Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Die Alchemie. siebzehnten Jahrhunderts) auch zu wahrheitsliebend war, um unter den Al¬ Die Alchemie. siebzehnten Jahrhunderts) auch zu wahrheitsliebend war, um unter den Al¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0226" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201655"/> <fw type="header" place="top"> Die Alchemie.</fw><lb/> <p xml:id="ID_527" prev="#ID_526" next="#ID_528"> siebzehnten Jahrhunderts) auch zu wahrheitsliebend war, um unter den Al¬<lb/> chemisten glänzen zu wollen, verschmähte er es doch nicht, Titel von Büchern<lb/> und dergleichen so zu fassen, daß ein Anstoß bei den Alchemisten vermieden<lb/> wurde, und gelegentlich durchblicken zu lassen, daß er wohl Großes verrichten<lb/> konnte, wenn er nicht durch heilige Verpflichtungen daran verhindert wäre. In<lb/> der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts erhebt sich die Chemie zu der<lb/> Erkenntnis, daß sie nicht im Interesse der Metallveredlung oder der Heilkunde,<lb/> sondern als ein Zweig der um ihrer selbst willen zu pflegenden Naturwissenschaft<lb/> betriebe,? werden müsse. Der erste Vertreter dieser neuen Anschauung war<lb/> Bohle. Aber aus der Theorie, daß die Verschiedenheit der Körper auf die un¬<lb/> gleiche Größe und Form, die Lagerung, die Ruhe oder Bewegung der kleinsten<lb/> Teile zurückzuführen sei, läßt er doch wieder die Möglichkeit hervorgehen, daß<lb/> aus einem Metall ein andres werde. In Frankreich ist gegen Ende des sieb¬<lb/> zehnten Jahrhunderts Homberg, der Hofalchemist des Herzogs Philipp II. von<lb/> Orleans, zu erwähnen. Kuratel, in gleicher Stellung bei unserm großen Kur¬<lb/> fürsten und später bei König Karl XI. von Schweden, glaubte fest an die<lb/> Wahrhaftigkeit der Alchemie, konnte selbst aber nichts erkleckliches darin zu stände<lb/> bringen. Umsomehr leistete er auf Anregung des großen Kurfürsten in der<lb/> Glasfabrikation (der Phosphor, ebenfalls eine Nebenfrucht alchemistischer Studien,<lb/> wurde nicht von ihm gefunden, wie man lange geglaubt hat, sondern war schon<lb/> vorher entdeckt worden, und zwar von dem Alchemisten Brand in Hamburg).<lb/> Zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts finden wir Stahl, den Vater der<lb/> Phlogistontheorie, als königlichen Leibarzt in Berlin. Er urteilte anfänglich<lb/> günstig über Alchemie, wurde jedoch später zurückhaltender. „Übrigens — schreibt<lb/> er — möchte wohl gethan seyn, wenn man bei Herausgebung des zweiten<lb/> Teiles ^nämlich eines von Junker geschriebenen Lehrbuches, welches wesentlich<lb/> Stahls Ansichten wiedergab) die Namen andrer Autoren sonderlich deshalb<lb/> exprimirte, damit nicht bloß xroxrisr, g.ut>0ritg.diz vorgeschrieben oder doch kon-<lb/> firmiret schien, was nachgehends ixsis vxxöriinöiitls nicht wahr befunden wird,<lb/> als wodurch fast insgemein in slolrlurivis viele mit Gewalt leichtgläubige Leute<lb/> dergestalt in Schaden verleitet werden, daß sie in so bekräftigter Hofnung<lb/> vollends alles dran setzen, und vielfältigen Exempeln nach in gänzlichen Rinn<lb/> verfallen. Wobey ich wohl leyden könnte, wenn selbst namhaft gemacht<lb/> würde, wie ich in dein alten (üollvgio obwrioo von anno 1684, so letzthin<lb/> von Herrn I^le. Carln ediret, in meinem banalen 25. Jahre noch nicht so<lb/> vollkommen von aller dergleichen Leichtgläubigkeit frey gewesen, wiewohl auch<lb/> manches nicht gantz vergebens oder falsch seyn dürfte, wenn es bloß -ni perl-<lb/> en-tgin xll^8log.in invvni«zu<1g,in untersuchet, nicht aber auf die thörichte trcms-<lb/> eendental-Hofnung oder Einbildung der Goldmacherey angewendet würde."<lb/> Noch ein Zeitgenosse Stahls, der berühmte Arzt Boerhaave, sprach sich in al¬<lb/> chemistischem Sinne aus, aber mit ihm schließt auch die lauge Reihe der ehe-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0226]
Die Alchemie.
