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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums.

Christenvolk so müde ist. Ich fürchte darum, eine Predigt von der Gottheit
Christi, die auch nur ein dogmatisches Objekt ist. auch wenn diese Predigt nachdem angegebenen Schema gemacht ist. bietet Steine und acht Brot Gerade
die Langeweile, von der der Verfasser sagt, sie sei die Gefahr unendlich vieler
Predigten, wird im Gefolge solcher Predigt einherschleichen.

Also auch in der praktischen Theologie, dem für den Verfasser wichtigsten
Studienfelde, ist nicht zu reformiren. Meint man als Inhalt derselben die Be¬
handlung dessen, was zur Pastoralen Technik gehört, so lehrt d.e Praxis alle
derartigen Dinge am besten; meint man die Anweisung für den Dienst am
Wort, so ist hier das theologische Seminar für Homiletik und Äatechetck das
richtige, wo der Student sich selbst versuchen muß. Aber auch hier werden
nur Winke und Hinweise. Vormachen des Tüchtigen und Richtigen, vo
Warnungen vor dem oder jenem falschen Griffe, den der Student in seiner
Predigt gethan hat. zu geben sein. Umlernen läßt si^ schwach auch se .
Predigen, wie für alle produktive Thätigkeit, nichts. Auch da he-ße e.: ,.Wu
ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen." Predigen de.ße die Kunst zu
leben lehren, die die größte ist. Das ist mehr oder weniger immer em pro¬
phetischer Beruf, und alle Wissenschaft ist für ihn nur einleitend

Durch das Gesagte glaube ich nun meine Meinung gründet zu hab n^die dahin geht: Die alt- und neutestamentliche Exegese muß w.e do er
Grundlage aller theologischen Bildung bleibe", als die Grundlage alle Kund
v°n Christus und darum auch aller christlichen Verkündigung Aus dem ^ni
^r Schrift, und zwar dem bleibenden Inhalt, dem Wort G°t f. un an^ e
Jdeenleben der Gegenwart, in den. der Prediger "is wissenschaftlich ^l'edlen aufgewachsen und genährt worden ist. "wß die Predigt ge^Fehlt eine von diesen beiden Seiten, so ist die P^-ge ver edle T.n
Predigt verfehlt i ren Zweck, die nicht für die Verhältnisse Gege o
wirksam gemacht worden ist. und christlich wird sie nur dann d ß sie s d
Quelle alles christlichen Erkennens. dem neuen Testamente Schopf Di ^gaugenheit darf kein Prediger mit Geringschätzung behandeln D.e P.etat
um gut Teil alles reUgiösen Empfindens, weshalb die Reügwue e ^ in
Kulturvölker der alten Welt die Verehrung der Ahnen als einen hre Grün
Pfeiler enthalten. Pietät bezieht sich auf das Gute, was vor uns w^ in
Mit dem wir noch verbunden sind. Es war der große Fehler des ^all°"al^mus. daß er die Achtung vor der Vergangenheit nicht "unde d e
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bewahrt. In der Predigt soll darum auch die ^ache b.b
s°it sie die Farbe der religiösen Poesie nicht verwischen Gerade du et Bewa ruug
der biblischlpoetischen Rede kann der Prediger auch d^eiligen w r Zuhörer
die noch ans dem naiven Glaubensstandpunkte beharren, ^ ^°und, sofern er das Bedürfnis fühlt, zugleich aufzuklären. Vorkommendenfalls


Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums.

Christenvolk so müde ist. Ich fürchte darum, eine Predigt von der Gottheit
Christi, die auch nur ein dogmatisches Objekt ist. auch wenn diese Predigt nachdem angegebenen Schema gemacht ist. bietet Steine und acht Brot Gerade
die Langeweile, von der der Verfasser sagt, sie sei die Gefahr unendlich vieler
Predigten, wird im Gefolge solcher Predigt einherschleichen.

Also auch in der praktischen Theologie, dem für den Verfasser wichtigsten
Studienfelde, ist nicht zu reformiren. Meint man als Inhalt derselben die Be¬
handlung dessen, was zur Pastoralen Technik gehört, so lehrt d.e Praxis alle
derartigen Dinge am besten; meint man die Anweisung für den Dienst am
Wort, so ist hier das theologische Seminar für Homiletik und Äatechetck das
richtige, wo der Student sich selbst versuchen muß. Aber auch hier werden
nur Winke und Hinweise. Vormachen des Tüchtigen und Richtigen, vo
Warnungen vor dem oder jenem falschen Griffe, den der Student in seiner
Predigt gethan hat. zu geben sein. Umlernen läßt si^ schwach auch se .
Predigen, wie für alle produktive Thätigkeit, nichts. Auch da he-ße e.: ,.Wu
ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen." Predigen de.ße die Kunst zu
leben lehren, die die größte ist. Das ist mehr oder weniger immer em pro¬
phetischer Beruf, und alle Wissenschaft ist für ihn nur einleitend

