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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Literatur.

imposante Erscheinung; Fräulein Seelmann eine Pianistin allerersten Ranges, die
überall mit dem denkbar größten Erfolge gespielt hat.

Da die noch unbesetzten Tage fixiren muß, bitte ich um möglichst postwendende
Antwort, und hoffe bestimmt, daß Sie dies seltene Ensemble auch engagiren werde".


Ich begrüße Sie mit der vorzüglichsten Hochachtung und Ergebenheit :e.

Dem zweiten Briefe liegen wirklich "Kritiken und Bilder" bei, nämlich die
Photographien der beiden genannten Damen, jede mitten ans die Vorderseite eines
Druckbogens aufgespannt, während der Rand dieser Seite und die übrigen Seiten
mit Rezensionen über die betreffende angefüllt sind, sodciß die Künstlerinnen wie
von einem Chorus ihrer Lobstimmen umgeben sind.

Ueber diese Kritiken wollen wir hier schweigen; sie sind genau so fade, wie
der größte Teil dieses ganzen Musikgeschwätzes in unsrer Tcigcsprcsse, und immer
ist aus vier Rezensionen die fünfte, aus fttnfen die sechste gemacht. Die Art und
Weise aber, wie die Künstlerinnen in den beiden Briefen angepriesen werden, als ob
es sich um Fleischwaare handle, ist doch eine Schmach. Ob die betreffenden -- richtiger
die betroffenen -- wohl eine Ahnung davon haben, wie man mit ihnen um¬
springt? Geradezu toll ist es, daß Fräulein Leonore Buff sich als "direkter Nach¬
komme" von Goethes Lotte muß ausgeben lassen. Jeder Gebildete weiß, daß
die Nachkommen von Goethes Lotte den Namen Kestner führen.




Literatur.

Ein neues Nvvcllcnbnch von Hans Arnold. Stuttgart, Adolf Bonz und Comp., 188(i.

Es sind kleine Alltagsgcschichten, aber in lebendiger Kürze und mit frischem
Tone vorgetragen, welche dies "neue Novellcnbuch" enthält. Stammen sie, wie
ein gewisses Wohlgefallen an kleinen häuslichen Einzelheiten zu bestätige" scheint,
in der That aus weiblicher Feder, so kauu man "Hans Arnold" wahrlich nicht
unter die neuen "Pretiosen" unsrer Fmnilienzeitungeu rechnen. Weit eher als
eine geschraubte und unwahre Sentimentalität oder eine falsche Geistreichigkcit, findet
sich in diesen kleinen Geschichten eine allzu burschikose Wendung oder auch eine
Trivialität. Doch hilft die Lebhaftigkeit der Erzählung über solche Anstöße hin¬
weg. In den Genrebildern "Die Gesellschaft," "Der gebrauchte Flügel," "Ein
Rendezvous" und "Pauls Geburtstag" werden hübsche Episoden des gewöhnlichen
gesellschaftlichen Treibens mit einem kleinen Abenteuer verknüpft und das Haupt¬
interesse wendet sich deu humoristischen Schilderungen kleinstädtischer Geselligkeit
oder unfreiwilliger Abenteuer braver Menschen zu. In der Novelle "Verzaubert"
walten andre Elemente; der Verfasser oder die Verfasserin entfaltet hier eine Fähig¬
keit, tieferes Leben zu schauen und poetische Stimmungen zu erwecken.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. -- Druck von Carl Marquart in Leipzig.
Literatur.

imposante Erscheinung; Fräulein Seelmann eine Pianistin allerersten Ranges, die
überall mit dem denkbar größten Erfolge gespielt hat.

Da die noch unbesetzten Tage fixiren muß, bitte ich um möglichst postwendende
Antwort, und hoffe bestimmt, daß Sie dies seltene Ensemble auch engagiren werde».


Ich begrüße Sie mit der vorzüglichsten Hochachtung und Ergebenheit :e.

Dem zweiten Briefe liegen wirklich „Kritiken und Bilder" bei, nämlich die
Photographien der beiden genannten Damen, jede mitten ans die Vorderseite eines
Druckbogens aufgespannt, während der Rand dieser Seite und die übrigen Seiten
mit Rezensionen über die betreffende angefüllt sind, sodciß die Künstlerinnen wie
von einem Chorus ihrer Lobstimmen umgeben sind.

Ueber diese Kritiken wollen wir hier schweigen; sie sind genau so fade, wie
der größte Teil dieses ganzen Musikgeschwätzes in unsrer Tcigcsprcsse, und immer
ist aus vier Rezensionen die fünfte, aus fttnfen die sechste gemacht. Die Art und
Weise aber, wie die Künstlerinnen in den beiden Briefen angepriesen werden, als ob
es sich um Fleischwaare handle, ist doch eine Schmach. Ob die betreffenden — richtiger
die betroffenen — wohl eine Ahnung davon haben, wie man mit ihnen um¬
springt? Geradezu toll ist es, daß Fräulein Leonore Buff sich als „direkter Nach¬
komme" von Goethes Lotte muß ausgeben lassen. Jeder Gebildete weiß, daß
die Nachkommen von Goethes Lotte den Namen Kestner führen.




