Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.Die Weisheit Salomos. as Ringen Paul Heyses um die Palme des Dramatikers ist eine Allein es tritt noch etwas andres, besseres bei Paul Heyses Ringen um Die Weisheit Salomos. as Ringen Paul Heyses um die Palme des Dramatikers ist eine Allein es tritt noch etwas andres, besseres bei Paul Heyses Ringen um <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0475" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201254"/> </div> <div n="1"> <head> Die Weisheit Salomos.</head><lb/> <p xml:id="ID_1487"> as Ringen Paul Heyses um die Palme des Dramatikers ist eine<lb/> der bemerkenswertesten Erscheinungen in unserm literarischen Leben.<lb/> Er begnügt sich nicht mit dem Ruhme, der Liebling unter den<lb/> Novellisten zu sein. Neben seinen Novellen schafft er jahraus<lb/> jahrein dramatische Dichtungen, Trauerspiele, Lustspiele, einaktige<lb/> und mehraktige, die weit weniger Leser finden, die nur vereinzelt aufgeführt<lb/> werden und es nur zu jenem Achtungserfolge bringen, der dem vornehmen Ver¬<lb/> fasser in jedem Falle gebührt; dann verschwinden sie wieder von der theatralischen<lb/> Tagesordnung. Die dramatische Muse ist ihm bisher spröde geblieben, sie hat<lb/> ihm keinen dauernden Erfolg in ihrem Bereiche gegönnt. Und dennoch läßt<lb/> sich Heyse nicht abschrecken, dennoch setzt er all sein Können — und dieses ist<lb/> wahrlich nicht gering — daran, ein gutes Drama von bleibendem Werte zu<lb/> schaffen. Dieses hohe Künstlerstreben, diese ideale Zuversicht in sich selbst muß<lb/> uns Achtung abgewinnen. Wenn für nichts andres, so kann dieses große<lb/> Ringen als ein Zeugnis dafür dienen, daß selbst in unsrer Zeit, wo so viele<lb/> Talente keinem andern als dem goldnen Lohne nachstreben, es doch noch Dichter<lb/> giebt, die mit Hintansetzung jedes andern Vorteils der Kunst und einzig ihr<lb/> allein dienen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1488" next="#ID_1489"> Allein es tritt noch etwas andres, besseres bei Paul Heyses Ringen um<lb/> die Gunst der dramatischen Muse zu Tage: er bewältigt sie doch! Kürzlich<lb/> hat er wieder ein Bändchen seiner dramatischen Dichtungen, das siebzehnte<lb/> in der Reihe, yinausgeschickt: Die Weisheit Salomos, Schauspiel in fünf<lb/> Akten (Berlin, Hertz, 1887). Wenn ihm je ein dramatischer Wurf gelungen ist,<lb/> so ist es dieser. Dieses Schauspiel, so edel in seiner sprachlichen Form, so<lb/> geistreich in seinem Gehalt, so kunstvoll und sicher in seiner Technik, so er¬<lb/> greifend und fesselnd in seiner Wirkung auf jeden verständnisvollen Leser, muß<lb/> wohl die beliebte Einwendung gegen Heyses dramatische Bemühungen verstummen<lb/> machen: es ist keine dramatisirte Novelle, es ist keine psychologische Filigran¬<lb/> arbeit, sondern ein Werk großen Stils. Wenn man auch zuweilen Bedenken<lb/> gegen die Wahrscheinlichkeit einer Figur oder einer Szene haben mag, so find<lb/> das dramatische Pathos und der hinreißende Zug der Handlung doch stark<lb/> genug, den nüchternen Zweifel niederzuschlagen. Mit ungestörter Befriedigung<lb/> genießt man dieses Schauspiel von der Weisheit Salomos, die an der treuen<lb/> Liebe eines natürlichen, unschuldigen Mädchens zu ihrem Hirtenknaben, aller<lb/> mächtigen Versuchung Trotz bietend, ihren Meister gefunden hat. Das schole-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0475]
Die Weisheit Salomos.
as Ringen Paul Heyses um die Palme des Dramatikers ist eine
der bemerkenswertesten Erscheinungen in unserm literarischen Leben.
Er begnügt sich nicht mit dem Ruhme, der Liebling unter den
Novellisten zu sein. Neben seinen Novellen schafft er jahraus
jahrein dramatische Dichtungen, Trauerspiele, Lustspiele, einaktige
und mehraktige, die weit weniger Leser finden, die nur vereinzelt aufgeführt
werden und es nur zu jenem Achtungserfolge bringen, der dem vornehmen Ver¬
fasser in jedem Falle gebührt; dann verschwinden sie wieder von der theatralischen
Tagesordnung. Die dramatische Muse ist ihm bisher spröde geblieben, sie hat
ihm keinen dauernden Erfolg in ihrem Bereiche gegönnt. Und dennoch läßt
sich Heyse nicht abschrecken, dennoch setzt er all sein Können — und dieses ist
wahrlich nicht gering — daran, ein gutes Drama von bleibendem Werte zu
schaffen. Dieses hohe Künstlerstreben, diese ideale Zuversicht in sich selbst muß
uns Achtung abgewinnen. Wenn für nichts andres, so kann dieses große
Ringen als ein Zeugnis dafür dienen, daß selbst in unsrer Zeit, wo so viele
Talente keinem andern als dem goldnen Lohne nachstreben, es doch noch Dichter
giebt, die mit Hintansetzung jedes andern Vorteils der Kunst und einzig ihr
allein dienen.
Allein es tritt noch etwas andres, besseres bei Paul Heyses Ringen um
die Gunst der dramatischen Muse zu Tage: er bewältigt sie doch! Kürzlich
hat er wieder ein Bändchen seiner dramatischen Dichtungen, das siebzehnte
in der Reihe, yinausgeschickt: Die Weisheit Salomos, Schauspiel in fünf
Akten (Berlin, Hertz, 1887). Wenn ihm je ein dramatischer Wurf gelungen ist,
so ist es dieser. Dieses Schauspiel, so edel in seiner sprachlichen Form, so
geistreich in seinem Gehalt, so kunstvoll und sicher in seiner Technik, so er¬
greifend und fesselnd in seiner Wirkung auf jeden verständnisvollen Leser, muß
wohl die beliebte Einwendung gegen Heyses dramatische Bemühungen verstummen
machen: es ist keine dramatisirte Novelle, es ist keine psychologische Filigran¬
arbeit, sondern ein Werk großen Stils. Wenn man auch zuweilen Bedenken
gegen die Wahrscheinlichkeit einer Figur oder einer Szene haben mag, so find
das dramatische Pathos und der hinreißende Zug der Handlung doch stark
genug, den nüchternen Zweifel niederzuschlagen. Mit ungestörter Befriedigung
genießt man dieses Schauspiel von der Weisheit Salomos, die an der treuen
Liebe eines natürlichen, unschuldigen Mädchens zu ihrem Hirtenknaben, aller
mächtigen Versuchung Trotz bietend, ihren Meister gefunden hat. Das schole-
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