bei ihrer Prüfung auf das Vorhandensein einer etwaigen Invalidität am we¬
nigsten geneigt sein werden, alles, was nur möglich ist, zur Erlangung der In¬
validität bei den Haaren herbeizuziehen. Ich setze selbstverständlich voraus, daß
von allen Beteiligten bei Feststellung der Invalidität nach bestem Wissen und
Gewissen verfahren wird; aber wie alles Menschliche unvollkommen ist, so kann
auch dabei ein Irrtum zu Gunsten oder Ungunsten des Anwärters mit unter¬
laufen, aus welchem Dritte ungerechtfertigte Schlüsse ziehen. Man kann aber
auch sagen, wer den heutzutage so anstrengenden Militärdienst als Gemeiner
und Unteroffizier zwölf Jahre lang ausgehalten hat, der hat mehr oder weniger
an seiner Gesundheit einen Stoß davon getragen.

Richtiger ist es also, festzusetzen, daß jeder, der zwölf Jahre lang im Mi¬
litär gedient hat, eine bestimmte Pension erhalten solle, wobei ich natürlich
von den Fällen absehe, wo ein Soldat durch einen erlittenen Schaden arbeits¬
unfähig wird und deshalb eine besondre Versorgung beanspruchen kann.

Man könnte mir entgegen halten, daß ich zur Erfüllung der hier darge¬
legten Wünsche den Gemeindeverwaltungen schwere Lasten auflegen wollte. Allein
dem ist nicht so. Ich habe gezeigt, daß die Verkürzung oder der Wegfall der
Pension nicht den Gemeinden, sondern dem Reiche zu Gute kommt; die Ge¬
meinden müssen aber jetzt verhältnismäßig höhere Gehalte auswerfen, damit der
Beamte beim Wegfall seiner Pension sorgenfrei leben kann. Daß dem Reiche
sehr erhebliche Opfer zur Last fallen würden im Verhältnis zu denen, welche
es jetzt schon an Militärpensionen bringt, ist nicht anzunehmen. Mußten jedoch
auch Opfer gebracht werden, so darf man diese nicht scheuen, sie würden gegen¬
über den Opfern, welche für die Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter
gebracht werden müssen, nur sehr klein sein und diesen gegenüber nur als eine
Handlung der ausgleichenden Gerechtigkeit erscheinen.


lvtto Ger land.


Die Versorgung der lNilitäranwLrter.

hat, eine Pension auswerfen, welche dann, den hier gegebenen Auseinander¬
setzungen entsprechend, nur durch einen aus der Reichs- oder Staatskasse ge¬
zählten entsprechenden Gehalt aufgesogen werden dürste. Man würde damit
zugleich den Übelstand beseitigen, daß bei der Feststellung der Invalidität oft
gerade die verdientesten Unteroffiziere schlecht wegkommen. Je eifriger sie im
Dienste waren, je weniger sie Rücksicht auf sich selbst und etwaige kleine körper¬
liche Unbequemlichkeiten nahmen, umso weniger haben sie den Dienst versäumt
und erscheinen dadurch als Träger einer umso bessern Gesundheit, wie sie auch
bei ihrer Prüfung auf das Vorhandensein einer etwaigen Invalidität am we¬
nigsten geneigt sein werden, alles, was nur möglich ist, zur Erlangung der In¬
validität bei den Haaren herbeizuziehen. Ich setze selbstverständlich voraus, daß
von allen Beteiligten bei Feststellung der Invalidität nach bestem Wissen und
Gewissen verfahren wird; aber wie alles Menschliche unvollkommen ist, so kann
auch dabei ein Irrtum zu Gunsten oder Ungunsten des Anwärters mit unter¬
laufen, aus welchem Dritte ungerechtfertigte Schlüsse ziehen. Man kann aber
auch sagen, wer den heutzutage so anstrengenden Militärdienst als Gemeiner
und Unteroffizier zwölf Jahre lang ausgehalten hat, der hat mehr oder weniger
an seiner Gesundheit einen Stoß davon getragen.

Richtiger ist es also, festzusetzen, daß jeder, der zwölf Jahre lang im Mi¬
litär gedient hat, eine bestimmte Pension erhalten solle, wobei ich natürlich
von den Fällen absehe, wo ein Soldat durch einen erlittenen Schaden arbeits¬
unfähig wird und deshalb eine besondre Versorgung beanspruchen kann.

