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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Joachim Heinrich Lampe als vorkämpfiir^e^co

Man sieht, Campe wußte sich aus dem Übeln Handel klug und geschickt
herauszuziehen, und das unerquickliche Xeniengefecht fand durch seine besonnene
Behandlung der Sache ein leidliches Ende. Schiller urteilte. Campe habe sich
höflich benommen, den Pedanten freilich und die Waschfrau aufs neue bestätigt.
Als ihm aber Campe im folgenden Jahre seinen französischen Bürgerbrief über¬
mittelte, der fünf Jahre lang nicht den Weg zu seinem Empfänger. Ur.
MUvisw Mön-ma, hatte finden können, schickte er ihm am 2. März 1798 em
verbindliches Dankschreiben und schloß mit den Worten: ..Erhalten Sie mir
noch ferner Ihre gütigen Gesinnungen, deren Wert ich zu schätzen weiß und
die ich mit der aufrichtigsten Hochachtung und Verehrung Ihrer manmchfachen
Verdienste erwiedere." . .

"Wie Schiller, so trat auch Goethe von dem Kampfe gegen den Puristen,
den Sprachfeger. wie der Spott ihn nannte, zurück. Andre setzten ihre an¬
griffe fort, und wenn dem einen der Arm erlahmte, so trat wohl em frischer
Rufer im Streit an seine Stelle. Aber auch an Freunden fehlte es nicht.
Männer wie HeynaK, Eschenburg, Gedike. Cludius. Anton. Kindertag. Löwe
Petersen. Rüdiger n.°a. kämpften schon in den "Beiträgen" an seiner Seite und
als erst die Zwingherrschaft der fremden Eroberer den Namen Deutschland aus
der Reihe der europäischen Völkerschaften auszutilgen drohte, da waren es
Fichte. Arndt und der Turnvater Jahr, die gegen die Ausländerei. wie auf
andern Gebieten, so auch auf dem der Sprache laut ihre Stimme erhoben
Mancher aber von den Gefährten. Karl Wilhelm Kolbe (geht. 1836 zu Dessau)
vor allen, hat durch eine größere Besonnenheit, als sie Campe eigen war und
namentlich vorsichtiges Vermeiden geschmackloser Neubildungen der guten Sache
der Sprachreinigung sehr wesentliche Dienste geleistet. Selbst die Gegner ver¬
mochten sich dem Einflüsse der Waschfrau am Eridanus nicht ganz zu entziehen.
Bei Wieland. Goethe und Schiller ist es bereits nachgewiesen, und bei andern
wird es sich noch nachweisen lassen, daß sie nach Campes Auftreten weit mehr
als früher in ihren Schriften die Fremdwörter zu vermeiden gesucht haben.

Campe selbst ging unbeirrt seinen Weg. Sonst ein klug und kühl be¬
rechnender Geschäftsmann, hat er doch mit seinen sprachwissenschaftlichen Werken
keinen Gewinn zu erzielen versucht; ja als er die Herausgabe seines großen
Wörterbuches unternahm, war es ihm nicht verborgen, daß er einen beträcht¬
lichen Teil seines Vermögens dabei aufs Spiel setzen würde. Nur eine von
wahrhaft vaterländischer Gesinnung getragene Begeisterung für die Wurde und
Reinheit der Muttersprache vermag bei ihm eine solche Handlungsweise zu
erklären. Eine besondre Vorliebe wendete er dem Verdeutschungswörterbuche
zu. In der Vorrede zu der zweiten Auflage desselben durfte er sagen: "Seit
dreizehn Jahren, da dieses Werk zum ersten male erschien, habe ich nicht auf¬
gehört, an seiner Vervollkommnung zu arbeiten. Es lag seit jener Zeit immer
ein durchschossener Abdruck desselben auf meinem Arbeitstische, um sofort auf-


Joachim Heinrich Lampe als vorkämpfiir^e^co

Man sieht, Campe wußte sich aus dem Übeln Handel klug und geschickt
herauszuziehen, und das unerquickliche Xeniengefecht fand durch seine besonnene
Behandlung der Sache ein leidliches Ende. Schiller urteilte. Campe habe sich
höflich benommen, den Pedanten freilich und die Waschfrau aufs neue bestätigt.
Als ihm aber Campe im folgenden Jahre seinen französischen Bürgerbrief über¬
mittelte, der fünf Jahre lang nicht den Weg zu seinem Empfänger. Ur.
MUvisw Mön-ma, hatte finden können, schickte er ihm am 2. März 1798 em
verbindliches Dankschreiben und schloß mit den Worten: ..Erhalten Sie mir
noch ferner Ihre gütigen Gesinnungen, deren Wert ich zu schätzen weiß und
die ich mit der aufrichtigsten Hochachtung und Verehrung Ihrer manmchfachen
Verdienste erwiedere." . .

„Wie Schiller, so trat auch Goethe von dem Kampfe gegen den Puristen,
den Sprachfeger. wie der Spott ihn nannte, zurück. Andre setzten ihre an¬
griffe fort, und wenn dem einen der Arm erlahmte, so trat wohl em frischer
Rufer im Streit an seine Stelle. Aber auch an Freunden fehlte es nicht.
Männer wie HeynaK, Eschenburg, Gedike. Cludius. Anton. Kindertag. Löwe
Petersen. Rüdiger n.°a. kämpften schon in den „Beiträgen" an seiner Seite und
als erst die Zwingherrschaft der fremden Eroberer den Namen Deutschland aus
der Reihe der europäischen Völkerschaften auszutilgen drohte, da waren es
Fichte. Arndt und der Turnvater Jahr, die gegen die Ausländerei. wie auf
andern Gebieten, so auch auf dem der Sprache laut ihre Stimme erhoben
Mancher aber von den Gefährten. Karl Wilhelm Kolbe (geht. 1836 zu Dessau)
vor allen, hat durch eine größere Besonnenheit, als sie Campe eigen war und
namentlich vorsichtiges Vermeiden geschmackloser Neubildungen der guten Sache
der Sprachreinigung sehr wesentliche Dienste geleistet. Selbst die Gegner ver¬
mochten sich dem Einflüsse der Waschfrau am Eridanus nicht ganz zu entziehen.
Bei Wieland. Goethe und Schiller ist es bereits nachgewiesen, und bei andern
wird es sich noch nachweisen lassen, daß sie nach Campes Auftreten weit mehr
als früher in ihren Schriften die Fremdwörter zu vermeiden gesucht haben.

Campe selbst ging unbeirrt seinen Weg. Sonst ein klug und kühl be¬
rechnender Geschäftsmann, hat er doch mit seinen sprachwissenschaftlichen Werken
keinen Gewinn zu erzielen versucht; ja als er die Herausgabe seines großen
Wörterbuches unternahm, war es ihm nicht verborgen, daß er einen beträcht¬
lichen Teil seines Vermögens dabei aufs Spiel setzen würde. Nur eine von
wahrhaft vaterländischer Gesinnung getragene Begeisterung für die Wurde und
Reinheit der Muttersprache vermag bei ihm eine solche Handlungsweise zu
erklären. Eine besondre Vorliebe wendete er dem Verdeutschungswörterbuche
zu. In der Vorrede zu der zweiten Auflage desselben durfte er sagen: „Seit
dreizehn Jahren, da dieses Werk zum ersten male erschien, habe ich nicht auf¬
gehört, an seiner Vervollkommnung zu arbeiten. Es lag seit jener Zeit immer
ein durchschossener Abdruck desselben auf meinem Arbeitstische, um sofort auf-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/379>, abgerufen am 17.09.2024.