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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Nenhebriden-Frage.

fügung stehen. Wir schließen davon die politische Bedeutung, welche diese Frage
auch für uns hat, vorläufig aus, zumal da man sie leicht erraten kann, und be¬
schränken uns für jetzt auf eine Beschreibung der betreffenden Inselgruppe, ans
die Mitteilung der Ereignisse, welche in diesen Tagen die Blicke Europas auf
sie lenkten, und auf die Erörterung der englischen und französischen Interessen,
um die es sich dabei handelt.

Die Neuhebrideu und die Santa Cruz-Inseln erstrecken sich in der Rich¬
tung von Nordnordwest nach Südsüdost über das Stille Meer zwischen den
Parallelen von 9° 45' und 20° 16' südlicher Breite und den Meridianen von
165" 40' und 165° 30' östlicher Länge, etwa 140 geographische Meilen weit.
Das französische Neukaledonien liegt ungefähr 40 Meilen südwestlich von dem
südlichen Ende der Gruppe, und die südlichste der Salvmonsinseln etwa in gleicher
Entfernung westlich vom nördlichen, während im Osten die fast 80 Meilen ent¬
fernten Fidschi-Inseln das nächste Land sind. Die Nenhebriden wurden ebenso
wie die Santa Cruz-Gruppe im Jahre 1595 von dem spanischen Seefahrer
Mendana entdeckt, aber sein Versuch, hier eine Niederlassung zu gründen, war
erfolglos. La Perouse erlitt 1788 an der Santa Cruz-Gruppe Schiffbruch und
blieb dann verschollen. Diese Eilande zerfallen in drei bestimmte Gruppen, die
von einander durch etwa 12 Meilen breite Wasserflächen getrennt sind: die süd¬
lichen Nenhebriden, die nördlichen mit den Banks-Jnseln und die Santa Crnz-
Jnseln mit den kleinen Gruppen der Duff- und der Swallow-Jnseln. Die süd¬
lichen Nenhebriden bestehen aus fünf Inseln, von denen Erromango die größte
ist, indem sie eine Länge von 6 und eine Breite von 4^ Meilen hat. Die
zweite an Größe ist das 6 Meilen davon entfernte Tanna, welches 3'/-z Meilen
lang und 2 breit ist, die dritte, Annitrum, 3^ Meilen lang und etwas breiter
als die letztgenannte; die beiden andern heißen Amwa und Fotuna. Alle fünf
zeigen Berge, von denen sich einige bis zu 3000 Fuß Hohe erheben. Die nörd¬
lichen Nenhebriden, die mit den Banks-Jnseln eigentlich eine und dieselbe Gruppe
bilden, zerfallen in fünfuudreißig größere und kleinere Inseln und Eilande. Die
größte ist Espiritu Santo, 15 Meilen lang und 8 Meilen breit; dann folgen
Mallicolo, 10 Meilen lang und 4 Meilen breit, Aurora und Pentekosta, jede
6 Meilen lang und 1 Meile breit, und Anbrhm, welches eine Länge von etwa 5 '/.
und eine Breite von etwa 3^ Meilen hat; die übrigen sind viel kleiner. Alle
sind bergig, die höchste ist Ambrym, wo sich der Vulkan Lepovi 5000 Fuß über
die Meeresfläche erhebt. Die Banks-Gruppe wird, abgesehen von einigen un-
bedeutenden Eilanden, von zwei je 3 Meilen langen Inseln gebildet, von denen
die eine Vanua Lava, die andre Santa Maria heißt. Einige Glieder dieser
Gruppen sind bloße Korallenriffe, die meisten aber sind vulkanisch. Thätige
Vulkane befinden sich auf Tinaknla, Ureparapara, Ambrym und Tanna, die 1872
allesamt in Eruption waren; daneben trifft man überall erloschene Krater, und in
Vanua Lava finden sich kochend heiße Quellen. Rings um die meisten Inseln


Die Nenhebriden-Frage.

fügung stehen. Wir schließen davon die politische Bedeutung, welche diese Frage
auch für uns hat, vorläufig aus, zumal da man sie leicht erraten kann, und be¬
schränken uns für jetzt auf eine Beschreibung der betreffenden Inselgruppe, ans
die Mitteilung der Ereignisse, welche in diesen Tagen die Blicke Europas auf
sie lenkten, und auf die Erörterung der englischen und französischen Interessen,
um die es sich dabei handelt.

