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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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<Lin deutsches Seminar für neuere Philologie in London.

dies Versprechen dahin abgeändert werde, daß sich die Angehörigen des Stipen¬
diaten vor der Verleihung des Stipendiums an denselben schriftlich verpflichten,
der Universität dasselbe zurückzuerstatten, wenn es der Studirende vorziehen
sollte, sich im Auslande niederzulassen, und sich am Ende des zweiten Jahres
noch nicht beim Dekan seiner Universität gemeldet hat. Eine solche Bedingung
wäre nur gerecht und billig den großen Ausgaben gegenüber, die das Reich mit
dieser Einrichtung übernehmen würde.

Im folgenden wollen wir unsre Auseinandersetzungen noch einmal zusammen¬
fassen und dann einen Entwurf nnfstellen, der sich an den von Rolfs anlehnt und
zugleich Rücksicht nimmt ans die Petition der Studenten der neuern Philologie.
Zugleich machen wir auf eine" trefflichen Aufsatz des Professor Stengel in
Marburgs) aufmerksam, der für die Petition beredt in die Schranken tritt.

Aus unsern Erörterungen scheint hervorzugehen, daß ein Institut mit
Wohnung für die Stipendiaten, in welcher Gestalt es auch auftritt, nicht nur
nicht zweckmäßig wäre, sondern den Zielen, die der Neuphilologe in London
verfolgen muß, geradezu im Wege stehen würde.

Eine Lösung unsrer Frage ließe sich jedoch herbeiführen, wenn wir uns
nach den vorausgeschickten Bemerkungen auf folgende Punkte stützen:

I. Ncnphilologische Reichsstipendicn. 1. Vorläufige Stiftung von zwanzig
Stipendien zu je 1400 Mark. Je zehn Stipendiaten würden sich demnach
gleichzeitig in London und in Brüssel aufhalte", und umgekehrt. Da demnach
jeder Stipendiat je ein Halbjahr in London und Brüssel studiren würde, so
müßte die eine Hälfte des Stipendiums (700 Mark) von der Reichsregierung
in eine Bank Londons, die andre Hälfte in eine Bank Brüssels eingezahlt
werden. Diese zwanzig Stipendien müßten durch Parlamentsbeschluß festge¬
stellt werden, oder, wie Rolfs vorschlägt, von den zwanzig Universitäten und
den betreffenden Regierungen, in deren Machtkreise sie liegen, vielleicht mit
Hinzuziehung der größern Provinzialstcidte. Diese haben sicherlich ein großes Inter¬
esse daran, daß ihre zukünftigen neuphilologischeu Lehrer eine gediegene prak¬
tische Ausbildung erhalten. 2. Als Vorbedingungen zur Erlangung eines
Reichsstipendiums würde folgendes dienen müssen: a) Zwei Semester Univer-
sitäts- und Seminarbesuch; o) schriftliches Versprechen der Angehörigen eines
Bewerbers, ihm 800 Mark für seinen Aufenthalt im Auslande zuzuschießen;
o) ihr weiteres Versprechen, der Universität das Stipendium zu ersetzen, wenn
der Stipendiat sich am Ende des zweiten Jahres nach Erlangung des Stipen¬
diums noch nicht beim Dekan der Universität, von der er dasselbe erhalten hat,
zurückgemeldet hat.

II. Seminar "ut Verein deutscher Philologen in London. 1. Die deutsche
Reichsregiernng erkennt den in London bestehenden deutschen Lehrerverein als



*) In Ur. 33 der Deutsche" akademischen Zeitschrift. (Verlitt.)
<Lin deutsches Seminar für neuere Philologie in London.

dies Versprechen dahin abgeändert werde, daß sich die Angehörigen des Stipen¬
diaten vor der Verleihung des Stipendiums an denselben schriftlich verpflichten,
der Universität dasselbe zurückzuerstatten, wenn es der Studirende vorziehen
sollte, sich im Auslande niederzulassen, und sich am Ende des zweiten Jahres
noch nicht beim Dekan seiner Universität gemeldet hat. Eine solche Bedingung
wäre nur gerecht und billig den großen Ausgaben gegenüber, die das Reich mit
dieser Einrichtung übernehmen würde.

Im folgenden wollen wir unsre Auseinandersetzungen noch einmal zusammen¬
fassen und dann einen Entwurf nnfstellen, der sich an den von Rolfs anlehnt und
zugleich Rücksicht nimmt ans die Petition der Studenten der neuern Philologie.
Zugleich machen wir auf eine» trefflichen Aufsatz des Professor Stengel in
Marburgs) aufmerksam, der für die Petition beredt in die Schranken tritt.

Aus unsern Erörterungen scheint hervorzugehen, daß ein Institut mit
Wohnung für die Stipendiaten, in welcher Gestalt es auch auftritt, nicht nur
nicht zweckmäßig wäre, sondern den Zielen, die der Neuphilologe in London
verfolgen muß, geradezu im Wege stehen würde.

