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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Der Grünewald.

Richterschen Etablissements gelegenen Station Grünewald, dann die Kurfürsten¬
damm-Straßenbahn, welche ebenfalls zu diesem Punkte und dann noch ein
geringes weiter bringt. Hier hat man dann die Hundekehle ganz in der Nähe,
von wo es wiederum nicht weit nach Paulsborn ist. Da diese Punkte am
bequemsten zu erreichen sind, so sind sie natürlich auch die besuchtesten. Nächst-
dem dürfte der Schlachtensee als Hauptzielpunkt erscheinen, was auch bei den
hohen Rändern desselben und dem hierdurch verursachten Reichtum malerischer
Wirkungen, sowie bei der leichten Erreichbarkeit durch die Eisenbahn sehr
gerechtfertigt ist; nur tritt uns in Gasthäusern und Villen Berlin hier schon
allzu aufdringlich entgegen. Wannsee mit seinen vornehmen Villen, seinen
Einrichtungen für Ruder- und Segelregatten und seiner Nähe Vabelsbergs und
der Villenkolonie am Griebnitzsee bildet eine Besonderheit für sich, die eigentlich
nicht mehr "Grünewald," sondern nur noch "am Grünewald" ist.

Suchen wir nun einmal festzustellen, wie sich die Zukunft des Grünewalds,
nach den hierüber heute zu machenden Beobachtungen, gestalten wird. Man
kann sagen, daß das Terrain zwischen der Potsdamer Bahn bis Steglitz und
dem Tiergarten das Hauptentwicklungsgebiet für die Berliner Bauthätigkeit des
nächsten Menschenalters darstellt. Dieses Terrain ist groß; es läßt sich auf
anderthalb Stunden Länge und eine halbe Stunde Breite angeben, von welcher
Fläche freilich schon ein recht großer Teil mit Ortschaften (Steglitz, Frieden"",
Wilmersdorf, Schmargendorf, Dachten, Joachimsthaler Gymnasium nebst der in
dessen unmittelbarer Nähe entstandenen Häusergrnppe) und den überall vor¬
drängenden Villenstraßen bedeckt ist. Die ganze, noch zu Bauplätzen und Straßen
verfügbare Fläche mag tausend Hektaren betragen. Das scheint mehr, als es ist;
Straßen und Plätze werden sehr viel in Anspruch nehmen, und unter den Villen,
die jedenfalls den Charakter der hier entstehenden Stadtteile wesentlich bestimmen
werden, dürfte sich sicherlich eine stattliche Anzahl sehr großer, mit ausgedehnten
Gärten, selbst förmlichen Parks befinden. Auch unterliegt es ja keinem Zweifel,
daß ansehnliche Flächen noch auf längere Zeit zur Verfügung bleiben werden. Der
Hauptsache nach aber halten wir es nicht für zu viel gesagt, daß nach einem
halben Menschenalter dieses ganze Gebiet Stadt sein wird. Die Vorteile sind zu
ungeheuer. Die massenhaften Nerkehrsgelegenheiten, die unmittelbare Nähe des
Grünewalds (in den hinein dann noch ein halbes Dutzend Pferdebahnen weiter
führen werden) und Potsdams, sowie des Zoologischen Gartens und des Tier¬
gartens, die Reize, welche der Steglitzer Fichtenberg, der Wilmersdorfer
See u. s. w. an sich darbieten -- das sind Dinge, mit denen, bei aller Achtung vor
der oberen Spree und dem Müggelsee, doch bei Berlin keine Konkurrenz möglich ist.

Bis dahin also wird Berlin bis an den Grünewald vorgedrungen sein.
Gleichzeitig aber wird die heute noch sehr unvollständige Kette der Villenstraßen
und Villenkolonien zwischen Steglitz und Wannsee sich gleichfalls ziemlich ge¬
schlossen haben, sodaß die Stadt, oder was zu ihr gehört, nicht nur vom Osten,


Der Grünewald.

