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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Einfamilienhäuser und großstädtische Villen.

Hältnisse u. s. w. einen Blick, und suchen wir dann über die Frage, welche Vorteile
dem gegenüber das Einfamilienhaus bietet und inwieweit dessen Durchführung
möglich ist, ins Klare zu kommen.

Niemand wird bestreiten, das; die Mietkaserne in verschiednen wesentlichen
Punkten einen nicht zu verachtenden Fortschritt gegenüber so manchen Wohnungen,
welche durch sie beseitigt worden sind, darstellt. Sie ist kviitrvlirbar und
unterliegt darum allen den Anforderungen, welche die moderne Gesuudhcits- und
Sicherheitspolizei stellt, theoretisch in vollem Umfange; sie zwingt hinsichtlich
ihrer Instandhaltung zu einer gewissen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, weil sie
sonst sehr schnell zu einer Zufluchtsstätte für die zweifelhafteste Klasse von
Mietern herabsinkt, was zwar möglicherweise ihrem Mietswerte keinen Eintrag
thun würde, aber doch nicht jedermanns Sache ist; sie läßt, da an die Widerstands¬
fähigkeit größerer Gebäude doch unter allen Umständen ansehnliche Anforderungen
gestellt werden, eine solide Fuudirung und Bauausführung wenigstens wahr¬
scheinlich erscheinen; sie ermöglicht eine durchgreifende Fürsorge gegen Feuersgefahr
und einen gegen die Mieter geübten Zwang, ihr Mobiliar zu versichern; sie übt,
so zweifelhaft auch die hergestellten Räume nach Größe und Beschaffenheit oft
sein mögen, doch einen starken Druck in der Richtung, einigermaßen ansehnliche
und wohleingerichtete Räume zu schaffen, die Küchen mit zeitgemäßen, ver¬
besserten Einrichtungen zu versehen, Wasserleitung einzuführen, auch manchen
sonstigen Forderungen einer fortschreitende!! Kultur und eines verfeinerten
Bedarfs (z. B. dem Anspruch auf Speisekammern und ans eigne Kabinette für
die Dienstmädchen, vor allem auch auf ordentliche Abtritte) zu entsprechen. Auch
hat sich herausgestellt, daß die vielen Stockwerke nicht lediglich als Übelstand
zu betrachte" sind, sondern daß das täglich mehrmalige Ersteigen von drei oder
vier Treppen (sofern nur der Zustand von Lunge und Brustkasten nicht gar zu
hoffnungslos ist) entschieden nützt und kräftigt, und daß überhaupt die ungesunden
Wohnungen nicht die obern, mit Licht und Luft ja reichlich ausgerüsteten,
sondern vielmehr die untern sind, die obendrein anch noch die Wirkungen aller¬
hand ungesunder, von den obern Wohnungen herab in die Mauern dringender
Stoffe empfinden. Gemäß allen diesen Erwägungen ist denn auch längst anerkannt
worden, daß es nicht sowohl die eigentlichen vieletagigcn Hnnser, sondern vielmehr
die Hinterhäuser und Hvfwvhuuugen, und außerdem speziell die Keller- (sowie
vielfach auch die Parterre-) Wohnungen sind, welche als bedenklich und unerfreulich
bezeichnet werden müssen; und selbst diese Wohnungen nehmen bis zu einem
gewissen Maße an den Vorteilen teil, welche wir oben aufgezählt habe". Dazu
kommen ähnliche Vorteile, welche durch den Zustand der Straßen, in denen
die städtischen Mietkasernen zu entstehen pflegen, bewirkt werden. Durchgehends
sind diese Straßen breit, können also sauber gehalten und bei Bränden ausgiebig
zum Löschverfahreu benutzt werden. Gar zu arge Ausschreitungen gegen die
öffentliche Sittlichkeit, oder Bedrohungen von Personen oder Eigentum, oder Zu-


Einfamilienhäuser und großstädtische Villen.

Hältnisse u. s. w. einen Blick, und suchen wir dann über die Frage, welche Vorteile
dem gegenüber das Einfamilienhaus bietet und inwieweit dessen Durchführung
möglich ist, ins Klare zu kommen.

