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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Toynbeo - Hall.

Reihe von Vorlesungen aus einem einheitlichen Gebiete, z. B. Naturwissenschaft
oder Geschichte, den Schüler zum Ltuäsnt g-Wi-^loci de> tus nQivor8it^. Daß
er die betreffenden Vorlesungen gehört hat, kann er allein durch Vorlegung der
entsprechenden Zeugnisse darthun. Unter dieser Voraussetzung erläßt man ihm,
wenn er später die Universität beziehen sollte, ein Jahr des Studiums, sodaß
er statt nach drei bereits nach zwei Jahren seine Universitätsprüfung bestehen
kann. Indem sich diese <>l'l!linn>>> 8t>nährt"s zu Vereinen zusammenschließen, be¬
sitzen die beiden Universitäten außer ihren vollen Mitgliedern über das ganze
Land ihre zugehörigen Genossen, welche stolz darauf sind, in gewisser Weise
zur alten berühmten Universität zu zählen, und welche deren Interessen stets
vertreten werden. Diese Einrichtung hat daneben den Vorteil, daß sie für den
einzelnen Schüler der Extensionkurse einen Antrieb zu planmäßigem und fort¬
gesetztem Studium abgiebt.

Erreicht nun aber das University-Extension-Movement diejenigen Kreise, für
welche es hauptsächlich bestimmt ist? Eine endgiltige Beantwortung dieser
Frage ist nicht möglich, da erst zehn Jahre der ersten Versuche hinter uns
liegen. Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß folgende Zahlen ein Zeugnis von
der Volkstümlichkeit der Bewegung ablegen. Leider kennen wir statistische An¬
gaben nur von der Universität Cambridge, der als gleichwichtiger Mittelpunkt
des Extension-Movement Oxford zur Seite steht. Von der Universität Cambridge
wurden innerhalb der letzten zehn Jahre sechshundert Kurse veranstaltet, an
welchen im ganzen 60000 Schüler teilnahmen. An den Klassen, welche sich
an die Vorlesung schließen, haben zu eingehender Arbeit 37000 teilgenommen;
von diesen 37 000 haben S000, also 1000 jährlich, die Prüfung bestanden. An
diesen Zahlen sind alle Klassen beteiligt. Man hat Damen aus deu besten
Ständen an den Exteusionvorlesungen teilnehme!, sehen; sie sind auch von
Schülern und jungen Leuten, die die Schule verlassen hatten, zu weiterer Fort¬
bildung besucht worden. Einen nicht unbedeutenden Teil hat der Handelsstand
gestellt. In einzelnen Gegenden, namentlich Jndustriegegenden, ist die Bewegung
weit über den Mittelstand hinausgegangen und hat deu eigentlichen Arbeiter-
stand erreicht. Gerade für die Hebung dieser Klassen ist das Extension-Movemeut
von besondrer Wichtigkeit. Man darf dabei nicht an jene seichte Aufklärung
denken, wie sie bei uns mit Populcirisirung der Wissenschaft, insbesondre der
Naturwissenschaft, leider meist verbunden ist, und deren Einfluß auf die
ungebildeten Klaffen sich als höchst verderblich und zersetzend erwiesen hat. Das
Extension-Movement verfolgt durchaus praktische Zwecke. Es will den unge-
bildeten Mann seine politischen Rechte, mit denen ihn die neuere Gesetzgebung
so reichlich beschenkt hat, begreifen und nach eignem Urteil ausüben lehren; es
will ihm -- und dies ist besonders bei den naturwissenschaftlichen Vorlesungen
der Fall -- technische Kenntnisse für seinen Beruf an die Hand geben oder
ihm für seine Mußestunden, wie durch die Kunstklnssen, Gebiete des Vergnügens


Toynbeo - Hall.

Reihe von Vorlesungen aus einem einheitlichen Gebiete, z. B. Naturwissenschaft
oder Geschichte, den Schüler zum Ltuäsnt g-Wi-^loci de> tus nQivor8it^. Daß
er die betreffenden Vorlesungen gehört hat, kann er allein durch Vorlegung der
entsprechenden Zeugnisse darthun. Unter dieser Voraussetzung erläßt man ihm,
wenn er später die Universität beziehen sollte, ein Jahr des Studiums, sodaß
er statt nach drei bereits nach zwei Jahren seine Universitätsprüfung bestehen
kann. Indem sich diese <>l'l!linn>>> 8t>nährt»s zu Vereinen zusammenschließen, be¬
sitzen die beiden Universitäten außer ihren vollen Mitgliedern über das ganze
Land ihre zugehörigen Genossen, welche stolz darauf sind, in gewisser Weise
zur alten berühmten Universität zu zählen, und welche deren Interessen stets
vertreten werden. Diese Einrichtung hat daneben den Vorteil, daß sie für den
einzelnen Schüler der Extensionkurse einen Antrieb zu planmäßigem und fort¬
gesetztem Studium abgiebt.