Literatur.

Ein neues Nvvcllcnbnch von Hans Arnold. Stuttgart, Adolf Bonz und Comp., 188(i.

Es sind kleine Alltagsgcschichten, aber in lebendiger Kürze und mit frischem
Tone vorgetragen, welche dies „neue Novellcnbuch" enthält. Stammen sie, wie
ein gewisses Wohlgefallen an kleinen häuslichen Einzelheiten zu bestätige» scheint,
in der That aus weiblicher Feder, so kauu man „Hans Arnold" wahrlich nicht
unter die neuen „Pretiosen" unsrer Fmnilienzeitungeu rechnen. Weit eher als
eine geschraubte und unwahre Sentimentalität oder eine falsche Geistreichigkcit, findet
sich in diesen kleinen Geschichten eine allzu burschikose Wendung oder auch eine
Trivialität. Doch hilft die Lebhaftigkeit der Erzählung über solche Anstöße hin¬
weg. In den Genrebildern „Die Gesellschaft," „Der gebrauchte Flügel," „Ein
Rendezvous" und „Pauls Geburtstag" werden hübsche Episoden des gewöhnlichen
gesellschaftlichen Treibens mit einem kleinen Abenteuer verknüpft und das Haupt¬
interesse wendet sich deu humoristischen Schilderungen kleinstädtischer Geselligkeit
oder unfreiwilliger Abenteuer braver Menschen zu. In der Novelle „Verzaubert"
walten andre Elemente; der Verfasser oder die Verfasserin entfaltet hier eine Fähig¬
keit, tieferes Leben zu schauen und poetische Stimmungen zu erwecken.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig.
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.
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[0152] Literatur. imposante Erscheinung; Fräulein Seelmann eine Pianistin allerersten Ranges, die überall mit dem denkbar größten Erfolge gespielt hat. Da die noch unbesetzten Tage fixiren muß, bitte ich um möglichst postwendende Antwort, und hoffe bestimmt, daß Sie dies seltene Ensemble auch engagiren werde». Ich begrüße Sie mit der vorzüglichsten Hochachtung und Ergebenheit :e. Dem zweiten Briefe liegen wirklich „Kritiken und Bilder" bei, nämlich die Photographien der beiden genannten Damen, jede mitten ans die Vorderseite eines Druckbogens aufgespannt, während der Rand dieser Seite und die übrigen Seiten mit Rezensionen über die betreffende angefüllt sind, sodciß die Künstlerinnen wie von einem Chorus ihrer Lobstimmen umgeben sind. Ueber diese Kritiken wollen wir hier schweigen; sie sind genau so fade, wie der größte Teil dieses ganzen Musikgeschwätzes in unsrer Tcigcsprcsse, und immer ist aus vier Rezensionen die fünfte, aus fttnfen die sechste gemacht. Die Art und Weise aber, wie die Künstlerinnen in den beiden Briefen angepriesen werden, als ob es sich um Fleischwaare handle, ist doch eine Schmach. Ob die betreffenden — richtiger die betroffenen — wohl eine Ahnung davon haben, wie man mit ihnen um¬ springt? Geradezu toll ist es, daß Fräulein Leonore Buff sich als „direkter Nach¬ komme" von Goethes Lotte muß ausgeben lassen. Jeder Gebildete weiß, daß die Nachkommen von Goethes Lotte den Namen Kestner führen. Literatur. Ein neues Nvvcllcnbnch von Hans Arnold. Stuttgart, Adolf Bonz und Comp., 188(i. Es sind kleine Alltagsgcschichten, aber in lebendiger Kürze und mit frischem Tone vorgetragen, welche dies „neue Novellcnbuch" enthält. Stammen sie, wie ein gewisses Wohlgefallen an kleinen häuslichen Einzelheiten zu bestätige» scheint, in der That aus weiblicher Feder, so kauu man „Hans Arnold" wahrlich nicht unter die neuen „Pretiosen" unsrer Fmnilienzeitungeu rechnen. Weit eher als eine geschraubte und unwahre Sentimentalität oder eine falsche Geistreichigkcit, findet sich in diesen kleinen Geschichten eine allzu burschikose Wendung oder auch eine Trivialität. Doch hilft die Lebhaftigkeit der Erzählung über solche Anstöße hin¬ weg. In den Genrebildern „Die Gesellschaft," „Der gebrauchte Flügel," „Ein Rendezvous" und „Pauls Geburtstag" werden hübsche Episoden des gewöhnlichen gesellschaftlichen Treibens mit einem kleinen Abenteuer verknüpft und das Haupt¬ interesse wendet sich deu humoristischen Schilderungen kleinstädtischer Geselligkeit oder unfreiwilliger Abenteuer braver Menschen zu. In der Novelle „Verzaubert" walten andre Elemente; der Verfasser oder die Verfasserin entfaltet hier eine Fähig¬ keit, tieferes Leben zu schauen und poetische Stimmungen zu erwecken. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow in Leipzig. Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig. — Druck von Carl Marquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/152>, abgerufen am 22.12.2024.