Niemand wird bestreiten, das; die Mietkaserne in verschiednen wesentlichen
Punkten einen nicht zu verachtenden Fortschritt gegenüber so manchen Wohnungen,
welche durch sie beseitigt worden sind, darstellt. Sie ist kviitrvlirbar und
unterliegt darum allen den Anforderungen, welche die moderne Gesuudhcits- und
Sicherheitspolizei stellt, theoretisch in vollem Umfange; sie zwingt hinsichtlich
ihrer Instandhaltung zu einer gewissen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, weil sie
sonst sehr schnell zu einer Zufluchtsstätte für die zweifelhafteste Klasse von
Mietern herabsinkt, was zwar möglicherweise ihrem Mietswerte keinen Eintrag
thun würde, aber doch nicht jedermanns Sache ist; sie läßt, da an die Widerstands¬
fähigkeit größerer Gebäude doch unter allen Umständen ansehnliche Anforderungen
gestellt werden, eine solide Fuudirung und Bauausführung wenigstens wahr¬
scheinlich erscheinen; sie ermöglicht eine durchgreifende Fürsorge gegen Feuersgefahr
und einen gegen die Mieter geübten Zwang, ihr Mobiliar zu versichern; sie übt,
so zweifelhaft auch die hergestellten Räume nach Größe und Beschaffenheit oft
sein mögen, doch einen starken Druck in der Richtung, einigermaßen ansehnliche
und wohleingerichtete Räume zu schaffen, die Küchen mit zeitgemäßen, ver¬
besserten Einrichtungen zu versehen, Wasserleitung einzuführen, auch manchen
sonstigen Forderungen einer fortschreitende!! Kultur und eines verfeinerten
Bedarfs (z. B. dem Anspruch auf Speisekammern und ans eigne Kabinette für
die Dienstmädchen, vor allem auch auf ordentliche Abtritte) zu entsprechen. Auch
hat sich herausgestellt, daß die vielen Stockwerke nicht lediglich als Übelstand
zu betrachte» sind, sondern daß das täglich mehrmalige Ersteigen von drei oder
vier Treppen (sofern nur der Zustand von Lunge und Brustkasten nicht gar zu
hoffnungslos ist) entschieden nützt und kräftigt, und daß überhaupt die ungesunden
Wohnungen nicht die obern, mit Licht und Luft ja reichlich ausgerüsteten,
sondern vielmehr die untern sind, die obendrein anch noch die Wirkungen aller¬
hand ungesunder, von den obern Wohnungen herab in die Mauern dringender
Stoffe empfinden. Gemäß allen diesen Erwägungen ist denn auch längst anerkannt
worden, daß es nicht sowohl die eigentlichen vieletagigcn Hnnser, sondern vielmehr
die Hinterhäuser und Hvfwvhuuugen, und außerdem speziell die Keller- (sowie
vielfach auch die Parterre-) Wohnungen sind, welche als bedenklich und unerfreulich
bezeichnet werden müssen; und selbst diese Wohnungen nehmen bis zu einem
gewissen Maße an den Vorteilen teil, welche wir oben aufgezählt habe». Dazu
kommen ähnliche Vorteile, welche durch den Zustand der Straßen, in denen
die städtischen Mietkasernen zu entstehen pflegen, bewirkt werden. Durchgehends
sind diese Straßen breit, können also sauber gehalten und bei Bränden ausgiebig
zum Löschverfahreu benutzt werden. Gar zu arge Ausschreitungen gegen die
öffentliche Sittlichkeit, oder Bedrohungen von Personen oder Eigentum, oder Zu-


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[0114] Einfamilienhäuser und großstädtische Villen. Hältnisse u. s. w. einen Blick, und suchen wir dann über die Frage, welche Vorteile dem gegenüber das Einfamilienhaus bietet und inwieweit dessen Durchführung möglich ist, ins Klare zu kommen. Niemand wird bestreiten, das; die Mietkaserne in verschiednen wesentlichen Punkten einen nicht zu verachtenden Fortschritt gegenüber so manchen Wohnungen, welche durch sie beseitigt worden sind, darstellt. Sie ist kviitrvlirbar und unterliegt darum allen den Anforderungen, welche die moderne Gesuudhcits- und Sicherheitspolizei stellt, theoretisch in vollem Umfange; sie zwingt hinsichtlich ihrer Instandhaltung zu einer gewissen Sorgfalt und Aufmerksamkeit, weil sie sonst sehr schnell zu einer Zufluchtsstätte für die zweifelhafteste Klasse von Mietern herabsinkt, was zwar möglicherweise ihrem Mietswerte keinen Eintrag thun würde, aber doch nicht jedermanns Sache ist; sie läßt, da an die Widerstands¬ fähigkeit größerer Gebäude doch unter allen Umständen ansehnliche Anforderungen gestellt werden, eine solide Fuudirung und Bauausführung wenigstens wahr¬ scheinlich erscheinen; sie ermöglicht eine durchgreifende Fürsorge gegen Feuersgefahr und einen gegen die Mieter geübten Zwang, ihr Mobiliar zu versichern; sie übt, so zweifelhaft auch die hergestellten Räume nach Größe und Beschaffenheit oft sein mögen, doch einen starken Druck in der Richtung, einigermaßen ansehnliche und wohleingerichtete Räume zu schaffen, die Küchen mit zeitgemäßen, ver¬ besserten Einrichtungen zu versehen, Wasserleitung einzuführen, auch manchen sonstigen Forderungen einer fortschreitende!! Kultur und eines verfeinerten Bedarfs (z. B. dem Anspruch auf Speisekammern und ans eigne Kabinette für die Dienstmädchen, vor allem auch auf ordentliche Abtritte) zu entsprechen. Auch hat sich herausgestellt, daß die vielen Stockwerke nicht lediglich als Übelstand zu betrachte» sind, sondern daß das täglich mehrmalige Ersteigen von drei oder vier Treppen (sofern nur der Zustand von Lunge und Brustkasten nicht gar zu hoffnungslos ist) entschieden nützt und kräftigt, und daß überhaupt die ungesunden Wohnungen nicht die obern, mit Licht und Luft ja reichlich ausgerüsteten, sondern vielmehr die untern sind, die obendrein anch noch die Wirkungen aller¬ hand ungesunder, von den obern Wohnungen herab in die Mauern dringender Stoffe empfinden. Gemäß allen diesen Erwägungen ist denn auch längst anerkannt worden, daß es nicht sowohl die eigentlichen vieletagigcn Hnnser, sondern vielmehr die Hinterhäuser und Hvfwvhuuugen, und außerdem speziell die Keller- (sowie vielfach auch die Parterre-) Wohnungen sind, welche als bedenklich und unerfreulich bezeichnet werden müssen; und selbst diese Wohnungen nehmen bis zu einem gewissen Maße an den Vorteilen teil, welche wir oben aufgezählt habe». Dazu kommen ähnliche Vorteile, welche durch den Zustand der Straßen, in denen die städtischen Mietkasernen zu entstehen pflegen, bewirkt werden. Durchgehends sind diese Straßen breit, können also sauber gehalten und bei Bränden ausgiebig zum Löschverfahreu benutzt werden. Gar zu arge Ausschreitungen gegen die öffentliche Sittlichkeit, oder Bedrohungen von Personen oder Eigentum, oder Zu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/114>, abgerufen am 24.08.2024.