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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Leos des Dreizehnte" Anfänge.

Sogleich ziehen sämtliche Kardinäle mir Ausnahme des neuen Papstes,
ihre Baldachine nieder, zum Zeichen, daß ihre Souveränität aufgehört hat.
Der Subdiakon des Kardinalkvlleginms tritt auf Pecei zu und fragt ihn
(natürlich lateinisch, da alle Verhandlungen des Konklaves lateinisch geführt
werden): Nimmst du deine den kanonischen Gesetzen gemäß geschehene Wahl
zum Papst an?

Da Gott will, daß ich Papst sei, so widerspreche ich nicht, erwiedert
Leo XIII.

Welchen Namen beabsichtigst du anzunehmen? fragt der Kardinal ti
Pietro.

Leo XIII., wegen der Verehrung und Dankbarkeit, die ich stets Leo XII.
gewidmet habe, sagt der Papst mit zitternder Stimme, die mehrfach durch
Schluchzen unterbrochen wird.

Um ein Uhr wird der Zeremonienmeister Monsignor Martinucei herein¬
gerufen -- "das Ungeheuer Martinneei," wie ihn Insel nennt, und als welches
er allen Benutzern der Vatikanischen Bibliothek erinnerlich ist, die er als deren
Kustode durch seine Grobheit und Unwissenheit -- er kannte nicht einmal das
griechische Alphabet -- uicht weniger zu ärgern pflegte, als sie Monsignor
San Marzano, Erzbischof von Ephesus in raren)U8 Inlicioliniri, sein Kollege,
dnrch seine Horazzitate und Erzählnnge" aus der Zeit seiner Brüsseler Nun-
tiatur langweilte. Martinneei bekleidete außer seinen beiden sonstigen Ämtern
noch das eines päpstlichen Prvtvnvtars und sollte jetzt einen notariellen Akt
über die erfolgte Wahl aufnehmen. Um zwei Uhr ist diese Formalität erfüllt,
und der Kardinal Borrvmev ruft ans dein Vorzimmer -- der sslg, rsAig, -- die
sogenannten "Kvnklavistcu" Peeeis, das heißt die Diener oder Sekretäre, herein,
die ihm wie den andern Kardinälen die ihrigen ins Konklave gefolgt und mit
ihnen darin eingeschlossen sind, serner Monsignor Lasagni, als Sekretär des
Konklaves, und zwei Zeremonienmeister. Daraus entnehmen die in der sg-ig.
rvAia, zurückbleibenden übrigen Konklavisten, daß Pecei gewählt ist, klatschen in
die Hände und lassen ihn leben, wobei einer von ihnen ausrruft: Der Löwe
vom Stamm Juda hat gesiegt! und seine Gefährten daran erinnert, daß am
20. Februar das Fest des Papstes Leos des Heiligen ist.

Die beiden Kardinaldiakonen Merkel und Consolini ersuchen nun den Papst,
die päpstlichen Gewänder anzulegen, und begleiten ihn zu diesem Zweck in ein
kleines Zimmer neben der Sixtinischen Kapelle. Hier erwarten ihn seine Kon¬
klavisten und die Zeremonienmeister und fallen bei seinem Eintritte auf die
Kniee. Während man ihn umkleidet, bemerkt man, daß die neue Kleidung viel
zu weit und etwas zu kurz ist, sodaß unter der Svutaue die roten -- uicht
abgelegten -- Kardinalsstrümpfe zu sehen sind. Auch das weiße Papstküppchen
ist zu groß; sein Kardinalskcippchen steckt er in die Tasche: man hatte allge¬
mein erwartet, er würde es Monsignor Lasagni aufs Haupt setze".


Leos des Dreizehnte» Anfänge.

Sogleich ziehen sämtliche Kardinäle mir Ausnahme des neuen Papstes,
ihre Baldachine nieder, zum Zeichen, daß ihre Souveränität aufgehört hat.
Der Subdiakon des Kardinalkvlleginms tritt auf Pecei zu und fragt ihn
(natürlich lateinisch, da alle Verhandlungen des Konklaves lateinisch geführt
werden): Nimmst du deine den kanonischen Gesetzen gemäß geschehene Wahl
zum Papst an?

Da Gott will, daß ich Papst sei, so widerspreche ich nicht, erwiedert
Leo XIII.

Welchen Namen beabsichtigst du anzunehmen? fragt der Kardinal ti
Pietro.

Leo XIII., wegen der Verehrung und Dankbarkeit, die ich stets Leo XII.
gewidmet habe, sagt der Papst mit zitternder Stimme, die mehrfach durch
Schluchzen unterbrochen wird.