Richterschen Etablissements gelegenen Station Grünewald, dann die Kurfürsten¬
damm-Straßenbahn, welche ebenfalls zu diesem Punkte und dann noch ein
geringes weiter bringt. Hier hat man dann die Hundekehle ganz in der Nähe,
von wo es wiederum nicht weit nach Paulsborn ist. Da diese Punkte am
bequemsten zu erreichen sind, so sind sie natürlich auch die besuchtesten. Nächst-
dem dürfte der Schlachtensee als Hauptzielpunkt erscheinen, was auch bei den
hohen Rändern desselben und dem hierdurch verursachten Reichtum malerischer
Wirkungen, sowie bei der leichten Erreichbarkeit durch die Eisenbahn sehr
gerechtfertigt ist; nur tritt uns in Gasthäusern und Villen Berlin hier schon
allzu aufdringlich entgegen. Wannsee mit seinen vornehmen Villen, seinen
Einrichtungen für Ruder- und Segelregatten und seiner Nähe Vabelsbergs und
der Villenkolonie am Griebnitzsee bildet eine Besonderheit für sich, die eigentlich
nicht mehr „Grünewald," sondern nur noch „am Grünewald" ist.

Suchen wir nun einmal festzustellen, wie sich die Zukunft des Grünewalds,
nach den hierüber heute zu machenden Beobachtungen, gestalten wird. Man
kann sagen, daß das Terrain zwischen der Potsdamer Bahn bis Steglitz und
dem Tiergarten das Hauptentwicklungsgebiet für die Berliner Bauthätigkeit des
nächsten Menschenalters darstellt. Dieses Terrain ist groß; es läßt sich auf
anderthalb Stunden Länge und eine halbe Stunde Breite angeben, von welcher
Fläche freilich schon ein recht großer Teil mit Ortschaften (Steglitz, Frieden«»,
Wilmersdorf, Schmargendorf, Dachten, Joachimsthaler Gymnasium nebst der in
dessen unmittelbarer Nähe entstandenen Häusergrnppe) und den überall vor¬
drängenden Villenstraßen bedeckt ist. Die ganze, noch zu Bauplätzen und Straßen
verfügbare Fläche mag tausend Hektaren betragen. Das scheint mehr, als es ist;
Straßen und Plätze werden sehr viel in Anspruch nehmen, und unter den Villen,
die jedenfalls den Charakter der hier entstehenden Stadtteile wesentlich bestimmen
werden, dürfte sich sicherlich eine stattliche Anzahl sehr großer, mit ausgedehnten
Gärten, selbst förmlichen Parks befinden. Auch unterliegt es ja keinem Zweifel,
daß ansehnliche Flächen noch auf längere Zeit zur Verfügung bleiben werden. Der
Hauptsache nach aber halten wir es nicht für zu viel gesagt, daß nach einem
halben Menschenalter dieses ganze Gebiet Stadt sein wird. Die Vorteile sind zu
ungeheuer. Die massenhaften Nerkehrsgelegenheiten, die unmittelbare Nähe des
Grünewalds (in den hinein dann noch ein halbes Dutzend Pferdebahnen weiter
führen werden) und Potsdams, sowie des Zoologischen Gartens und des Tier¬
gartens, die Reize, welche der Steglitzer Fichtenberg, der Wilmersdorfer
See u. s. w. an sich darbieten — das sind Dinge, mit denen, bei aller Achtung vor
der oberen Spree und dem Müggelsee, doch bei Berlin keine Konkurrenz möglich ist.

