Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Ein zukünftiger Kriegsschauplatz. zurückbleiben müssen, und das fünfzehnte ist erst viel später in Anschlag zu Der östliche Kriegsschauplatz macht uur auf Unkundige deu Eindruck, daß Ein zukünftiger Kriegsschauplatz. zurückbleiben müssen, und das fünfzehnte ist erst viel später in Anschlag zu Der östliche Kriegsschauplatz macht uur auf Unkundige deu Eindruck, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199163"/> <fw type="header" place="top"> Ein zukünftiger Kriegsschauplatz.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1423" prev="#ID_1422"> zurückbleiben müssen, und das fünfzehnte ist erst viel später in Anschlag zu<lb/> bringen, da die Mobilmachung seiner beiden Divisionen, Kasan und Saratow,<lb/> ohne Eisenbahn von Bedeutung bewerkstelligt werden muß. Bis jetzt sind nur<lb/> drei Bahnlinien vorhanden, welche die Aufgabe zu lösen haben, jene gewaltigen<lb/> Heeresmassen mit ihren Trains und Parks ohne Aufenthalt ans ihren Garni¬<lb/> sonen in das westliche Aufmarschgebiet zu befördern. Es ist höchst fraglich,<lb/> ob die russischen Vahnverwaltungen derselben gewachsen sein werden. Die Hin-<lb/> und Zurückschaffung der Armee im Feldzuge auf der Balkanhalbinsel war eine<lb/> Probe, die sie schlecht bestanden, und wenn die Militärbehörden seitdem die<lb/> Eisenbahnen besser zu verwerten gelernt haben, und die Vorbereitungen zu rascher<lb/> Forischaffung großer Truppenkörper gründlicher getroffen worden sind, der<lb/> Schlendrian und die Unzuverlüssigkcit des Bctriebspersonals sind schwerlich in<lb/> ihr Gegenteil verwandelt oder auch nur gemindert worden. Bahnen, die in<lb/> behaglichem Stillleben vier bis fünf Züge täglich zu befördern gewohnt sind,<lb/> werden nicht imstande sein, in derselben Zeit sechzehn bis zwanzig Züge zu be¬<lb/> wältigen, auch wenn Lokomotiven und Waggons in genügender Anzahl vor¬<lb/> handen sind, und so wird es nicht Übertreibung sein, wenn man sagt, die Russen<lb/> werden etwa dreimal so viel Zeit zu ihrem Ausmarsche brauchen als die Öster¬<lb/> reicher und die Deutschen. Österreich-Ungarn wird zu dem in Rede stehenden<lb/> Kampfe von seiner Gesamtstreitkraft etwa dreißig Infanterie- und zehn Kavallerie-<lb/> divisionen ucich Galizien senden können, und die Ansammlung der Truppen wird<lb/> auf zwei Wegen erfolgen: die in der transleithanischen Reichshälfte stehenden<lb/> Armeekorps werden auf die nach Przemysl führenden, die in den cisleithanischen<lb/> Kronländern garnisonirenden auf die über Olmütz nach Kraken hinlaufenden<lb/> Linien angewiesen sein. Stärke und Dislokation des deutschen Heeres sind<lb/> bekannt. Für den Aufmarsch gegen Osten verfügt es über eine große Anzahl<lb/> leistungsfähiger Bahnen. Die Ansammlung kann nach Belieben an der obern<lb/> Oder, an der Warthe, auf dem rechten oder dem linken Ufer der untern Weichsel<lb/> oder am Pregel vor sich gehen. Für die Hin- und Herverschiebung der Truppen<lb/> zwischen den etwa zu bildenden/Vrnppen der Armee sind Querverbindungen zur<lb/> Genüge vorhanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1424" next="#ID_1425"> Der östliche Kriegsschauplatz macht uur auf Unkundige deu Eindruck, daß<lb/> er auch geschickten und energischen Feldherren unüberwindliche Schwierigkeiten<lb/> in den Weg stelle, und daß er zur Kriegführung in großem Stil ungeeignet<lb/> sei. Man muß nur die Eigenschaften des altpolnischen Landes hinreichend<lb/> kennen und vollständig berücksichtigen, indem man die Armee mit dem ausrüstet,<lb/> was diese Eigenschaften verlangen. Dann wird auch der Erfolg nicht fehlen.<lb/> Die Truppen werden z. B, da die geringe Zahl der Ortschaften und die mangel¬<lb/> hafte Beschaffenheit der Unterkunftsräume ein häufiges Lagern im Freien nötig<lb/> machen, mit wollnen Unterkleidern und mit Zelten, da oft Stellen mit uner¬<lb/> gründlichen Kot vorkommen, mit langschciftigen Stiefeln, in welche die Hosen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0443]
Ein zukünftiger Kriegsschauplatz.
