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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Das britische Weltreich und seine Aussichten.

ist Bombay. Die Stadt ist vorteilhaft gelegen und gut befestigt. Als Haupt¬
quartier des englischen Geschwaders in diesen Meeren besitzt sie große Docks
und Kohlenlager, und der Hafen wird neben stark armirten Batterien auch von
zwei Monitors verteidigt. Außer Bombay beunsprucht hier das an der Haupt¬
mündung des Indus liegende Karadschi Beachtung, doch steht bis jetzt nur ein
kleines Fort an der Stelle mächtiger Werke, die allein genügenden Schutz für die
Zufuhren abgeben könnten, welche von der See für den militärisch so wichtigen
Nordwesten der Halbinsel anlangen. Während von Bombay eine Hauptroute
durch den Kanal von Mozambique nach dem Kap der guten Hoffnung führt,
verbindet eine andre, die Insel Mauritius berührend, jene Südspitze Afrikas
mit Point de Galle auf Ceylon, und dieses, sowie das Kap, korrespondiren
direkt mit dem sehr bedeutsamen King Georges Sourd an der Südwestspitze
Australiens. Ceylon ist Bindeglied zwischen den afrikanischen, australischen und
ostasiatischen Besitzungen Großbritanniens. Es ist das natürliche Vorwerk zur
Flankirung der beiden Küstenstriche der indischen Halbinsel und anderseits ge¬
eignet zum Stützpunkt beim Vorgehen gegen einen in Australien gekanteten
Feind. Indessen ist hier nur der Hafen von Trikunamale befestigt und
Kohlenstation, der zwar merkantil wichtig, aber strategisch weniger gut als
Colombo erscheint. Im ganzen läßt die Sicherheit der englischen Linien in
dem vielbefahrenen Indischen Ozean, obwohl das allein sehr starke Aden von
einigen derselben etwas abseits liegt, für die Gegenwart kaum viel zu wünschen
übrig. Aber die Zukunft Indiens hängt von der Entwicklung der Dinge in
andern Gegenden ab, von der wir in einem letzten Kapitel sprechen werden.

Für jetzt werfen wir nur noch einen kurzen Blick auf Australien und Ost¬
asien. Dort sind zunächst nur King Georges Sourd im Südwesten und
Sidney an der langgestreckten Ostküste leidlich befestigt, während aus Port
Jackson eine weder zu Lande noch zur See einnehmbare Festung geschaffen
werden sollte und könnte, wo sich jetzt nur ein paar Batterien und nicht einmal
Docks für das australische Geschwader vorfinden. Port Philipp bei der Rhede
von Melbourne ist mit seinen drei Forts ein besserer Schutz gegen einen Feind,
der in dieses mächtige Bassin einlaufen will. Dagegen werden die Häfen von
Neuseeland wieder durch keinerlei Befestigungen verteidigt, obwohl befestigte
Docks und Kohlenstationen hier außerordentlichen Wert haben würden. In
Ostasien hat England Oberbirma erobert und seinen Besitzungen einverleibt, um
französischen Absichten auf das Land am Hauptstrome Hinterindiens zuvor¬
zukommen. An der chinesischen Grenze besitzt es Hongkong, welches die Straße
nach Macao und Kanton beherrscht, und wo es vier Docks, fünf große Schiffs¬
werften und eine Kohlenniederlage erster Klasse hat, dessen fünf Forts aber
kaum völlig hinreichende Sicherheit gegen eine starke feindliche Flotte bieten.
Doch hat sich die Bedeutung dieses Punktes für Großbritannien vermindert,
seit es sich vertragsmäßig den Besitz von Port Hamilton an der Straße von


Das britische Weltreich und seine Aussichten.

ist Bombay. Die Stadt ist vorteilhaft gelegen und gut befestigt. Als Haupt¬
quartier des englischen Geschwaders in diesen Meeren besitzt sie große Docks
und Kohlenlager, und der Hafen wird neben stark armirten Batterien auch von
zwei Monitors verteidigt. Außer Bombay beunsprucht hier das an der Haupt¬
mündung des Indus liegende Karadschi Beachtung, doch steht bis jetzt nur ein
kleines Fort an der Stelle mächtiger Werke, die allein genügenden Schutz für die
Zufuhren abgeben könnten, welche von der See für den militärisch so wichtigen
Nordwesten der Halbinsel anlangen. Während von Bombay eine Hauptroute
durch den Kanal von Mozambique nach dem Kap der guten Hoffnung führt,
verbindet eine andre, die Insel Mauritius berührend, jene Südspitze Afrikas
mit Point de Galle auf Ceylon, und dieses, sowie das Kap, korrespondiren
direkt mit dem sehr bedeutsamen King Georges Sourd an der Südwestspitze
Australiens. Ceylon ist Bindeglied zwischen den afrikanischen, australischen und
ostasiatischen Besitzungen Großbritanniens. Es ist das natürliche Vorwerk zur
Flankirung der beiden Küstenstriche der indischen Halbinsel und anderseits ge¬
eignet zum Stützpunkt beim Vorgehen gegen einen in Australien gekanteten
Feind. Indessen ist hier nur der Hafen von Trikunamale befestigt und
Kohlenstation, der zwar merkantil wichtig, aber strategisch weniger gut als
Colombo erscheint. Im ganzen läßt die Sicherheit der englischen Linien in
dem vielbefahrenen Indischen Ozean, obwohl das allein sehr starke Aden von
einigen derselben etwas abseits liegt, für die Gegenwart kaum viel zu wünschen
übrig. Aber die Zukunft Indiens hängt von der Entwicklung der Dinge in
andern Gegenden ab, von der wir in einem letzten Kapitel sprechen werden.