Man könnte mir entgegen halten, daß ich zur Erfüllung der hier darge¬
legten Wünsche den Gemeindeverwaltungen schwere Lasten auflegen wollte. Allein
dem ist nicht so. Ich habe gezeigt, daß die Verkürzung oder der Wegfall der
Pension nicht den Gemeinden, sondern dem Reiche zu Gute kommt; die Ge¬
meinden müssen aber jetzt verhältnismäßig höhere Gehalte auswerfen, damit der
Beamte beim Wegfall seiner Pension sorgenfrei leben kann. Daß dem Reiche
sehr erhebliche Opfer zur Last fallen würden im Verhältnis zu denen, welche
es jetzt schon an Militärpensionen bringt, ist nicht anzunehmen. Mußten jedoch
auch Opfer gebracht werden, so darf man diese nicht scheuen, sie würden gegen¬
über den Opfern, welche für die Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter
gebracht werden müssen, nur sehr klein sein und diesen gegenüber nur als eine
Handlung der ausgleichenden Gerechtigkeit erscheinen.


lvtto Ger land.


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[0024] Die Versorgung der lNilitäranwLrter. hat, eine Pension auswerfen, welche dann, den hier gegebenen Auseinander¬ setzungen entsprechend, nur durch einen aus der Reichs- oder Staatskasse ge¬ zählten entsprechenden Gehalt aufgesogen werden dürste. Man würde damit zugleich den Übelstand beseitigen, daß bei der Feststellung der Invalidität oft gerade die verdientesten Unteroffiziere schlecht wegkommen. Je eifriger sie im Dienste waren, je weniger sie Rücksicht auf sich selbst und etwaige kleine körper¬ liche Unbequemlichkeiten nahmen, umso weniger haben sie den Dienst versäumt und erscheinen dadurch als Träger einer umso bessern Gesundheit, wie sie auch bei ihrer Prüfung auf das Vorhandensein einer etwaigen Invalidität am we¬ nigsten geneigt sein werden, alles, was nur möglich ist, zur Erlangung der In¬ validität bei den Haaren herbeizuziehen. Ich setze selbstverständlich voraus, daß von allen Beteiligten bei Feststellung der Invalidität nach bestem Wissen und Gewissen verfahren wird; aber wie alles Menschliche unvollkommen ist, so kann auch dabei ein Irrtum zu Gunsten oder Ungunsten des Anwärters mit unter¬ laufen, aus welchem Dritte ungerechtfertigte Schlüsse ziehen. Man kann aber auch sagen, wer den heutzutage so anstrengenden Militärdienst als Gemeiner und Unteroffizier zwölf Jahre lang ausgehalten hat, der hat mehr oder weniger an seiner Gesundheit einen Stoß davon getragen. Richtiger ist es also, festzusetzen, daß jeder, der zwölf Jahre lang im Mi¬ litär gedient hat, eine bestimmte Pension erhalten solle, wobei ich natürlich von den Fällen absehe, wo ein Soldat durch einen erlittenen Schaden arbeits¬ unfähig wird und deshalb eine besondre Versorgung beanspruchen kann. Man könnte mir entgegen halten, daß ich zur Erfüllung der hier darge¬ legten Wünsche den Gemeindeverwaltungen schwere Lasten auflegen wollte. Allein dem ist nicht so. Ich habe gezeigt, daß die Verkürzung oder der Wegfall der Pension nicht den Gemeinden, sondern dem Reiche zu Gute kommt; die Ge¬ meinden müssen aber jetzt verhältnismäßig höhere Gehalte auswerfen, damit der Beamte beim Wegfall seiner Pension sorgenfrei leben kann. Daß dem Reiche sehr erhebliche Opfer zur Last fallen würden im Verhältnis zu denen, welche es jetzt schon an Militärpensionen bringt, ist nicht anzunehmen. Mußten jedoch auch Opfer gebracht werden, so darf man diese nicht scheuen, sie würden gegen¬ über den Opfern, welche für die Alters- und Jnvalidenversorgung der Arbeiter gebracht werden müssen, nur sehr klein sein und diesen gegenüber nur als eine Handlung der ausgleichenden Gerechtigkeit erscheinen. lvtto Ger land.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/24>, abgerufen am 21.06.2024.