Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Aus öxanion. Unterdrückung empfunden. Provenc/neu nach Abstammung und Sprache, fühlen Dagegen sind die religiösen Zustände in Spanien nach Bcrnhcirdis Schil¬ Das verwahrloste Land -- unzählig sind die Thatsachen, welche als Be¬ Aus öxanion. Unterdrückung empfunden. Provenc/neu nach Abstammung und Sprache, fühlen Dagegen sind die religiösen Zustände in Spanien nach Bcrnhcirdis Schil¬ Das verwahrloste Land — unzählig sind die Thatsachen, welche als Be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0530" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198596"/> <fw type="header" place="top"> Aus öxanion.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1514" prev="#ID_1513"> Unterdrückung empfunden. Provenc/neu nach Abstammung und Sprache, fühlen<lb/> sich die Katalane» den Franzosen mehr verwandt als den Kastilianern. Ein<lb/> angesehener Einwohner Bareelonas erklärte dem Verfasser, Madrid existire sur<lb/> Kastilien nicht, alle Interessen in Beziehung auf Lebe», Mode, Literatur und<lb/> Kunst gingen nach Paris, und mau würde nichts gegen eine Vereinigung mit<lb/> Frankreich einwenden. Mag in diesem Falle die Partcileideuschaft übertrieben<lb/> haben, so müsse» doch Stimmungen dieser Art die Schwierigkeiten in einen:<lb/> Lande vervielfältigen, ans dessen Beherrschung sast so viele Familien legitimen<lb/> Anspruch erheben wie in Frankreich, dessen Bewohner aber nicht wie die Franzosen<lb/> bei aller Stammesverschiedenheit durch das System der Bourbonen und die große<lb/> Revolution zu einer Nation verschmolzen worden sind.</p><lb/> <p xml:id="ID_1515"> Dagegen sind die religiösen Zustände in Spanien nach Bcrnhcirdis Schil¬<lb/> derung denen in Frankreich sehr gleichartig. Die Macht der Kirche ist durch<lb/> die Aufhebung der Klöster gebrochen, aber die verhängnisvollen Früchte der<lb/> langen Priesierhcrrschaft bestehen sort: Aberglaube, apathisches Sichvcrlasscn auf<lb/> die Jungfrau Maria und die lieben Heiligen, der felsenfeste Glaube, daß durch<lb/> Beichte und Absolution jede Sünde, jedes Verbrechen des guten .Katholiken ge¬<lb/> sühnt werde. Und dem gegenüber sieht, wie in alle» jenen Länder», in welchen<lb/> die Reformation unterdrückt worden ist, die völlige Gleichgiltigkeit der „Aufge¬<lb/> klärten" und das Bemühe» der Fortgeschrittener, alle und jede Religion zu<lb/> untergraben, das Volk für den Zukunftsstaat ohne Religion und ohne Negierung<lb/> zu erziehen. Wie charakteristisch ist die von dem Verfasser mehrmals hervor¬<lb/> gehobene Thatsache, daß nach der Vertreibung Jsabellens die Liberalen meinten,<lb/> es gebe in dem verwahrlosten Lande nichts Dringenderes zu thun, als über die<lb/> mit wenigen Ausnahmen verlassenen Klöster herzufallen und sie einzureißcn.<lb/> Dadurch hoffte» sie die Rückkehr der allgemein, nicht bloß ihnen, verhaßten<lb/> Mönche für immer unmöglich zu macheu!</p><lb/> <p xml:id="ID_1516" next="#ID_1517"> Das verwahrloste Land — unzählig sind die Thatsachen, welche als Be¬<lb/> weise für diesen harten Ausdruck angeführt werden können. Überall Entwaldung,<lb/> infolgedessen Versiegen der Wasscrznlciufc, Verfall der römische» und maurischen<lb/> Wasserleitungen, Unfruchtbarkeit des Bodeus. Den Schaden wieder gut zu machen,<lb/> wäre freilich eine äußerst schwierige Aufgabe, aber die Sorglosigkeit, die wich¬<lb/> tigern Angelegenheiten des Tages: Revolutionen und Konstitutionen und das<lb/> ewige enlum äinoros (es fehlt an Geld) lassen es nicht einmal zu einem Ver¬<lb/> suche kommen, den Wohlstand wieder zu heben. In ganz Spanien giebt es<lb/> nicht eine einzige Forstschule! Die Erzgruben Carthagenas, um deren Besitz<lb/> einst Rom und Karthago rangen, sind noch heute vou Bedeutung, aber wie<lb/> werden sie betrieben! „Die Eigentümer der Gruben und die der Hochöfen sind<lb/> thatsächlich identisch, im Geschäftsbetrieb aber werden sie gleichsam als ver-<lb/> schiedene Persönlichkeiten aufgefaßt. Die Eigentümer der Öfen vermieten diese<lb/> an Unternehmer, den Unternehmern verlaufen sie als Eigentümer der Gruben</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0530]
Aus öxanion.
