Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.andrer Art. Der schwarze Prinz, der prädestinirte Papst des "tausendjährigen
Was sollte er sich auch mit dem Studium Plagen, er war ja seiner Papstwürde
Wer mag sich da noch in Prosa weiter schleppen, wenn eine Geschichte längst Solche Dinge machten sogar die Gedanken von Madlenianern ein wenig irre. Und jetzt? Viel läßt sich nicht mehr von der Sache sagen. Wie aber¬ Man wird um vielleicht fragen, wie sich der Staat und die Kirche dem Gegen die Kirche benahmen sich die Madlcnicmer so, daß diese nur zufrieden andrer Art. Der schwarze Prinz, der prädestinirte Papst des „tausendjährigen
Was sollte er sich auch mit dem Studium Plagen, er war ja seiner Papstwürde
Wer mag sich da noch in Prosa weiter schleppen, wenn eine Geschichte längst Solche Dinge machten sogar die Gedanken von Madlenianern ein wenig irre. Und jetzt? Viel läßt sich nicht mehr von der Sache sagen. Wie aber¬ Man wird um vielleicht fragen, wie sich der Staat und die Kirche dem Gegen die Kirche benahmen sich die Madlcnicmer so, daß diese nur zufrieden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0149" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200254"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_421" prev="#ID_420" next="#ID_422"> andrer Art. Der schwarze Prinz, der prädestinirte Papst des „tausendjährigen<lb/> Reiches," der ältere Bruder des Blonden, sollte in München seinem künftigen<lb/> Berufe gemäß Theologie studiren. Er trieb statt dessen allerhand Allotria;</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_5" type="poem"> <l> Leider aber die Kollegien<lb/> Ließ er gänzlich unterwcgien.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_422" prev="#ID_421" next="#ID_423"> Was sollte er sich auch mit dem Studium Plagen, er war ja seiner Papstwürde<lb/> längst sicher. Zuletzt wurde er ein vollkommener verlorener Sohn.</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l> Und er lebt' in dulvi ,jndilo<lb/> Und in einem ewigen nutrio.<lb/> Wein und Bier und auch Likör<lb/> Trank er täglich mehr und mehr.<lb/> Auch der Liebe that er huldigen n. s, w.<lb/> Und er ging hinaus aufs Land,<lb/> Würde ein Komödiant.<lb/> Und als Priester von der Thalia<lb/> Trieb er allerlei Skandalia,<lb/> Zog von Dorf zu Dorf herum<lb/> Und entsetzt' das Publikum.<lb/></l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_423" prev="#ID_422"> Wer mag sich da noch in Prosa weiter schleppen, wenn eine Geschichte längst<lb/> in so entzückende Verse gebracht ist! Dieser „schwarze Prinz" war einst als<lb/> Kind in Witscht wie ein Wunder des Himmels angestaunt worden — 0 <ZM6<lb/> iirutatio rerum!</p><lb/> <p xml:id="ID_424"> Solche Dinge machten sogar die Gedanken von Madlenianern ein wenig irre.</p><lb/> <p xml:id="ID_425"> Und jetzt? Viel läßt sich nicht mehr von der Sache sagen. Wie aber¬<lb/> malige Ironie klingt es, daß die Schwester Franziska mit dem krummen Maul<lb/> als Erbin die heilige Madlenc überlebt hat und bis heute übrig geblieben ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_426"> Man wird um vielleicht fragen, wie sich der Staat und die Kirche dem<lb/> Madlenismus gegenüber verhielten, ob besonders der erstere nicht dagegen ein¬<lb/> schritt. Er hatte keine Handhabe dazu. Wegen Erpressung oder vielmehr Er-<lb/> schleichung und Erlistnng von Geld durch schwiudelhafte Vorspiegelungen hätte<lb/> nur vorgegangen werden können, wenn es jemand eingefallen wäre, sich zu be¬<lb/> schweren. Da die Leute aber ihr Geld durchaus los sein wollten, so vermochte<lb/> niemand sie daran zu hindern.</p><lb/> <p xml:id="ID_427" next="#ID_428"> Gegen die Kirche benahmen sich die Madlcnicmer so, daß diese nur zufrieden<lb/> sein konnte. Oschwald hatte gelehrt, das viele Beichten sei ein Mißbrauch,<lb/> äußerliche Religionsübungen ohne Wert; er wurde disziplinirr. Die Madleuicmer<lb/> beichtete» hundertmal mehr als die übrigen Katholiken und sahen im Abbeten<lb/> von Rosenkränzen eines der verdienstlichsten Werke des Menschen. Da legte<lb/> mau ihnen selbstverständlich nicht das geringste in den Weg. Es heißt: Du</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0149]
andrer Art. Der schwarze Prinz, der prädestinirte Papst des „tausendjährigen
Reiches," der ältere Bruder des Blonden, sollte in München seinem künftigen
Berufe gemäß Theologie studiren. Er trieb statt dessen allerhand Allotria;
Leider aber die Kollegien
Ließ er gänzlich unterwcgien.
Was sollte er sich auch mit dem Studium Plagen, er war ja seiner Papstwürde
längst sicher. Zuletzt wurde er ein vollkommener verlorener Sohn.
Und er lebt' in dulvi ,jndilo
Und in einem ewigen nutrio.
Wein und Bier und auch Likör
Trank er täglich mehr und mehr.
Auch der Liebe that er huldigen n. s, w.
Und er ging hinaus aufs Land,
Würde ein Komödiant.
Und als Priester von der Thalia
Trieb er allerlei Skandalia,
Zog von Dorf zu Dorf herum
Und entsetzt' das Publikum.
Wer mag sich da noch in Prosa weiter schleppen, wenn eine Geschichte längst
in so entzückende Verse gebracht ist! Dieser „schwarze Prinz" war einst als
Kind in Witscht wie ein Wunder des Himmels angestaunt worden — 0 <ZM6
iirutatio rerum!
Solche Dinge machten sogar die Gedanken von Madlenianern ein wenig irre.
Und jetzt? Viel läßt sich nicht mehr von der Sache sagen. Wie aber¬
malige Ironie klingt es, daß die Schwester Franziska mit dem krummen Maul
als Erbin die heilige Madlenc überlebt hat und bis heute übrig geblieben ist.
Man wird um vielleicht fragen, wie sich der Staat und die Kirche dem
Madlenismus gegenüber verhielten, ob besonders der erstere nicht dagegen ein¬
schritt. Er hatte keine Handhabe dazu. Wegen Erpressung oder vielmehr Er-
schleichung und Erlistnng von Geld durch schwiudelhafte Vorspiegelungen hätte
nur vorgegangen werden können, wenn es jemand eingefallen wäre, sich zu be¬
schweren. Da die Leute aber ihr Geld durchaus los sein wollten, so vermochte
niemand sie daran zu hindern.
Gegen die Kirche benahmen sich die Madlcnicmer so, daß diese nur zufrieden
sein konnte. Oschwald hatte gelehrt, das viele Beichten sei ein Mißbrauch,
äußerliche Religionsübungen ohne Wert; er wurde disziplinirr. Die Madleuicmer
beichtete» hundertmal mehr als die übrigen Katholiken und sahen im Abbeten
von Rosenkränzen eines der verdienstlichsten Werke des Menschen. Da legte
mau ihnen selbstverständlich nicht das geringste in den Weg. Es heißt: Du
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