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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die neue Bewegung für die Doppelwährung.

früheren Jahren. Auch wenn er das Gut selbst verkauft und dafür wegen
Steigerung des Geldwertes weniger erhält, als er früher dafür gegeben hat,
würde er doch in diesem niedern Preis gleichen Wert besitzen. Allerdings,
wenn er früher sein Geld nicht zum Gutsankauf verwendet, sondern in den
Kasten gelegt oder ausgeliehen hätte, so würde er bei Wertsteigerung des Geldes
in der unverändert gebliebenen Geldsumme einen Gewinn gemacht haben. Dieser
Gewinn wäre ihm durch den Gutskauf entgangen. Aber ein entgangcner Gewinn
ist noch kein Verlust.

Einen wirklichen Schaden durch die Steigerung des Geldwertes -- die
wir ja, wie wir hier nochmals ausdrücklich betonen wollen, immer nur als
eine Hypothese unsrer Betrachtung zu Grunde legen --, würden nur diejenigen
erleiden, welche in früherer Zeit Schulden eingegangen wären, die sie jetzt in
unverminderten Geldbetrage zu lösen hätten. Sie müßten in der That an
Wert mehr bezahlen, als sie empfangen hätten. Wenn daher unsre Bimetal-
listen zwar nicht für den Grundbesitz im allgemeinen, wohl aber für den ver¬
schuldeten Grundbesitz aufträten und erklärten, diesem letztern durch Wiederein¬
führung der Silberwährung seine Lage erleichtern zu wollen, so würde in dieser
Richtung das von ihnen ins Auge gefaßte Ziel kein ganz leeres sein.

Nun fragt es sich aber, wie denn das für diesen Zweck angestrebte Mittel
beschaffen ist, und ob dieses Mittel vom Standpunkte der Gesamtinteressen für
unverfänglich und unschuldig gehalten werden könne? Das Mittel soll also
in Einführung der Doppelwährung bestehen. Neben dem Golde soll auch Silber
als Geld geprägt werden und als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Und zwar
soll diese Prügung freigegeben werden, d. h. es soll jeder das Recht haben,
Silber zur Münze zu bringen und dafür Geld in gleichem Betrage (unter Ab¬
zug eines geringen Schlagschatzes) einzutauschen.

Dadurch würde zunächst, der jetzt angenommenen Minderung des Geld-
bestandcs gegenüber, voraussichtlich eine Vermehrung des Geldbestandes ein¬
treten, welche über das, was früher bestanden hat, weit hinaufginge. Früher
haben die meisten Länder nur eine Währung gehabt, Silber oder Gold. Nun
würden beide Metalle in freier Prägung zusammenfließen und den Geldbestand
verdoppeln. Dazu kommt, daß seit Ende der sechziger Jahre durch Erschließung
der Bergwerke Nordamerikas sich die Silbererzeugung gewaltig vermehrt hat.
Während in den Jahren 1851--1860 alljährlich im Durchschnitt 895000 Kilo
Silber gewonnen wurden, wurden im Jahre 1832 2 634000 Kilo gewonnen.
Auch in den Banken haben sich seitdem ungeheure Vorräte an Silber aufge¬
häuft. Alle diese Massen würden sich voraussichtlich in die Münzstätten der
bimetallistischen Staaten ergießen. Kein Zweifel, daß dadurch eine Über¬
schwemmung mit Zahlmitteln herbeigeführt werden würde, welche alle bis¬
herigen Geldmengen hinter sich ließe. Alle die Nachteile, welche jetzt an die
angenommene Verminderung des Geldbestandes geknüpft werden, würden sich


Die neue Bewegung für die Doppelwährung.

früheren Jahren. Auch wenn er das Gut selbst verkauft und dafür wegen
Steigerung des Geldwertes weniger erhält, als er früher dafür gegeben hat,
würde er doch in diesem niedern Preis gleichen Wert besitzen. Allerdings,
wenn er früher sein Geld nicht zum Gutsankauf verwendet, sondern in den
Kasten gelegt oder ausgeliehen hätte, so würde er bei Wertsteigerung des Geldes
in der unverändert gebliebenen Geldsumme einen Gewinn gemacht haben. Dieser
Gewinn wäre ihm durch den Gutskauf entgangen. Aber ein entgangcner Gewinn
ist noch kein Verlust.

Einen wirklichen Schaden durch die Steigerung des Geldwertes — die
wir ja, wie wir hier nochmals ausdrücklich betonen wollen, immer nur als
eine Hypothese unsrer Betrachtung zu Grunde legen —, würden nur diejenigen
erleiden, welche in früherer Zeit Schulden eingegangen wären, die sie jetzt in
unverminderten Geldbetrage zu lösen hätten. Sie müßten in der That an
Wert mehr bezahlen, als sie empfangen hätten. Wenn daher unsre Bimetal-
listen zwar nicht für den Grundbesitz im allgemeinen, wohl aber für den ver¬
schuldeten Grundbesitz aufträten und erklärten, diesem letztern durch Wiederein¬
führung der Silberwährung seine Lage erleichtern zu wollen, so würde in dieser
Richtung das von ihnen ins Auge gefaßte Ziel kein ganz leeres sein.

Nun fragt es sich aber, wie denn das für diesen Zweck angestrebte Mittel
beschaffen ist, und ob dieses Mittel vom Standpunkte der Gesamtinteressen für
unverfänglich und unschuldig gehalten werden könne? Das Mittel soll also
in Einführung der Doppelwährung bestehen. Neben dem Golde soll auch Silber
als Geld geprägt werden und als gesetzliches Zahlungsmittel gelten. Und zwar
soll diese Prügung freigegeben werden, d. h. es soll jeder das Recht haben,
Silber zur Münze zu bringen und dafür Geld in gleichem Betrage (unter Ab¬
zug eines geringen Schlagschatzes) einzutauschen.

Dadurch würde zunächst, der jetzt angenommenen Minderung des Geld-
bestandcs gegenüber, voraussichtlich eine Vermehrung des Geldbestandes ein¬
treten, welche über das, was früher bestanden hat, weit hinaufginge. Früher
haben die meisten Länder nur eine Währung gehabt, Silber oder Gold. Nun
würden beide Metalle in freier Prägung zusammenfließen und den Geldbestand
verdoppeln. Dazu kommt, daß seit Ende der sechziger Jahre durch Erschließung
der Bergwerke Nordamerikas sich die Silbererzeugung gewaltig vermehrt hat.
Während in den Jahren 1851—1860 alljährlich im Durchschnitt 895000 Kilo
Silber gewonnen wurden, wurden im Jahre 1832 2 634000 Kilo gewonnen.
Auch in den Banken haben sich seitdem ungeheure Vorräte an Silber aufge¬
häuft. Alle diese Massen würden sich voraussichtlich in die Münzstätten der
bimetallistischen Staaten ergießen. Kein Zweifel, daß dadurch eine Über¬
schwemmung mit Zahlmitteln herbeigeführt werden würde, welche alle bis¬
herigen Geldmengen hinter sich ließe. Alle die Nachteile, welche jetzt an die
angenommene Verminderung des Geldbestandes geknüpft werden, würden sich


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/24>, abgerufen am 17.09.2024.