Bis dahin also wird Berlin bis an den Grünewald vorgedrungen sein.
Gleichzeitig aber wird die heute noch sehr unvollständige Kette der Villenstraßen
und Villenkolonien zwischen Steglitz und Wannsee sich gleichfalls ziemlich ge¬
schlossen haben, sodaß die Stadt, oder was zu ihr gehört, nicht nur vom Osten,


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[0496] Der Grünewald. Richterschen Etablissements gelegenen Station Grünewald, dann die Kurfürsten¬ damm-Straßenbahn, welche ebenfalls zu diesem Punkte und dann noch ein geringes weiter bringt. Hier hat man dann die Hundekehle ganz in der Nähe, von wo es wiederum nicht weit nach Paulsborn ist. Da diese Punkte am bequemsten zu erreichen sind, so sind sie natürlich auch die besuchtesten. Nächst- dem dürfte der Schlachtensee als Hauptzielpunkt erscheinen, was auch bei den hohen Rändern desselben und dem hierdurch verursachten Reichtum malerischer Wirkungen, sowie bei der leichten Erreichbarkeit durch die Eisenbahn sehr gerechtfertigt ist; nur tritt uns in Gasthäusern und Villen Berlin hier schon allzu aufdringlich entgegen. Wannsee mit seinen vornehmen Villen, seinen Einrichtungen für Ruder- und Segelregatten und seiner Nähe Vabelsbergs und der Villenkolonie am Griebnitzsee bildet eine Besonderheit für sich, die eigentlich nicht mehr „Grünewald," sondern nur noch „am Grünewald" ist. Suchen wir nun einmal festzustellen, wie sich die Zukunft des Grünewalds, nach den hierüber heute zu machenden Beobachtungen, gestalten wird. Man kann sagen, daß das Terrain zwischen der Potsdamer Bahn bis Steglitz und dem Tiergarten das Hauptentwicklungsgebiet für die Berliner Bauthätigkeit des nächsten Menschenalters darstellt. Dieses Terrain ist groß; es läßt sich auf anderthalb Stunden Länge und eine halbe Stunde Breite angeben, von welcher Fläche freilich schon ein recht großer Teil mit Ortschaften (Steglitz, Frieden«», Wilmersdorf, Schmargendorf, Dachten, Joachimsthaler Gymnasium nebst der in dessen unmittelbarer Nähe entstandenen Häusergrnppe) und den überall vor¬ drängenden Villenstraßen bedeckt ist. Die ganze, noch zu Bauplätzen und Straßen verfügbare Fläche mag tausend Hektaren betragen. Das scheint mehr, als es ist; Straßen und Plätze werden sehr viel in Anspruch nehmen, und unter den Villen, die jedenfalls den Charakter der hier entstehenden Stadtteile wesentlich bestimmen werden, dürfte sich sicherlich eine stattliche Anzahl sehr großer, mit ausgedehnten Gärten, selbst förmlichen Parks befinden. Auch unterliegt es ja keinem Zweifel, daß ansehnliche Flächen noch auf längere Zeit zur Verfügung bleiben werden. Der Hauptsache nach aber halten wir es nicht für zu viel gesagt, daß nach einem halben Menschenalter dieses ganze Gebiet Stadt sein wird. Die Vorteile sind zu ungeheuer. Die massenhaften Nerkehrsgelegenheiten, die unmittelbare Nähe des Grünewalds (in den hinein dann noch ein halbes Dutzend Pferdebahnen weiter führen werden) und Potsdams, sowie des Zoologischen Gartens und des Tier¬ gartens, die Reize, welche der Steglitzer Fichtenberg, der Wilmersdorfer See u. s. w. an sich darbieten — das sind Dinge, mit denen, bei aller Achtung vor der oberen Spree und dem Müggelsee, doch bei Berlin keine Konkurrenz möglich ist. Bis dahin also wird Berlin bis an den Grünewald vorgedrungen sein. Gleichzeitig aber wird die heute noch sehr unvollständige Kette der Villenstraßen und Villenkolonien zwischen Steglitz und Wannsee sich gleichfalls ziemlich ge¬ schlossen haben, sodaß die Stadt, oder was zu ihr gehört, nicht nur vom Osten,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/496>, abgerufen am 17.09.2024.