Erreicht nun aber das University-Extension-Movement diejenigen Kreise, für
welche es hauptsächlich bestimmt ist? Eine endgiltige Beantwortung dieser
Frage ist nicht möglich, da erst zehn Jahre der ersten Versuche hinter uns
liegen. Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß folgende Zahlen ein Zeugnis von
der Volkstümlichkeit der Bewegung ablegen. Leider kennen wir statistische An¬
gaben nur von der Universität Cambridge, der als gleichwichtiger Mittelpunkt
des Extension-Movement Oxford zur Seite steht. Von der Universität Cambridge
wurden innerhalb der letzten zehn Jahre sechshundert Kurse veranstaltet, an
welchen im ganzen 60000 Schüler teilnahmen. An den Klassen, welche sich
an die Vorlesung schließen, haben zu eingehender Arbeit 37000 teilgenommen;
von diesen 37 000 haben S000, also 1000 jährlich, die Prüfung bestanden. An
diesen Zahlen sind alle Klassen beteiligt. Man hat Damen aus deu besten
Ständen an den Exteusionvorlesungen teilnehme!, sehen; sie sind auch von
Schülern und jungen Leuten, die die Schule verlassen hatten, zu weiterer Fort¬
bildung besucht worden. Einen nicht unbedeutenden Teil hat der Handelsstand
gestellt. In einzelnen Gegenden, namentlich Jndustriegegenden, ist die Bewegung
weit über den Mittelstand hinausgegangen und hat deu eigentlichen Arbeiter-
stand erreicht. Gerade für die Hebung dieser Klassen ist das Extension-Movemeut
von besondrer Wichtigkeit. Man darf dabei nicht an jene seichte Aufklärung
denken, wie sie bei uns mit Populcirisirung der Wissenschaft, insbesondre der
Naturwissenschaft, leider meist verbunden ist, und deren Einfluß auf die
ungebildeten Klaffen sich als höchst verderblich und zersetzend erwiesen hat. Das
Extension-Movement verfolgt durchaus praktische Zwecke. Es will den unge-
bildeten Mann seine politischen Rechte, mit denen ihn die neuere Gesetzgebung
so reichlich beschenkt hat, begreifen und nach eignem Urteil ausüben lehren; es
will ihm — und dies ist besonders bei den naturwissenschaftlichen Vorlesungen
der Fall — technische Kenntnisse für seinen Beruf an die Hand geben oder
ihm für seine Mußestunden, wie durch die Kunstklnssen, Gebiete des Vergnügens


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[0421] Toynbeo - Hall. Reihe von Vorlesungen aus einem einheitlichen Gebiete, z. B. Naturwissenschaft oder Geschichte, den Schüler zum Ltuäsnt g-Wi-^loci de> tus nQivor8it^. Daß er die betreffenden Vorlesungen gehört hat, kann er allein durch Vorlegung der entsprechenden Zeugnisse darthun. Unter dieser Voraussetzung erläßt man ihm, wenn er später die Universität beziehen sollte, ein Jahr des Studiums, sodaß er statt nach drei bereits nach zwei Jahren seine Universitätsprüfung bestehen kann. Indem sich diese <>l'l!linn>>> 8t>nährt»s zu Vereinen zusammenschließen, be¬ sitzen die beiden Universitäten außer ihren vollen Mitgliedern über das ganze Land ihre zugehörigen Genossen, welche stolz darauf sind, in gewisser Weise zur alten berühmten Universität zu zählen, und welche deren Interessen stets vertreten werden. Diese Einrichtung hat daneben den Vorteil, daß sie für den einzelnen Schüler der Extensionkurse einen Antrieb zu planmäßigem und fort¬ gesetztem Studium abgiebt. Erreicht nun aber das University-Extension-Movement diejenigen Kreise, für welche es hauptsächlich bestimmt ist? Eine endgiltige Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich, da erst zehn Jahre der ersten Versuche hinter uns liegen. Trotzdem läßt sich nicht leugnen, daß folgende Zahlen ein Zeugnis von der Volkstümlichkeit der Bewegung ablegen. Leider kennen wir statistische An¬ gaben nur von der Universität Cambridge, der als gleichwichtiger Mittelpunkt des Extension-Movement Oxford zur Seite steht. Von der Universität Cambridge wurden innerhalb der letzten zehn Jahre sechshundert Kurse veranstaltet, an welchen im ganzen 60000 Schüler teilnahmen. An den Klassen, welche sich an die Vorlesung schließen, haben zu eingehender Arbeit 37000 teilgenommen; von diesen 37 000 haben S000, also 1000 jährlich, die Prüfung bestanden. An diesen Zahlen sind alle Klassen beteiligt. Man hat Damen aus deu besten Ständen an den Exteusionvorlesungen teilnehme!, sehen; sie sind auch von Schülern und jungen Leuten, die die Schule verlassen hatten, zu weiterer Fort¬ bildung besucht worden. Einen nicht unbedeutenden Teil hat der Handelsstand gestellt. In einzelnen Gegenden, namentlich Jndustriegegenden, ist die Bewegung weit über den Mittelstand hinausgegangen und hat deu eigentlichen Arbeiter- stand erreicht. Gerade für die Hebung dieser Klassen ist das Extension-Movemeut von besondrer Wichtigkeit. Man darf dabei nicht an jene seichte Aufklärung denken, wie sie bei uns mit Populcirisirung der Wissenschaft, insbesondre der Naturwissenschaft, leider meist verbunden ist, und deren Einfluß auf die ungebildeten Klaffen sich als höchst verderblich und zersetzend erwiesen hat. Das Extension-Movement verfolgt durchaus praktische Zwecke. Es will den unge- bildeten Mann seine politischen Rechte, mit denen ihn die neuere Gesetzgebung so reichlich beschenkt hat, begreifen und nach eignem Urteil ausüben lehren; es will ihm — und dies ist besonders bei den naturwissenschaftlichen Vorlesungen der Fall — technische Kenntnisse für seinen Beruf an die Hand geben oder ihm für seine Mußestunden, wie durch die Kunstklnssen, Gebiete des Vergnügens

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/421>, abgerufen am 03.07.2024.