Unterdrückung empfunden. Provenc/neu nach Abstammung und Sprache, fühlen
sich die Katalane» den Franzosen mehr verwandt als den Kastilianern. Ein
angesehener Einwohner Bareelonas erklärte dem Verfasser, Madrid existire sur
Kastilien nicht, alle Interessen in Beziehung auf Lebe», Mode, Literatur und
Kunst gingen nach Paris, und mau würde nichts gegen eine Vereinigung mit
Frankreich einwenden. Mag in diesem Falle die Partcileideuschaft übertrieben
haben, so müsse» doch Stimmungen dieser Art die Schwierigkeiten in einen:
Lande vervielfältigen, ans dessen Beherrschung sast so viele Familien legitimen
Anspruch erheben wie in Frankreich, dessen Bewohner aber nicht wie die Franzosen
bei aller Stammesverschiedenheit durch das System der Bourbonen und die große
Revolution zu einer Nation verschmolzen worden sind.
Dagegen sind die religiösen Zustände in Spanien nach Bcrnhcirdis Schil¬
derung denen in Frankreich sehr gleichartig. Die Macht der Kirche ist durch
die Aufhebung der Klöster gebrochen, aber die verhängnisvollen Früchte der
langen Priesierhcrrschaft bestehen sort: Aberglaube, apathisches Sichvcrlasscn auf
die Jungfrau Maria und die lieben Heiligen, der felsenfeste Glaube, daß durch
Beichte und Absolution jede Sünde, jedes Verbrechen des guten .Katholiken ge¬
sühnt werde. Und dem gegenüber sieht, wie in alle» jenen Länder», in welchen
die Reformation unterdrückt worden ist, die völlige Gleichgiltigkeit der „Aufge¬
klärten" und das Bemühe» der Fortgeschrittener, alle und jede Religion zu
untergraben, das Volk für den Zukunftsstaat ohne Religion und ohne Negierung
zu erziehen. Wie charakteristisch ist die von dem Verfasser mehrmals hervor¬
gehobene Thatsache, daß nach der Vertreibung Jsabellens die Liberalen meinten,
es gebe in dem verwahrlosten Lande nichts Dringenderes zu thun, als über die
mit wenigen Ausnahmen verlassenen Klöster herzufallen und sie einzureißcn.
Dadurch hoffte» sie die Rückkehr der allgemein, nicht bloß ihnen, verhaßten
Mönche für immer unmöglich zu macheu!
Das verwahrloste Land — unzählig sind die Thatsachen, welche als Be¬
weise für diesen harten Ausdruck angeführt werden können. Überall Entwaldung,
infolgedessen Versiegen der Wasscrznlciufc, Verfall der römische» und maurischen
Wasserleitungen, Unfruchtbarkeit des Bodeus. Den Schaden wieder gut zu machen,
wäre freilich eine äußerst schwierige Aufgabe, aber die Sorglosigkeit, die wich¬
tigern Angelegenheiten des Tages: Revolutionen und Konstitutionen und das
ewige enlum äinoros (es fehlt an Geld) lassen es nicht einmal zu einem Ver¬
suche kommen, den Wohlstand wieder zu heben. In ganz Spanien giebt es
nicht eine einzige Forstschule! Die Erzgruben Carthagenas, um deren Besitz
einst Rom und Karthago rangen, sind noch heute vou Bedeutung, aber wie
werden sie betrieben! „Die Eigentümer der Gruben und die der Hochöfen sind
thatsächlich identisch, im Geschäftsbetrieb aber werden sie gleichsam als ver-
schiedene Persönlichkeiten aufgefaßt. Die Eigentümer der Öfen vermieten diese
an Unternehmer, den Unternehmern verlaufen sie als Eigentümer der Gruben
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