Für jetzt werfen wir nur noch einen kurzen Blick auf Australien und Ost¬
asien. Dort sind zunächst nur King Georges Sourd im Südwesten und
Sidney an der langgestreckten Ostküste leidlich befestigt, während aus Port
Jackson eine weder zu Lande noch zur See einnehmbare Festung geschaffen
werden sollte und könnte, wo sich jetzt nur ein paar Batterien und nicht einmal
Docks für das australische Geschwader vorfinden. Port Philipp bei der Rhede
von Melbourne ist mit seinen drei Forts ein besserer Schutz gegen einen Feind,
der in dieses mächtige Bassin einlaufen will. Dagegen werden die Häfen von
Neuseeland wieder durch keinerlei Befestigungen verteidigt, obwohl befestigte
Docks und Kohlenstationen hier außerordentlichen Wert haben würden. In
Ostasien hat England Oberbirma erobert und seinen Besitzungen einverleibt, um
französischen Absichten auf das Land am Hauptstrome Hinterindiens zuvor¬
zukommen. An der chinesischen Grenze besitzt es Hongkong, welches die Straße
nach Macao und Kanton beherrscht, und wo es vier Docks, fünf große Schiffs¬
werften und eine Kohlenniederlage erster Klasse hat, dessen fünf Forts aber
kaum völlig hinreichende Sicherheit gegen eine starke feindliche Flotte bieten.
Doch hat sich die Bedeutung dieses Punktes für Großbritannien vermindert,
seit es sich vertragsmäßig den Besitz von Port Hamilton an der Straße von


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[0512] Das britische Weltreich und seine Aussichten. ist Bombay. Die Stadt ist vorteilhaft gelegen und gut befestigt. Als Haupt¬ quartier des englischen Geschwaders in diesen Meeren besitzt sie große Docks und Kohlenlager, und der Hafen wird neben stark armirten Batterien auch von zwei Monitors verteidigt. Außer Bombay beunsprucht hier das an der Haupt¬ mündung des Indus liegende Karadschi Beachtung, doch steht bis jetzt nur ein kleines Fort an der Stelle mächtiger Werke, die allein genügenden Schutz für die Zufuhren abgeben könnten, welche von der See für den militärisch so wichtigen Nordwesten der Halbinsel anlangen. Während von Bombay eine Hauptroute durch den Kanal von Mozambique nach dem Kap der guten Hoffnung führt, verbindet eine andre, die Insel Mauritius berührend, jene Südspitze Afrikas mit Point de Galle auf Ceylon, und dieses, sowie das Kap, korrespondiren direkt mit dem sehr bedeutsamen King Georges Sourd an der Südwestspitze Australiens. Ceylon ist Bindeglied zwischen den afrikanischen, australischen und ostasiatischen Besitzungen Großbritanniens. Es ist das natürliche Vorwerk zur Flankirung der beiden Küstenstriche der indischen Halbinsel und anderseits ge¬ eignet zum Stützpunkt beim Vorgehen gegen einen in Australien gekanteten Feind. Indessen ist hier nur der Hafen von Trikunamale befestigt und Kohlenstation, der zwar merkantil wichtig, aber strategisch weniger gut als Colombo erscheint. Im ganzen läßt die Sicherheit der englischen Linien in dem vielbefahrenen Indischen Ozean, obwohl das allein sehr starke Aden von einigen derselben etwas abseits liegt, für die Gegenwart kaum viel zu wünschen übrig. Aber die Zukunft Indiens hängt von der Entwicklung der Dinge in andern Gegenden ab, von der wir in einem letzten Kapitel sprechen werden. Für jetzt werfen wir nur noch einen kurzen Blick auf Australien und Ost¬ asien. Dort sind zunächst nur King Georges Sourd im Südwesten und Sidney an der langgestreckten Ostküste leidlich befestigt, während aus Port Jackson eine weder zu Lande noch zur See einnehmbare Festung geschaffen werden sollte und könnte, wo sich jetzt nur ein paar Batterien und nicht einmal Docks für das australische Geschwader vorfinden. Port Philipp bei der Rhede von Melbourne ist mit seinen drei Forts ein besserer Schutz gegen einen Feind, der in dieses mächtige Bassin einlaufen will. Dagegen werden die Häfen von Neuseeland wieder durch keinerlei Befestigungen verteidigt, obwohl befestigte Docks und Kohlenstationen hier außerordentlichen Wert haben würden. In Ostasien hat England Oberbirma erobert und seinen Besitzungen einverleibt, um französischen Absichten auf das Land am Hauptstrome Hinterindiens zuvor¬ zukommen. An der chinesischen Grenze besitzt es Hongkong, welches die Straße nach Macao und Kanton beherrscht, und wo es vier Docks, fünf große Schiffs¬ werften und eine Kohlenniederlage erster Klasse hat, dessen fünf Forts aber kaum völlig hinreichende Sicherheit gegen eine starke feindliche Flotte bieten. Doch hat sich die Bedeutung dieses Punktes für Großbritannien vermindert, seit es sich vertragsmäßig den Besitz von Port Hamilton an der Straße von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/512>, abgerufen am 17.09.2024.