Durch das Gesagte glaube ich nun meine Meinung gründet zu hab n^die dahin geht: Die alt- und neutestamentliche Exegese muß w.e do er
Grundlage aller theologischen Bildung bleibe», als die Grundlage alle Kund
v°n Christus und darum auch aller christlichen Verkündigung Aus dem ^ni
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wirksam gemacht worden ist. und christlich wird sie nur dann d ß sie s d
Quelle alles christlichen Erkennens. dem neuen Testamente Schopf Di ^gaugenheit darf kein Prediger mit Geringschätzung behandeln D.e P.etat
um gut Teil alles reUgiösen Empfindens, weshalb die Reügwue e ^ in
Kulturvölker der alten Welt die Verehrung der Ahnen als einen hre Grün
Pfeiler enthalten. Pietät bezieht sich auf das Gute, was vor uns w^ in
Mit dem wir noch verbunden sind. Es war der große Fehler des ^all°«al^mus. daß er die Achtung vor der Vergangenheit nicht «unde d e
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bewahrt. In der Predigt soll darum auch die ^ache b.b
s°it sie die Farbe der religiösen Poesie nicht verwischen Gerade du et Bewa ruug
der biblischlpoetischen Rede kann der Prediger auch d^eiligen w r Zuhörer
die noch ans dem naiven Glaubensstandpunkte beharren, ^ ^°und, sofern er das Bedürfnis fühlt, zugleich aufzuklären. Vorkommendenfalls


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[0263] Noch einmal die Unzulänglichkeit des theologischen Studiums. Christenvolk so müde ist. Ich fürchte darum, eine Predigt von der Gottheit Christi, die auch nur ein dogmatisches Objekt ist. auch wenn diese Predigt nachdem angegebenen Schema gemacht ist. bietet Steine und acht Brot Gerade die Langeweile, von der der Verfasser sagt, sie sei die Gefahr unendlich vieler Predigten, wird im Gefolge solcher Predigt einherschleichen. Also auch in der praktischen Theologie, dem für den Verfasser wichtigsten Studienfelde, ist nicht zu reformiren. Meint man als Inhalt derselben die Be¬ handlung dessen, was zur Pastoralen Technik gehört, so lehrt d.e Praxis alle derartigen Dinge am besten; meint man die Anweisung für den Dienst am Wort, so ist hier das theologische Seminar für Homiletik und Äatechetck das richtige, wo der Student sich selbst versuchen muß. Aber auch hier werden nur Winke und Hinweise. Vormachen des Tüchtigen und Richtigen, vo Warnungen vor dem oder jenem falschen Griffe, den der Student in seiner Predigt gethan hat. zu geben sein. Umlernen läßt si^ schwach auch se . Predigen, wie für alle produktive Thätigkeit, nichts. Auch da he-ße e.: ,.Wu ihr's nicht fühlt, ihr werdet's nicht erjagen." Predigen de.ße die Kunst zu leben lehren, die die größte ist. Das ist mehr oder weniger immer em pro¬ phetischer Beruf, und alle Wissenschaft ist für ihn nur einleitend Durch das Gesagte glaube ich nun meine Meinung gründet zu hab n^die dahin geht: Die alt- und neutestamentliche Exegese muß w.e do er Grundlage aller theologischen Bildung bleibe», als die Grundlage alle Kund v°n Christus und darum auch aller christlichen Verkündigung Aus dem ^ni ^r Schrift, und zwar dem bleibenden Inhalt, dem Wort G°t f. un an^ e Jdeenleben der Gegenwart, in den. der Prediger "is wissenschaftlich ^l'edlen aufgewachsen und genährt worden ist. «wß die Predigt ge^Fehlt eine von diesen beiden Seiten, so ist die P^-ge ver edle T.n Predigt verfehlt i ren Zweck, die nicht für die Verhältnisse Gege o wirksam gemacht worden ist. und christlich wird sie nur dann d ß sie s d Quelle alles christlichen Erkennens. dem neuen Testamente Schopf Di ^gaugenheit darf kein Prediger mit Geringschätzung behandeln D.e P.etat um gut Teil alles reUgiösen Empfindens, weshalb die Reügwue e ^ in Kulturvölker der alten Welt die Verehrung der Ahnen als einen hre Grün Pfeiler enthalten. Pietät bezieht sich auf das Gute, was vor uns w^ in Mit dem wir noch verbunden sind. Es war der große Fehler des ^all°«al^mus. daß er die Achtung vor der Vergangenheit nicht «unde d e öiösen Gemüt doch ° eigen ist. daß es sie sogar ^r ehren Tamm in^es bewahrt. In der Predigt soll darum auch die ^ache b.b s°it sie die Farbe der religiösen Poesie nicht verwischen Gerade du et Bewa ruug der biblischlpoetischen Rede kann der Prediger auch d^eiligen w r Zuhörer die noch ans dem naiven Glaubensstandpunkte beharren, ^ ^°und, sofern er das Bedürfnis fühlt, zugleich aufzuklären. Vorkommendenfalls

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/263>, abgerufen am 17.09.2024.