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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Ans der Lhronik derer von Riffelshanson,

in Trübensee zu verbringen. Dieser Vorfall veranlagte die Siebcichofer Jugend
zu einer ernsten Beratung, Anton und Mathilde hörten mit Teilnahme der
Debatte zu, die sich zwischen Julie und Valer, den Hcmptschreieru, entsponnen hatte.

Ich sage dir, Julie, es geht nicht. Mit diesen glatten, braunen Kleidern
könnt ihr euch unmöglich in einer größern Gesellschaft Präsentiren, wenn ihr
eingeladen seid!

Nun, dann bleiben wir eben hier, sagte Julie, auf ihrem Bette sitzend. Die
Konferenz fand in dein Zimmer der Schwester" statt.

Valerian zuckte die Achseln. Du bist eigensinnig wie ein Droschkengaul,
Ich bin froh, daß dn meine Schwester bist und nicht meine Frau.

Mathilde sah die Schwester zuredend an. Meinst du nicht, daß wir uns
bis übermorgen noch irgend etwas zurechtmachen könnten?

Liegt dir daran, nach Trübeusee zu fahren? fragte Julie mit einem Aus¬
druck der Verwunderung,

Wohl eigentlich kaum. Ich dachte nur --

Aber jetzt mischte sich Anton ein. Daran ist garnicht zu denken, daß ihr zu
Hanse bleibt, Schwestern! Ihr seht immer so hübsch ans, daß keine Seele
auf eure Kleider achtet. Zieht doch die dünnen Kleider mit den Nvsatuppeu
an, die ihr neulich trugt.

Müssen gewaschen werden, bemerkte Julie.

Halt! rief Valer, der in einem auf der Kommode liegenden Modehefte
blätterte, wir machen eine Kollekte und kaufen euch in Nummelshausen so einen
durchsichtigen weißen Stoff. Mit etwas Hilfe aus dem Dorfe gelingt es euch
leicht, etwas niedliches daraus znsammcnzuschneidern. Aber ich suche das Muster
aus! Davon versteht ihr doch alle zusammen nichts.

Anton fand den Plan vortrefflich, die Schwestern protestirten etwas gegen
die "Kollekte," besonders wollte Julie davon nichts wissen.

Unsinn! wenn einmal gekauft sein muß, kann uus Onkel Georg auch soviel
herausrücken!

Aber Julie, rief Anton, so laß uns doch den Spaß. Du thust ja, als
wären wir wildfremde Menschen, die dich durch ein Wertgeschenk beleidigten,

Julie krümmte die Lippen und sah errötend auf ihre Hände, Anton setzte
sich ueben sie lind nahm ihre Hand in die seinen.

Du böse Julie, sagte er freundlich, du denkst bei jeder Gelegenheit soviel,
daß man bange werden könnte. Habe ich nicht recht?

Julie machte eine ungeduldige Bewegung und wich dem forschenden Blicke
seiner tiefblauen Augen ans. Du bist ein unverbesserlicher Idealist, Anton!

Der Idealist schwieg verletzt.

Na, da will ich nur gleich aufbrechen, sagte Valer und verbeugte sich mit
steifer Förmlichkeit nach allen Seiten.

Aber du willst doch nicht wirklich selbst einkaufen? riefen die Schwestern,


Ans der Lhronik derer von Riffelshanson,

in Trübensee zu verbringen. Dieser Vorfall veranlagte die Siebcichofer Jugend
zu einer ernsten Beratung, Anton und Mathilde hörten mit Teilnahme der
Debatte zu, die sich zwischen Julie und Valer, den Hcmptschreieru, entsponnen hatte.

Ich sage dir, Julie, es geht nicht. Mit diesen glatten, braunen Kleidern
könnt ihr euch unmöglich in einer größern Gesellschaft Präsentiren, wenn ihr
eingeladen seid!

Nun, dann bleiben wir eben hier, sagte Julie, auf ihrem Bette sitzend. Die
Konferenz fand in dein Zimmer der Schwester» statt.

Valerian zuckte die Achseln. Du bist eigensinnig wie ein Droschkengaul,
Ich bin froh, daß dn meine Schwester bist und nicht meine Frau.

Mathilde sah die Schwester zuredend an. Meinst du nicht, daß wir uns
bis übermorgen noch irgend etwas zurechtmachen könnten?

Liegt dir daran, nach Trübeusee zu fahren? fragte Julie mit einem Aus¬
druck der Verwunderung,

Wohl eigentlich kaum. Ich dachte nur —

Aber jetzt mischte sich Anton ein. Daran ist garnicht zu denken, daß ihr zu
Hanse bleibt, Schwestern! Ihr seht immer so hübsch ans, daß keine Seele
auf eure Kleider achtet. Zieht doch die dünnen Kleider mit den Nvsatuppeu
an, die ihr neulich trugt.

Müssen gewaschen werden, bemerkte Julie.

Halt! rief Valer, der in einem auf der Kommode liegenden Modehefte
blätterte, wir machen eine Kollekte und kaufen euch in Nummelshausen so einen
durchsichtigen weißen Stoff. Mit etwas Hilfe aus dem Dorfe gelingt es euch
leicht, etwas niedliches daraus znsammcnzuschneidern. Aber ich suche das Muster
aus! Davon versteht ihr doch alle zusammen nichts.

Anton fand den Plan vortrefflich, die Schwestern protestirten etwas gegen
die „Kollekte," besonders wollte Julie davon nichts wissen.

Unsinn! wenn einmal gekauft sein muß, kann uus Onkel Georg auch soviel
herausrücken!

Aber Julie, rief Anton, so laß uns doch den Spaß. Du thust ja, als
wären wir wildfremde Menschen, die dich durch ein Wertgeschenk beleidigten,

Julie krümmte die Lippen und sah errötend auf ihre Hände, Anton setzte
sich ueben sie lind nahm ihre Hand in die seinen.

Du böse Julie, sagte er freundlich, du denkst bei jeder Gelegenheit soviel,
daß man bange werden könnte. Habe ich nicht recht?

Julie machte eine ungeduldige Bewegung und wich dem forschenden Blicke
seiner tiefblauen Augen ans. Du bist ein unverbesserlicher Idealist, Anton!

Der Idealist schwieg verletzt.

Na, da will ich nur gleich aufbrechen, sagte Valer und verbeugte sich mit
steifer Förmlichkeit nach allen Seiten.

Aber du willst doch nicht wirklich selbst einkaufen? riefen die Schwestern,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/301>, abgerufen am 27.09.2024.