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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Mcirgan'cho von Navarra,

die Himmelskönigin und übersetzt: es saluo, .IciLuelirist ro/as uusvriooräo!
1632 ließ sie sogar, bei einem längern Aufenthalte in Paris, einen Saal im
Louvre als Kapelle Herrichten und öffentlich darin lutherischen Gottesdienst
halten. Auch ihr Gemahl, welcher der kirchlichen Bewegung ziemlich gleich-
giltig gegenüberstand, fand sich dazu manchmal ein, freilich mehr aus Neugierde
als aus Überzeugung.

Umso mehr wuchs jetzt auch der leidenschaftliche Haß der Gegner. Beim
Erscheinen der zweiten Ausgabe des Mroir, welche unter Margarethens Namen
1533 veröffentlicht wurde, beschloß die Sorbonne, ohne auf die Einwendungen
des Bischofs von sentis zu achten, das Werk auf den Index der verbotenen
Bücher zu setzen, ein Borgang, der den Zorn des Königs aufs höchste erregte.
Die Gedichte entfesselten einen wahren Sturm des Unwillens. Ein Franziskaner
in Margarethens Herzvgtumc predigte, man müsse Margarethe in einen Sack
stecken und in den Fluß werfe". Selbst die Pariser Schulkomödie ersah sich
die reformfrcuudliche Königin als Gegenstand ihres zügellosen Spottes. Um
die Anklagen zu entkräften, beauftragte schließlich der König den Rektor der
Pariser Universität, Nikolaus Cop, die Meinungen der vier Fakultäten über
den Niroir einzuholen, worauf die Universität nach einer Rede Cops, welche
Margarethen als ein Muster aller Tugenden und die Beschützerin der geistigen
Arbeit feierte, die Dichtungen der Königin als frei von jedem ketzerischen Irr¬
tume erklärte. Calvin, welcher damals noch in Paris lebte, glaubte, nun habe
der Ncformgcdauke an der Universität gesiegt, und traf Anstalten, ihn offen
zum Ausdruck zu bringen. Aber die Aussöhnung des Königs mit Papst Cle¬
mens VII. vernichtete alle Hoffnungen. Bereits im Jahre darauf, 1533, er¬
laubte Franz den Jnquisitivnsgerichteu, die Unterstützung der weltlichen Behörden
in Anspruch zu nehmen, wenn es sich um die Ausrottung der Ketzerei handelte,
und ein weiterer Erlaß verurteilte jeden zum Feuertode, welcher durch zwei
Zeugen des Luthertums überwiesen würde. Calvin und Cop flohen in die
Schweiz. Margarethe sah ihre Aussichten, den König für die Reformation zu
gewinnen, gänzlich vernichtet, sie zog sich nach Pan zurück und war bemüht,
wenigstens dort den flüchtigen Protestanten eine Zufluchtsstätte zu bieten. Die
Berfvlgung begann mit einer in Deutschland völlig unbekannten Heftigkeit. Die
Zahl der damals in der Dauphine und im Languedoc gemordeten Waldenser
wird auf dreitausend geschätzt.

Wenn aber auch in Beziehung auf religiöse Fragen Margarethens Einfluß
auf den König immer mehr geschwunden war, so wurde doch das innige Ver¬
hältnis der Geschwister dadurch nicht gestört; fortwährend standen sie in Brief¬
wechsel, an Werken der Kunst, an der Poesie erfreuten sie sich noch gemeinsam.
In Angelegenheiten der Kirche und auch der Politik gingen ihre Ansichten weit
auseinander, die Margarethen feindliche Umgebung des Königs wußte durch
Verleumdungen und Anklagen MißHelligkeiten unter den Geschwistern zu ver-


Mcirgan'cho von Navarra,

die Himmelskönigin und übersetzt: es saluo, .IciLuelirist ro/as uusvriooräo!
1632 ließ sie sogar, bei einem längern Aufenthalte in Paris, einen Saal im
Louvre als Kapelle Herrichten und öffentlich darin lutherischen Gottesdienst
halten. Auch ihr Gemahl, welcher der kirchlichen Bewegung ziemlich gleich-
giltig gegenüberstand, fand sich dazu manchmal ein, freilich mehr aus Neugierde
als aus Überzeugung.

Umso mehr wuchs jetzt auch der leidenschaftliche Haß der Gegner. Beim
Erscheinen der zweiten Ausgabe des Mroir, welche unter Margarethens Namen
1533 veröffentlicht wurde, beschloß die Sorbonne, ohne auf die Einwendungen
des Bischofs von sentis zu achten, das Werk auf den Index der verbotenen
Bücher zu setzen, ein Borgang, der den Zorn des Königs aufs höchste erregte.
Die Gedichte entfesselten einen wahren Sturm des Unwillens. Ein Franziskaner
in Margarethens Herzvgtumc predigte, man müsse Margarethe in einen Sack
stecken und in den Fluß werfe». Selbst die Pariser Schulkomödie ersah sich
die reformfrcuudliche Königin als Gegenstand ihres zügellosen Spottes. Um
die Anklagen zu entkräften, beauftragte schließlich der König den Rektor der
Pariser Universität, Nikolaus Cop, die Meinungen der vier Fakultäten über
den Niroir einzuholen, worauf die Universität nach einer Rede Cops, welche
Margarethen als ein Muster aller Tugenden und die Beschützerin der geistigen
Arbeit feierte, die Dichtungen der Königin als frei von jedem ketzerischen Irr¬
tume erklärte. Calvin, welcher damals noch in Paris lebte, glaubte, nun habe
der Ncformgcdauke an der Universität gesiegt, und traf Anstalten, ihn offen
zum Ausdruck zu bringen. Aber die Aussöhnung des Königs mit Papst Cle¬
mens VII. vernichtete alle Hoffnungen. Bereits im Jahre darauf, 1533, er¬
laubte Franz den Jnquisitivnsgerichteu, die Unterstützung der weltlichen Behörden
in Anspruch zu nehmen, wenn es sich um die Ausrottung der Ketzerei handelte,
und ein weiterer Erlaß verurteilte jeden zum Feuertode, welcher durch zwei
Zeugen des Luthertums überwiesen würde. Calvin und Cop flohen in die
Schweiz. Margarethe sah ihre Aussichten, den König für die Reformation zu
gewinnen, gänzlich vernichtet, sie zog sich nach Pan zurück und war bemüht,
wenigstens dort den flüchtigen Protestanten eine Zufluchtsstätte zu bieten. Die
Berfvlgung begann mit einer in Deutschland völlig unbekannten Heftigkeit. Die
Zahl der damals in der Dauphine und im Languedoc gemordeten Waldenser
wird auf dreitausend geschätzt.

Wenn aber auch in Beziehung auf religiöse Fragen Margarethens Einfluß
auf den König immer mehr geschwunden war, so wurde doch das innige Ver¬
hältnis der Geschwister dadurch nicht gestört; fortwährend standen sie in Brief¬
wechsel, an Werken der Kunst, an der Poesie erfreuten sie sich noch gemeinsam.
In Angelegenheiten der Kirche und auch der Politik gingen ihre Ansichten weit
auseinander, die Margarethen feindliche Umgebung des Königs wußte durch
Verleumdungen und Anklagen MißHelligkeiten unter den Geschwistern zu ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/174>, abgerufen am 22.07.2024.