Eine Lösung unsrer Frage ließe sich jedoch herbeiführen, wenn wir uns
nach den vorausgeschickten Bemerkungen auf folgende Punkte stützen:

I. Ncnphilologische Reichsstipendicn. 1. Vorläufige Stiftung von zwanzig
Stipendien zu je 1400 Mark. Je zehn Stipendiaten würden sich demnach
gleichzeitig in London und in Brüssel aufhalte», und umgekehrt. Da demnach
jeder Stipendiat je ein Halbjahr in London und Brüssel studiren würde, so
müßte die eine Hälfte des Stipendiums (700 Mark) von der Reichsregierung
in eine Bank Londons, die andre Hälfte in eine Bank Brüssels eingezahlt
werden. Diese zwanzig Stipendien müßten durch Parlamentsbeschluß festge¬
stellt werden, oder, wie Rolfs vorschlägt, von den zwanzig Universitäten und
den betreffenden Regierungen, in deren Machtkreise sie liegen, vielleicht mit
Hinzuziehung der größern Provinzialstcidte. Diese haben sicherlich ein großes Inter¬
esse daran, daß ihre zukünftigen neuphilologischeu Lehrer eine gediegene prak¬
tische Ausbildung erhalten. 2. Als Vorbedingungen zur Erlangung eines
Reichsstipendiums würde folgendes dienen müssen: a) Zwei Semester Univer-
sitäts- und Seminarbesuch; o) schriftliches Versprechen der Angehörigen eines
Bewerbers, ihm 800 Mark für seinen Aufenthalt im Auslande zuzuschießen;
o) ihr weiteres Versprechen, der Universität das Stipendium zu ersetzen, wenn
der Stipendiat sich am Ende des zweiten Jahres nach Erlangung des Stipen¬
diums noch nicht beim Dekan der Universität, von der er dasselbe erhalten hat,
zurückgemeldet hat.

II. Seminar »ut Verein deutscher Philologen in London. 1. Die deutsche
Reichsregiernng erkennt den in London bestehenden deutschen Lehrerverein als



*) In Ur. 33 der Deutsche» akademischen Zeitschrift. (Verlitt.)
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[0589] <Lin deutsches Seminar für neuere Philologie in London. dies Versprechen dahin abgeändert werde, daß sich die Angehörigen des Stipen¬ diaten vor der Verleihung des Stipendiums an denselben schriftlich verpflichten, der Universität dasselbe zurückzuerstatten, wenn es der Studirende vorziehen sollte, sich im Auslande niederzulassen, und sich am Ende des zweiten Jahres noch nicht beim Dekan seiner Universität gemeldet hat. Eine solche Bedingung wäre nur gerecht und billig den großen Ausgaben gegenüber, die das Reich mit dieser Einrichtung übernehmen würde. Im folgenden wollen wir unsre Auseinandersetzungen noch einmal zusammen¬ fassen und dann einen Entwurf nnfstellen, der sich an den von Rolfs anlehnt und zugleich Rücksicht nimmt ans die Petition der Studenten der neuern Philologie. Zugleich machen wir auf eine» trefflichen Aufsatz des Professor Stengel in Marburgs) aufmerksam, der für die Petition beredt in die Schranken tritt. Aus unsern Erörterungen scheint hervorzugehen, daß ein Institut mit Wohnung für die Stipendiaten, in welcher Gestalt es auch auftritt, nicht nur nicht zweckmäßig wäre, sondern den Zielen, die der Neuphilologe in London verfolgen muß, geradezu im Wege stehen würde. Eine Lösung unsrer Frage ließe sich jedoch herbeiführen, wenn wir uns nach den vorausgeschickten Bemerkungen auf folgende Punkte stützen: I. Ncnphilologische Reichsstipendicn. 1. Vorläufige Stiftung von zwanzig Stipendien zu je 1400 Mark. Je zehn Stipendiaten würden sich demnach gleichzeitig in London und in Brüssel aufhalte», und umgekehrt. Da demnach jeder Stipendiat je ein Halbjahr in London und Brüssel studiren würde, so müßte die eine Hälfte des Stipendiums (700 Mark) von der Reichsregierung in eine Bank Londons, die andre Hälfte in eine Bank Brüssels eingezahlt werden. Diese zwanzig Stipendien müßten durch Parlamentsbeschluß festge¬ stellt werden, oder, wie Rolfs vorschlägt, von den zwanzig Universitäten und den betreffenden Regierungen, in deren Machtkreise sie liegen, vielleicht mit Hinzuziehung der größern Provinzialstcidte. Diese haben sicherlich ein großes Inter¬ esse daran, daß ihre zukünftigen neuphilologischeu Lehrer eine gediegene prak¬ tische Ausbildung erhalten. 2. Als Vorbedingungen zur Erlangung eines Reichsstipendiums würde folgendes dienen müssen: a) Zwei Semester Univer- sitäts- und Seminarbesuch; o) schriftliches Versprechen der Angehörigen eines Bewerbers, ihm 800 Mark für seinen Aufenthalt im Auslande zuzuschießen; o) ihr weiteres Versprechen, der Universität das Stipendium zu ersetzen, wenn der Stipendiat sich am Ende des zweiten Jahres nach Erlangung des Stipen¬ diums noch nicht beim Dekan der Universität, von der er dasselbe erhalten hat, zurückgemeldet hat. II. Seminar »ut Verein deutscher Philologen in London. 1. Die deutsche Reichsregiernng erkennt den in London bestehenden deutschen Lehrerverein als *) In Ur. 33 der Deutsche» akademischen Zeitschrift. (Verlitt.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/589>, abgerufen am 27.09.2024.