Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Die Meineidxest. sodaß unsre Wagen sich dort nicht verwenden lassen. Sie haben fast alle nur Die Meineidpest. (Schluß.) aß der jetzige Zustand wesentlich verschieden ist von demjenigen Neben diesem Widerspruch, durch dessen gesetzliche Sauktioniruug das Volt Die erstere Übung ist die Abnahme überflüssiger Eide; daß auch hierdurch Die Meineidxest. sodaß unsre Wagen sich dort nicht verwenden lassen. Sie haben fast alle nur Die Meineidpest. (Schluß.) aß der jetzige Zustand wesentlich verschieden ist von demjenigen Neben diesem Widerspruch, durch dessen gesetzliche Sauktioniruug das Volt Die erstere Übung ist die Abnahme überflüssiger Eide; daß auch hierdurch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199120"/> <fw type="header" place="top"> Die Meineidxest.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1206" prev="#ID_1205"> sodaß unsre Wagen sich dort nicht verwenden lassen. Sie haben fast alle nur<lb/> ein Geleis und nur wenige Stationen, was die Verpflegung der Truppen bei<lb/> langen Transporten erschwert. Ihre Leistungsfähigkeit ist eine verhältnismäßig<lb/> geringe, was seine Ursachen in dem eingeleisigen Bau, in der Langsamkeit der<lb/> Züge, in dem Mangel an rollenden Material und dessen weiter Zerstreuung<lb/> im Bedarfsfalle, endlich aber auch in der mangelhaften Ausbildung, in der<lb/> Trägheit und in der Unzuverlässigkeit der meisten Beamten hat. Das letztere<lb/> ist erheblich fühlbarer geworden, seit mau alle deutschen Zug- und Lokomotiv¬<lb/> führer entlasse» und durch Russen ersetzt hat. Der Russe taugt gerade für den<lb/> Bahudienst am wenigsten unter allen Nationen Europas.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Meineidpest.<lb/> (Schluß.)</head><lb/> <p xml:id="ID_1207"> aß der jetzige Zustand wesentlich verschieden ist von demjenigen<lb/> unter dem gemeiurechtlichcn Prozeß, bedarf keiner langen Aus¬<lb/> einandersetzung; der Richter in diesem Prozeß war an seine streng<lb/> formellen Beweisregeln gebunden; lag so und so viel Beweis vor,<lb/> so mußte er verurteilen, lag soviel Beweis nicht vor, so mußte<lb/> er freisprechen. Danach könnte es damals allerdings wie heute geschehen, daß<lb/> ein Angeklagter freigesprochen wurde, obwohl ein glaubwürdiger Manu die ihm<lb/> zur Last gelegte That eidlich bezeugt hatte; allein in dieser Freisprechung lag<lb/> kein Mißtrauensvotum des Richters gegen den Zeugen, dieser konnte dadurch<lb/> nicht erbittert werden, er mochte das Gesetz sonderbar finden, welches dem<lb/> Richter verbot, seiner eidlichen Aussage vollen Glauben beizumessen, aber den<lb/> Richterspruch konnte er nicht tadeln: der schreiende Widerspruch zwischen dein<lb/> obligatorischen Zcugcueid und dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung bestand<lb/> eben damals nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1208"> Neben diesem Widerspruch, durch dessen gesetzliche Sauktioniruug das Volt<lb/> geradezu statt zur Heilighaltung zur Verachtung des Eides erzogen wird, kommen<lb/> einige andre dem Meineid förderliche Übungen des neuen Verfahrens nur in<lb/> untergeordneten Betracht, doch mögen mich sie hier ihre Würdigung finden; die<lb/> eine Übung beruht wesentlich auf gesetzlicher Bestimmung, die andre überwiegend<lb/> ans engherziger Anwendung des Gesetzes durch büreaukratische Richter.</p><lb/> <p xml:id="ID_1209" next="#ID_1210"> Die erstere Übung ist die Abnahme überflüssiger Eide; daß auch hierdurch<lb/> der Sinn für die Heiligkeit des Eides abgestumpft wird, ist wohl selbstverständ-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
Die Meineidxest.
sodaß unsre Wagen sich dort nicht verwenden lassen. Sie haben fast alle nur
ein Geleis und nur wenige Stationen, was die Verpflegung der Truppen bei
langen Transporten erschwert. Ihre Leistungsfähigkeit ist eine verhältnismäßig
geringe, was seine Ursachen in dem eingeleisigen Bau, in der Langsamkeit der
Züge, in dem Mangel an rollenden Material und dessen weiter Zerstreuung
im Bedarfsfalle, endlich aber auch in der mangelhaften Ausbildung, in der
Trägheit und in der Unzuverlässigkeit der meisten Beamten hat. Das letztere
ist erheblich fühlbarer geworden, seit mau alle deutschen Zug- und Lokomotiv¬
führer entlasse» und durch Russen ersetzt hat. Der Russe taugt gerade für den
Bahudienst am wenigsten unter allen Nationen Europas.
Die Meineidpest.
(Schluß.)
aß der jetzige Zustand wesentlich verschieden ist von demjenigen
unter dem gemeiurechtlichcn Prozeß, bedarf keiner langen Aus¬
einandersetzung; der Richter in diesem Prozeß war an seine streng
formellen Beweisregeln gebunden; lag so und so viel Beweis vor,
so mußte er verurteilen, lag soviel Beweis nicht vor, so mußte
er freisprechen. Danach könnte es damals allerdings wie heute geschehen, daß
ein Angeklagter freigesprochen wurde, obwohl ein glaubwürdiger Manu die ihm
zur Last gelegte That eidlich bezeugt hatte; allein in dieser Freisprechung lag
kein Mißtrauensvotum des Richters gegen den Zeugen, dieser konnte dadurch
nicht erbittert werden, er mochte das Gesetz sonderbar finden, welches dem
Richter verbot, seiner eidlichen Aussage vollen Glauben beizumessen, aber den
Richterspruch konnte er nicht tadeln: der schreiende Widerspruch zwischen dein
obligatorischen Zcugcueid und dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung bestand
eben damals nicht.
Neben diesem Widerspruch, durch dessen gesetzliche Sauktioniruug das Volt
geradezu statt zur Heilighaltung zur Verachtung des Eides erzogen wird, kommen
einige andre dem Meineid förderliche Übungen des neuen Verfahrens nur in
untergeordneten Betracht, doch mögen mich sie hier ihre Würdigung finden; die
eine Übung beruht wesentlich auf gesetzlicher Bestimmung, die andre überwiegend
ans engherziger Anwendung des Gesetzes durch büreaukratische Richter.
Die erstere Übung ist die Abnahme überflüssiger Eide; daß auch hierdurch
der Sinn für die Heiligkeit des Eides abgestumpft wird, ist wohl selbstverständ-
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