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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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allgemeines Aufsehen erregt haben und jetzt -- vorläufig nur teilweise -- in
den Magazinen des Divlletinnsthermen bewundert werden können.

Auch auf dem kapitolinischen Burghügel herrscht jetzt eine rege Bauthätig
keit. Auf dem nach Nordosten sich erstreckenden Teile des Berges werden da,
wo sich im Altertume zum Schutze der heiligen Stätte die alte MX erhob, deren
Neste vor kurzem zu Tage gekommen sind, die Unterbauten für das große
Denkmal hergestellt, das man Italiens erstem Könige errichten will. Die Ita-
liener behaupte", es gebe keinen passenderen Ort, an dem sich das Denkmal in
seiner ganzen Großartigkeit zeigen würde, dabei keinen, der wegen seiner geschicht¬
lichen Bedeutung in dem Grade die Bestimmung habe, das Andenken des Königs-
Bcfreiers zu verewigen, wie das Kapitol. Ob man einen andern Platz hätte
finden können -- z. B. die Piazza dell' Jndipendenza --, dies zu erörtern, scheint
jetzt überflüssig; jedenfalls haben die Erfahrungen z. B. in Leipzig gelehrt, wie
schwierig es ist, für ein Denkmal von einem außergewöhnlichen Umfange einen
entsprechenden Platz zu finden. Um die monumentale Wirkung des Denkmals
auf dein Kapitol nicht zu beeinträchtigen, um es ganz fo, wie es von den
Künstlern gedacht war, hervortreten zu lassen, hat man an verschiedenen Stellen
alte Gebäude abbrechen, eine Regulirung der Straßen vornehmen müssen. Der
Abbruch betrifft einen Teil des Klosters der Franziskaner-Minoriten, das an
die Kirche Santa Maria in Araeoeli anstößt. Die Kirche selbst bleibt in ihrem
ganzen Umfange erhalten und es war deshalb überflüssig, von dem "Wanda¬
lismus" zu sprechen, den man begehen würde, wenn man eine der ältesten (?)
und ehrwürdigsten Kirchen abbräche. Weiter füllt im Norden und Osten des
neuen Denkmals eine Reihe alter Häuser, an deren Erhaltung nichts gelegen
ist. Zu bedauern ist es dagegen, daß der aus dem siebzehnten Jahrhundert
stammende, von Fontcina erbaute Palazzo Bolognetti (jetzt Torlonia), noch
mehr, daß ein Teil des nach Osten an den Palazzo Venezia sich anschließenden so¬
genannten Palazzetto, diese beiden im Besitze der österreichischen Regierung, ab¬
gebrochen werden muß. An dieser Thatsache ist nichts zu ändern; inwieweit
sie notwendig war, um das neue Denkmal zur vollen Wirkung zu bringen, bleibt
abzuwarten.

Wie in dem Innern der Stadt, so wird auch in den Vorstädten -- wenn
man mit diesem Namen die teilweise an der aurelicmischen Mauer liegenden
oder erstehenden Hciuserviertcl bezeichnen will -- überall gegraben und gebaut.
Die Häuser schießen wie Pilze aus der Erde heraus, im Äußern meist ohne
jeden architektonischen Schmuck, das eine dem andern gleichend, große fünf- und
sechsstöckige Mietkasernen, die nur die Bestimmung haben, der Frage des augen¬
blicklichen Wohnungsbedürfnisscs eine möglichst praktische und schnelle Lösung
zu verschaffen. Das ist ein Zeichen der Zeit. "Rom ist nicht an einem Tage
erbaut worden"; warum also jetzt die fieberhafte Hast, die, wie sie an und für
sich schon krankhafter Natur ist, in der Folgezeit für die Sicherheit des an-


allgemeines Aufsehen erregt haben und jetzt — vorläufig nur teilweise — in
den Magazinen des Divlletinnsthermen bewundert werden können.

Auch auf dem kapitolinischen Burghügel herrscht jetzt eine rege Bauthätig
keit. Auf dem nach Nordosten sich erstreckenden Teile des Berges werden da,
wo sich im Altertume zum Schutze der heiligen Stätte die alte MX erhob, deren
Neste vor kurzem zu Tage gekommen sind, die Unterbauten für das große
Denkmal hergestellt, das man Italiens erstem Könige errichten will. Die Ita-
liener behaupte«, es gebe keinen passenderen Ort, an dem sich das Denkmal in
seiner ganzen Großartigkeit zeigen würde, dabei keinen, der wegen seiner geschicht¬
lichen Bedeutung in dem Grade die Bestimmung habe, das Andenken des Königs-
Bcfreiers zu verewigen, wie das Kapitol. Ob man einen andern Platz hätte
finden können — z. B. die Piazza dell' Jndipendenza —, dies zu erörtern, scheint
jetzt überflüssig; jedenfalls haben die Erfahrungen z. B. in Leipzig gelehrt, wie
schwierig es ist, für ein Denkmal von einem außergewöhnlichen Umfange einen
entsprechenden Platz zu finden. Um die monumentale Wirkung des Denkmals
auf dein Kapitol nicht zu beeinträchtigen, um es ganz fo, wie es von den
Künstlern gedacht war, hervortreten zu lassen, hat man an verschiedenen Stellen
alte Gebäude abbrechen, eine Regulirung der Straßen vornehmen müssen. Der
Abbruch betrifft einen Teil des Klosters der Franziskaner-Minoriten, das an
die Kirche Santa Maria in Araeoeli anstößt. Die Kirche selbst bleibt in ihrem
ganzen Umfange erhalten und es war deshalb überflüssig, von dem „Wanda¬
lismus" zu sprechen, den man begehen würde, wenn man eine der ältesten (?)
und ehrwürdigsten Kirchen abbräche. Weiter füllt im Norden und Osten des
neuen Denkmals eine Reihe alter Häuser, an deren Erhaltung nichts gelegen
ist. Zu bedauern ist es dagegen, daß der aus dem siebzehnten Jahrhundert
stammende, von Fontcina erbaute Palazzo Bolognetti (jetzt Torlonia), noch
mehr, daß ein Teil des nach Osten an den Palazzo Venezia sich anschließenden so¬
genannten Palazzetto, diese beiden im Besitze der österreichischen Regierung, ab¬
gebrochen werden muß. An dieser Thatsache ist nichts zu ändern; inwieweit
sie notwendig war, um das neue Denkmal zur vollen Wirkung zu bringen, bleibt
abzuwarten.

Wie in dem Innern der Stadt, so wird auch in den Vorstädten — wenn
man mit diesem Namen die teilweise an der aurelicmischen Mauer liegenden
oder erstehenden Hciuserviertcl bezeichnen will — überall gegraben und gebaut.
Die Häuser schießen wie Pilze aus der Erde heraus, im Äußern meist ohne
jeden architektonischen Schmuck, das eine dem andern gleichend, große fünf- und
sechsstöckige Mietkasernen, die nur die Bestimmung haben, der Frage des augen¬
blicklichen Wohnungsbedürfnisscs eine möglichst praktische und schnelle Lösung
zu verschaffen. Das ist ein Zeichen der Zeit. „Rom ist nicht an einem Tage
erbaut worden"; warum also jetzt die fieberhafte Hast, die, wie sie an und für
sich schon krankhafter Natur ist, in der Folgezeit für die Sicherheit des an-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/380>, abgerufen am 22.07.2024.