Die Neuhebrideu und die Santa Cruz-Inseln erstrecken sich in der Rich¬
tung von Nordnordwest nach Südsüdost über das Stille Meer zwischen den
Parallelen von 9° 45' und 20° 16' südlicher Breite und den Meridianen von
165« 40' und 165° 30' östlicher Länge, etwa 140 geographische Meilen weit.
Das französische Neukaledonien liegt ungefähr 40 Meilen südwestlich von dem
südlichen Ende der Gruppe, und die südlichste der Salvmonsinseln etwa in gleicher
Entfernung westlich vom nördlichen, während im Osten die fast 80 Meilen ent¬
fernten Fidschi-Inseln das nächste Land sind. Die Nenhebriden wurden ebenso
wie die Santa Cruz-Gruppe im Jahre 1595 von dem spanischen Seefahrer
Mendana entdeckt, aber sein Versuch, hier eine Niederlassung zu gründen, war
erfolglos. La Perouse erlitt 1788 an der Santa Cruz-Gruppe Schiffbruch und
blieb dann verschollen. Diese Eilande zerfallen in drei bestimmte Gruppen, die
von einander durch etwa 12 Meilen breite Wasserflächen getrennt sind: die süd¬
lichen Nenhebriden, die nördlichen mit den Banks-Jnseln und die Santa Crnz-
Jnseln mit den kleinen Gruppen der Duff- und der Swallow-Jnseln. Die süd¬
lichen Nenhebriden bestehen aus fünf Inseln, von denen Erromango die größte
ist, indem sie eine Länge von 6 und eine Breite von 4^ Meilen hat. Die
zweite an Größe ist das 6 Meilen davon entfernte Tanna, welches 3'/-z Meilen
lang und 2 breit ist, die dritte, Annitrum, 3^ Meilen lang und etwas breiter
als die letztgenannte; die beiden andern heißen Amwa und Fotuna. Alle fünf
zeigen Berge, von denen sich einige bis zu 3000 Fuß Hohe erheben. Die nörd¬
lichen Nenhebriden, die mit den Banks-Jnseln eigentlich eine und dieselbe Gruppe
bilden, zerfallen in fünfuudreißig größere und kleinere Inseln und Eilande. Die
größte ist Espiritu Santo, 15 Meilen lang und 8 Meilen breit; dann folgen
Mallicolo, 10 Meilen lang und 4 Meilen breit, Aurora und Pentekosta, jede
6 Meilen lang und 1 Meile breit, und Anbrhm, welches eine Länge von etwa 5 '/.
und eine Breite von etwa 3^ Meilen hat; die übrigen sind viel kleiner. Alle
sind bergig, die höchste ist Ambrym, wo sich der Vulkan Lepovi 5000 Fuß über
die Meeresfläche erhebt. Die Banks-Gruppe wird, abgesehen von einigen un-
bedeutenden Eilanden, von zwei je 3 Meilen langen Inseln gebildet, von denen
die eine Vanua Lava, die andre Santa Maria heißt. Einige Glieder dieser
Gruppen sind bloße Korallenriffe, die meisten aber sind vulkanisch. Thätige
Vulkane befinden sich auf Tinaknla, Ureparapara, Ambrym und Tanna, die 1872
allesamt in Eruption waren; daneben trifft man überall erloschene Krater, und in
Vanua Lava finden sich kochend heiße Quellen. Rings um die meisten Inseln


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/37>, abgerufen am 22.07.2024.