zurückbleiben müssen, und das fünfzehnte ist erst viel später in Anschlag zu
bringen, da die Mobilmachung seiner beiden Divisionen, Kasan und Saratow,
ohne Eisenbahn von Bedeutung bewerkstelligt werden muß. Bis jetzt sind nur
drei Bahnlinien vorhanden, welche die Aufgabe zu lösen haben, jene gewaltigen
Heeresmassen mit ihren Trains und Parks ohne Aufenthalt ans ihren Garni¬
sonen in das westliche Aufmarschgebiet zu befördern. Es ist höchst fraglich,
ob die russischen Vahnverwaltungen derselben gewachsen sein werden. Die Hin-
und Zurückschaffung der Armee im Feldzuge auf der Balkanhalbinsel war eine
Probe, die sie schlecht bestanden, und wenn die Militärbehörden seitdem die
Eisenbahnen besser zu verwerten gelernt haben, und die Vorbereitungen zu rascher
Forischaffung großer Truppenkörper gründlicher getroffen worden sind, der
Schlendrian und die Unzuverlüssigkcit des Bctriebspersonals sind schwerlich in
ihr Gegenteil verwandelt oder auch nur gemindert worden. Bahnen, die in
behaglichem Stillleben vier bis fünf Züge täglich zu befördern gewohnt sind,
werden nicht imstande sein, in derselben Zeit sechzehn bis zwanzig Züge zu be¬
wältigen, auch wenn Lokomotiven und Waggons in genügender Anzahl vor¬
handen sind, und so wird es nicht Übertreibung sein, wenn man sagt, die Russen
werden etwa dreimal so viel Zeit zu ihrem Ausmarsche brauchen als die Öster¬
reicher und die Deutschen. Österreich-Ungarn wird zu dem in Rede stehenden
Kampfe von seiner Gesamtstreitkraft etwa dreißig Infanterie- und zehn Kavallerie-
divisionen ucich Galizien senden können, und die Ansammlung der Truppen wird
auf zwei Wegen erfolgen: die in der transleithanischen Reichshälfte stehenden
Armeekorps werden auf die nach Przemysl führenden, die in den cisleithanischen
Kronländern garnisonirenden auf die über Olmütz nach Kraken hinlaufenden
Linien angewiesen sein. Stärke und Dislokation des deutschen Heeres sind
bekannt. Für den Aufmarsch gegen Osten verfügt es über eine große Anzahl
leistungsfähiger Bahnen. Die Ansammlung kann nach Belieben an der obern
Oder, an der Warthe, auf dem rechten oder dem linken Ufer der untern Weichsel
oder am Pregel vor sich gehen. Für die Hin- und Herverschiebung der Truppen
zwischen den etwa zu bildenden/Vrnppen der Armee sind Querverbindungen zur
Genüge vorhanden.
Der östliche Kriegsschauplatz macht uur auf Unkundige deu Eindruck, daß
er auch geschickten und energischen Feldherren unüberwindliche Schwierigkeiten
in den Weg stelle, und daß er zur Kriegführung in großem Stil ungeeignet
sei. Man muß nur die Eigenschaften des altpolnischen Landes hinreichend
kennen und vollständig berücksichtigen, indem man die Armee mit dem ausrüstet,
was diese Eigenschaften verlangen. Dann wird auch der Erfolg nicht fehlen.
Die Truppen werden z. B, da die geringe Zahl der Ortschaften und die mangel¬
hafte Beschaffenheit der Unterkunftsräume ein häufiges Lagern im Freien nötig
machen, mit wollnen Unterkleidern und mit Zelten, da oft Stellen mit uner¬
gründlichen Kot vorkommen, mit langschciftigen Stiefeln, in welche die Hosen
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