Um ein Uhr wird der Zeremonienmeister Monsignor Martinucei herein¬
gerufen — „das Ungeheuer Martinneei," wie ihn Insel nennt, und als welches
er allen Benutzern der Vatikanischen Bibliothek erinnerlich ist, die er als deren
Kustode durch seine Grobheit und Unwissenheit — er kannte nicht einmal das
griechische Alphabet — uicht weniger zu ärgern pflegte, als sie Monsignor
San Marzano, Erzbischof von Ephesus in raren)U8 Inlicioliniri, sein Kollege,
dnrch seine Horazzitate und Erzählnnge» aus der Zeit seiner Brüsseler Nun-
tiatur langweilte. Martinneei bekleidete außer seinen beiden sonstigen Ämtern
noch das eines päpstlichen Prvtvnvtars und sollte jetzt einen notariellen Akt
über die erfolgte Wahl aufnehmen. Um zwei Uhr ist diese Formalität erfüllt,
und der Kardinal Borrvmev ruft ans dein Vorzimmer — der sslg, rsAig, — die
sogenannten „Kvnklavistcu" Peeeis, das heißt die Diener oder Sekretäre, herein,
die ihm wie den andern Kardinälen die ihrigen ins Konklave gefolgt und mit
ihnen darin eingeschlossen sind, serner Monsignor Lasagni, als Sekretär des
Konklaves, und zwei Zeremonienmeister. Daraus entnehmen die in der sg-ig.
rvAia, zurückbleibenden übrigen Konklavisten, daß Pecei gewählt ist, klatschen in
die Hände und lassen ihn leben, wobei einer von ihnen ausrruft: Der Löwe
vom Stamm Juda hat gesiegt! und seine Gefährten daran erinnert, daß am
20. Februar das Fest des Papstes Leos des Heiligen ist.

Die beiden Kardinaldiakonen Merkel und Consolini ersuchen nun den Papst,
die päpstlichen Gewänder anzulegen, und begleiten ihn zu diesem Zweck in ein
kleines Zimmer neben der Sixtinischen Kapelle. Hier erwarten ihn seine Kon¬
klavisten und die Zeremonienmeister und fallen bei seinem Eintritte auf die
Kniee. Während man ihn umkleidet, bemerkt man, daß die neue Kleidung viel
zu weit und etwas zu kurz ist, sodaß unter der Svutaue die roten — uicht
abgelegten — Kardinalsstrümpfe zu sehen sind. Auch das weiße Papstküppchen
ist zu groß; sein Kardinalskcippchen steckt er in die Tasche: man hatte allge¬
mein erwartet, er würde es Monsignor Lasagni aufs Haupt setze».


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[0525] Leos des Dreizehnte» Anfänge. Sogleich ziehen sämtliche Kardinäle mir Ausnahme des neuen Papstes, ihre Baldachine nieder, zum Zeichen, daß ihre Souveränität aufgehört hat. Der Subdiakon des Kardinalkvlleginms tritt auf Pecei zu und fragt ihn (natürlich lateinisch, da alle Verhandlungen des Konklaves lateinisch geführt werden): Nimmst du deine den kanonischen Gesetzen gemäß geschehene Wahl zum Papst an? Da Gott will, daß ich Papst sei, so widerspreche ich nicht, erwiedert Leo XIII. Welchen Namen beabsichtigst du anzunehmen? fragt der Kardinal ti Pietro. Leo XIII., wegen der Verehrung und Dankbarkeit, die ich stets Leo XII. gewidmet habe, sagt der Papst mit zitternder Stimme, die mehrfach durch Schluchzen unterbrochen wird. Um ein Uhr wird der Zeremonienmeister Monsignor Martinucei herein¬ gerufen — „das Ungeheuer Martinneei," wie ihn Insel nennt, und als welches er allen Benutzern der Vatikanischen Bibliothek erinnerlich ist, die er als deren Kustode durch seine Grobheit und Unwissenheit — er kannte nicht einmal das griechische Alphabet — uicht weniger zu ärgern pflegte, als sie Monsignor San Marzano, Erzbischof von Ephesus in raren)U8 Inlicioliniri, sein Kollege, dnrch seine Horazzitate und Erzählnnge» aus der Zeit seiner Brüsseler Nun- tiatur langweilte. Martinneei bekleidete außer seinen beiden sonstigen Ämtern noch das eines päpstlichen Prvtvnvtars und sollte jetzt einen notariellen Akt über die erfolgte Wahl aufnehmen. Um zwei Uhr ist diese Formalität erfüllt, und der Kardinal Borrvmev ruft ans dein Vorzimmer — der sslg, rsAig, — die sogenannten „Kvnklavistcu" Peeeis, das heißt die Diener oder Sekretäre, herein, die ihm wie den andern Kardinälen die ihrigen ins Konklave gefolgt und mit ihnen darin eingeschlossen sind, serner Monsignor Lasagni, als Sekretär des Konklaves, und zwei Zeremonienmeister. Daraus entnehmen die in der sg-ig. rvAia, zurückbleibenden übrigen Konklavisten, daß Pecei gewählt ist, klatschen in die Hände und lassen ihn leben, wobei einer von ihnen ausrruft: Der Löwe vom Stamm Juda hat gesiegt! und seine Gefährten daran erinnert, daß am 20. Februar das Fest des Papstes Leos des Heiligen ist. Die beiden Kardinaldiakonen Merkel und Consolini ersuchen nun den Papst, die päpstlichen Gewänder anzulegen, und begleiten ihn zu diesem Zweck in ein kleines Zimmer neben der Sixtinischen Kapelle. Hier erwarten ihn seine Kon¬ klavisten und die Zeremonienmeister und fallen bei seinem Eintritte auf die Kniee. Während man ihn umkleidet, bemerkt man, daß die neue Kleidung viel zu weit und etwas zu kurz ist, sodaß unter der Svutaue die roten — uicht abgelegten — Kardinalsstrümpfe zu sehen sind. Auch das weiße Papstküppchen ist zu groß; sein Kardinalskcippchen steckt er in die Tasche: man hatte allge¬ mein erwartet, er würde es Monsignor Lasagni aufs Haupt setze».

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/525>, abgerufen am 23.12.2024.