siebzehnten Jahrhunderts) auch zu wahrheitsliebend war, um unter den Al¬
chemisten glänzen zu wollen, verschmähte er es doch nicht, Titel von Büchern
und dergleichen so zu fassen, daß ein Anstoß bei den Alchemisten vermieden
wurde, und gelegentlich durchblicken zu lassen, daß er wohl Großes verrichten
konnte, wenn er nicht durch heilige Verpflichtungen daran verhindert wäre. In
der zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts erhebt sich die Chemie zu der
Erkenntnis, daß sie nicht im Interesse der Metallveredlung oder der Heilkunde,
sondern als ein Zweig der um ihrer selbst willen zu pflegenden Naturwissenschaft
betriebe,? werden müsse. Der erste Vertreter dieser neuen Anschauung war
Bohle. Aber aus der Theorie, daß die Verschiedenheit der Körper auf die un¬
gleiche Größe und Form, die Lagerung, die Ruhe oder Bewegung der kleinsten
Teile zurückzuführen sei, läßt er doch wieder die Möglichkeit hervorgehen, daß
aus einem Metall ein andres werde. In Frankreich ist gegen Ende des sieb¬
zehnten Jahrhunderts Homberg, der Hofalchemist des Herzogs Philipp II. von
Orleans, zu erwähnen. Kuratel, in gleicher Stellung bei unserm großen Kur¬
fürsten und später bei König Karl XI. von Schweden, glaubte fest an die
Wahrhaftigkeit der Alchemie, konnte selbst aber nichts erkleckliches darin zu stände
bringen. Umsomehr leistete er auf Anregung des großen Kurfürsten in der
Glasfabrikation (der Phosphor, ebenfalls eine Nebenfrucht alchemistischer Studien,
wurde nicht von ihm gefunden, wie man lange geglaubt hat, sondern war schon
vorher entdeckt worden, und zwar von dem Alchemisten Brand in Hamburg).
Zu Anfange des achtzehnten Jahrhunderts finden wir Stahl, den Vater der
Phlogistontheorie, als königlichen Leibarzt in Berlin. Er urteilte anfänglich
günstig über Alchemie, wurde jedoch später zurückhaltender. „Übrigens — schreibt
er — möchte wohl gethan seyn, wenn man bei Herausgebung des zweiten
Teiles ^nämlich eines von Junker geschriebenen Lehrbuches, welches wesentlich
Stahls Ansichten wiedergab) die Namen andrer Autoren sonderlich deshalb
exprimirte, damit nicht bloß xroxrisr, g.ut>0ritg.diz vorgeschrieben oder doch kon-
firmiret schien, was nachgehends ixsis vxxöriinöiitls nicht wahr befunden wird,
als wodurch fast insgemein in slolrlurivis viele mit Gewalt leichtgläubige Leute
dergestalt in Schaden verleitet werden, daß sie in so bekräftigter Hofnung
vollends alles dran setzen, und vielfältigen Exempeln nach in gänzlichen Rinn
verfallen. Wobey ich wohl leyden könnte, wenn selbst namhaft gemacht
würde, wie ich in dein alten (üollvgio obwrioo von anno 1684, so letzthin
von Herrn I^le. Carln ediret, in meinem banalen 25. Jahre noch nicht so
vollkommen von aller dergleichen Leichtgläubigkeit frey gewesen, wiewohl auch
manches nicht gantz vergebens oder falsch seyn dürfte, wenn es bloß -ni perl-
en-tgin xll^8log.in invvni«zu<1g,in untersuchet, nicht aber auf die thörichte trcms-
eendental-Hofnung oder Einbildung der Goldmacherey angewendet würde."
Noch ein Zeitgenosse Stahls, der berühmte Arzt Boerhaave, sprach sich in al¬
chemistischem Sinne aus, aber mit ihm schließt auch die lauge Reihe der ehe-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |