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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Der Friede mit Rom.

der Zmtrumskatholiken gegen das unfehlbare apostolische Lehramt zu Tage
seit die letzte kirchenpolitischc Vorlage bekannt ^worden ist Es war all^bekannt, daß sie auf einer Verständigung zwischen dem römischen Stuhl und der
Preußischen Negierung beruhe; trotzdem wird gegen sie em Feldzug eröffn
und in allen ultramontanen Blättern und Gesellenvere.nen gepredigt daß s
den kirchlichen Bedürfnissen zu nahe trete. Das Höchste leistet wiederum d
Abgeordnete Windthorst und die "Germania"; ersterer, indem er ein Gutachten
durch die gesamte Kaplanspresse verbreiten läßt, welches Artikel für Artikel das
vom Papst auf seinem eigensten Lehrgebiete gebilligte Werk ver etzert. Die
..Germania" aber trägt in zwei großen Leitartikeln die Ausspruche der radikal n
Blätter aller Länder zusammen, um den Nachweis zu führen, daß Leo Xlil
immer nur für die Fürsten und gegen die Völker auftrete. Freilich behauptete
das fromme Berliner Jesuitenblatt, daß es dies alles nur zusammengetragen
habe, um in einem spätern Artikel den Nachweis des Gegenteils zu bringen--
allein über diese Zusage sind Wochen vergangen, und noch ist die Zusage mcyr
erfüllt, sodaß auch heute noch die katholische Lesewelt der ..Germama' bloß den
Beweis dafür hat. daß Leo XIII. ein Feind der Völker ist. Vergleicht man
diese papstfeindlichen Kundgebungen mit der altkatholischen Bewegung no den,
Anfang der siebziger Jahre, so erscheint die letztere als harmlos, denn sie be¬
schränkte sich vorzugsweise auf einzelne Kreise von Professoren und gebildeten
Laien, sie griff nur das eine Dogma der Unfehlbarkeit heraus, wahrend die
jetzige Revolution von allen einflußreichen katholischen Führern ausgegangen ist,denen die Menge wie die Lämmer den ammelnolt.

g
Obgleich der Papst in dein mehrerwähnten Breve an den Erzbischof von
Köln seine Befriedigung abspricht über das. was er für die preußischen Katho¬
liken errungen hat. obgleich er darauf hinweist, daß nunmehr die Katholiken
in ungestörter Freiheit ihre kirchlichen Wünsche erfüllen können, tönt kein ^Zort
des Dankes von den Lippen des preußischen Episkopats. und die ..Germania
sucht eine von angesehenen Laien in Aussicht genommene Dankadresse an den
Papst durch schnöden Spott herabzusetzen und zu verhindern.

Der Wunsch Leos XIII., daß die deutschen Katholiken um Papste ihr
Oberhaupt verehren sollen, enthält eine ernste Mahnung. Der Kulturkampf
hat eine Richtung in der katholischen Kirche gezeitigt, die lange Zeit latent war
sie will das ..Papsttum absolut, wenn es ihren Willen thut," ist aber weit
davon entfernt, sich seinen Entscheidungen zu unterwerfen, wenn diese gegen ihre
Forderungen ausfallen. Diese Richtung berührt keine Interessen des Staate.-,
aber sie greift den Lebensnerv des Katholizismus an. und wie sie der romychen
Kurie nicht entgangen ist, wird die letztere ihrerseits vieles thun müssen, um
diesen Geist auszutreiben. und vielleicht selbst daraus die Lehre ziehe... daßes der Kirche nicht gut thut, wenn sie eine politische Partei mit dem Deck¬
mantel ihrer Autorität jahrelang bekleidet und geschützt hat.


Der Friede mit Rom.

der Zmtrumskatholiken gegen das unfehlbare apostolische Lehramt zu Tage
seit die letzte kirchenpolitischc Vorlage bekannt ^worden ist Es war all^bekannt, daß sie auf einer Verständigung zwischen dem römischen Stuhl und der
Preußischen Negierung beruhe; trotzdem wird gegen sie em Feldzug eröffn
und in allen ultramontanen Blättern und Gesellenvere.nen gepredigt daß s
den kirchlichen Bedürfnissen zu nahe trete. Das Höchste leistet wiederum d
Abgeordnete Windthorst und die „Germania"; ersterer, indem er ein Gutachten
durch die gesamte Kaplanspresse verbreiten läßt, welches Artikel für Artikel das
vom Papst auf seinem eigensten Lehrgebiete gebilligte Werk ver etzert. Die
..Germania" aber trägt in zwei großen Leitartikeln die Ausspruche der radikal n
Blätter aller Länder zusammen, um den Nachweis zu führen, daß Leo Xlil
immer nur für die Fürsten und gegen die Völker auftrete. Freilich behauptete
das fromme Berliner Jesuitenblatt, daß es dies alles nur zusammengetragen
habe, um in einem spätern Artikel den Nachweis des Gegenteils zu bringen--
allein über diese Zusage sind Wochen vergangen, und noch ist die Zusage mcyr
erfüllt, sodaß auch heute noch die katholische Lesewelt der ..Germama' bloß den
Beweis dafür hat. daß Leo XIII. ein Feind der Völker ist. Vergleicht man
diese papstfeindlichen Kundgebungen mit der altkatholischen Bewegung no den,
Anfang der siebziger Jahre, so erscheint die letztere als harmlos, denn sie be¬
schränkte sich vorzugsweise auf einzelne Kreise von Professoren und gebildeten
Laien, sie griff nur das eine Dogma der Unfehlbarkeit heraus, wahrend die
jetzige Revolution von allen einflußreichen katholischen Führern ausgegangen ist,denen die Menge wie die Lämmer den ammelnolt.

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Obgleich der Papst in dein mehrerwähnten Breve an den Erzbischof von
Köln seine Befriedigung abspricht über das. was er für die preußischen Katho¬
liken errungen hat. obgleich er darauf hinweist, daß nunmehr die Katholiken
in ungestörter Freiheit ihre kirchlichen Wünsche erfüllen können, tönt kein ^Zort
des Dankes von den Lippen des preußischen Episkopats. und die ..Germania
sucht eine von angesehenen Laien in Aussicht genommene Dankadresse an den
Papst durch schnöden Spott herabzusetzen und zu verhindern.

Der Wunsch Leos XIII., daß die deutschen Katholiken um Papste ihr
Oberhaupt verehren sollen, enthält eine ernste Mahnung. Der Kulturkampf
hat eine Richtung in der katholischen Kirche gezeitigt, die lange Zeit latent war
sie will das ..Papsttum absolut, wenn es ihren Willen thut," ist aber weit
davon entfernt, sich seinen Entscheidungen zu unterwerfen, wenn diese gegen ihre
Forderungen ausfallen. Diese Richtung berührt keine Interessen des Staate.-,
aber sie greift den Lebensnerv des Katholizismus an. und wie sie der romychen
Kurie nicht entgangen ist, wird die letztere ihrerseits vieles thun müssen, um
diesen Geist auszutreiben. und vielleicht selbst daraus die Lehre ziehe... daßes der Kirche nicht gut thut, wenn sie eine politische Partei mit dem Deck¬
mantel ihrer Autorität jahrelang bekleidet und geschützt hat.


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[0407] Der Friede mit Rom. der Zmtrumskatholiken gegen das unfehlbare apostolische Lehramt zu Tage seit die letzte kirchenpolitischc Vorlage bekannt ^worden ist Es war all^bekannt, daß sie auf einer Verständigung zwischen dem römischen Stuhl und der Preußischen Negierung beruhe; trotzdem wird gegen sie em Feldzug eröffn und in allen ultramontanen Blättern und Gesellenvere.nen gepredigt daß s den kirchlichen Bedürfnissen zu nahe trete. Das Höchste leistet wiederum d Abgeordnete Windthorst und die „Germania"; ersterer, indem er ein Gutachten durch die gesamte Kaplanspresse verbreiten läßt, welches Artikel für Artikel das vom Papst auf seinem eigensten Lehrgebiete gebilligte Werk ver etzert. Die ..Germania" aber trägt in zwei großen Leitartikeln die Ausspruche der radikal n Blätter aller Länder zusammen, um den Nachweis zu führen, daß Leo Xlil immer nur für die Fürsten und gegen die Völker auftrete. Freilich behauptete das fromme Berliner Jesuitenblatt, daß es dies alles nur zusammengetragen habe, um in einem spätern Artikel den Nachweis des Gegenteils zu bringen-- allein über diese Zusage sind Wochen vergangen, und noch ist die Zusage mcyr erfüllt, sodaß auch heute noch die katholische Lesewelt der ..Germama' bloß den Beweis dafür hat. daß Leo XIII. ein Feind der Völker ist. Vergleicht man diese papstfeindlichen Kundgebungen mit der altkatholischen Bewegung no den, Anfang der siebziger Jahre, so erscheint die letztere als harmlos, denn sie be¬ schränkte sich vorzugsweise auf einzelne Kreise von Professoren und gebildeten Laien, sie griff nur das eine Dogma der Unfehlbarkeit heraus, wahrend die jetzige Revolution von allen einflußreichen katholischen Führern ausgegangen ist,denen die Menge wie die Lämmer den ammelnolt. g Obgleich der Papst in dein mehrerwähnten Breve an den Erzbischof von Köln seine Befriedigung abspricht über das. was er für die preußischen Katho¬ liken errungen hat. obgleich er darauf hinweist, daß nunmehr die Katholiken in ungestörter Freiheit ihre kirchlichen Wünsche erfüllen können, tönt kein ^Zort des Dankes von den Lippen des preußischen Episkopats. und die ..Germania sucht eine von angesehenen Laien in Aussicht genommene Dankadresse an den Papst durch schnöden Spott herabzusetzen und zu verhindern. Der Wunsch Leos XIII., daß die deutschen Katholiken um Papste ihr Oberhaupt verehren sollen, enthält eine ernste Mahnung. Der Kulturkampf hat eine Richtung in der katholischen Kirche gezeitigt, die lange Zeit latent war sie will das ..Papsttum absolut, wenn es ihren Willen thut," ist aber weit davon entfernt, sich seinen Entscheidungen zu unterwerfen, wenn diese gegen ihre Forderungen ausfallen. Diese Richtung berührt keine Interessen des Staate.-, aber sie greift den Lebensnerv des Katholizismus an. und wie sie der romychen Kurie nicht entgangen ist, wird die letztere ihrerseits vieles thun müssen, um diesen Geist auszutreiben. und vielleicht selbst daraus die Lehre ziehe... daßes der Kirche nicht gut thut, wenn sie eine politische Partei mit dem Deck¬ mantel ihrer Autorität jahrelang bekleidet und geschützt hat.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/407>, abgerufen am 17.09.2024.