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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Die deutschen Schutzgebiete und ihre Rechtsverhältnisse.

gelungen. Das Land ist besonders reich an Kupferminen, und gerade die
Ausbeutung dieser ist der Hauptzweck des Unternehmens der südwestafrikanischeu
Gesellschaft, welche, eben weil sie im wesentlichen auf die industrielle Ausbeutung
des Gebietes sich beschränkt, eines besondern Schntzbriefes nicht bedarf. Im
einzelnen wird hier das Eingreifen des Reiches darauf beschränkt bleiben, daß
der Gesellschaft in ihren Unternehmungen die freieste Bewegung gesichert wird.
Zu diesem Zwecke gilt es insbesondre noch, sich mit einzelnen englischen Privat¬
leuten anscinnnderznsetzen, welche ebenfalls den Erwerb gewisser Privatrechte in
diesem Gebiete behaupten. Eine englisch-deutsche Kommission hat in Kapstadt
die erforderlichen Erhebungen veranstaltet, und es ist nunmehr Aufgabe der
beiderseitigen Diplomatie, auf Grund derselben eine Vereinbarung zu erzielen.'

Die größere Gesellschaft in Afrika ist die deutsch-ostafriknnischc Gesellschaft,
an deren Spitze zur Zeit Dr. Peters steht. Diese Gesellschaft hat umfangreiche
Landcrwerbungeu in denjenigen Teilen des Kontinents gemacht, welche an das
Gebiet des Sultans von Zanzibar grenzen. Sie trägt den Keim einer deutschen
"Ostindischen" Kompagnie in sich, da sie überall von den Sultanen Hoheitsrechte
erworben hat. Für einen Teil ihrer Erwerbungen hat sie unterm 27. Februar 1885
einen kaiserlichen Schutzbrief erhalten, dessen Ausdehnung ihr zugesagt ist, sobald
sie eine feste rechtliche Form erlangt hat. Das von ihr erworbene Gebiet ist an
Umfang bereits größer als Deutschland und hat nach den Berichten über die Frucht¬
barkeit des Landes eine versprechende Zukunft. Die Gesellschaft hat zunächst die
Eifersucht des Sultans von Zanzibar zu überwinden, der bisher unter englischem
Einfluß sich wenig entgegenkommend zeigte, bis die Anwesenheit der deutschen
Flotte im Sommer vorigen Jahres ihm die nötige Achtung vor dem Reiche
einflößte. Der Abschluß eines Handelsvertrages sichert schou jetzt den deutschen
Kaufleuten in dem eignen Gebiete des Sultans die freie, zum Handelsbetriebe
nötige Bewegung. Auch ist eine Kommission aus deutschen, englischen und
französischen Vertretern in Zanzibar zusammengekommen, um die Grenzen des
Sultanats festzustellen, welche nach dem Innern eine etwas phantastische Richtung
genommen haben.

Endlich hat in Afrika noch der Sultan von Wien (Suaheli) durch den
Afrikareisenden Dehnhardt um den Schutz des deutschen Kaisers gebeten, und
es ist dieses Anerbieten vorbehültlich der Rechte Dritter angenommen worden.

In der Südsee (Neu-Guinea, Kaiser-Wilhelmsland, Bismarckarchipel) hatte
sich aus den Firmen, welche schon seit längerer Zeit Landcrwerbungen gemacht
hatten, bereits im Frühjahr 1884 die Neu-Guinea-Kompagnie gebildet, welche den
Zweck verfolgte, ein neues Staatswesen in jenen Gegenden zu begründen und,
ohne selbst Handel zu betreiben, Angehörige aller Nationen unter gleichen Be¬
dingungen zum Handel, Plantagenban und Gewerbebetrieb zuzulassen. Ein der
Gesellschaft am 17. Mai 1885 verliehener kaiserlicher Schutzbrief schließt sich im
wesentlichen dem der Ostafrikanischcn Gesellschaft verliehenen an. Die Neu-


Die deutschen Schutzgebiete und ihre Rechtsverhältnisse.

gelungen. Das Land ist besonders reich an Kupferminen, und gerade die
Ausbeutung dieser ist der Hauptzweck des Unternehmens der südwestafrikanischeu
Gesellschaft, welche, eben weil sie im wesentlichen auf die industrielle Ausbeutung
des Gebietes sich beschränkt, eines besondern Schntzbriefes nicht bedarf. Im
einzelnen wird hier das Eingreifen des Reiches darauf beschränkt bleiben, daß
der Gesellschaft in ihren Unternehmungen die freieste Bewegung gesichert wird.
Zu diesem Zwecke gilt es insbesondre noch, sich mit einzelnen englischen Privat¬
leuten anscinnnderznsetzen, welche ebenfalls den Erwerb gewisser Privatrechte in
diesem Gebiete behaupten. Eine englisch-deutsche Kommission hat in Kapstadt
die erforderlichen Erhebungen veranstaltet, und es ist nunmehr Aufgabe der
beiderseitigen Diplomatie, auf Grund derselben eine Vereinbarung zu erzielen.'

Die größere Gesellschaft in Afrika ist die deutsch-ostafriknnischc Gesellschaft,
an deren Spitze zur Zeit Dr. Peters steht. Diese Gesellschaft hat umfangreiche
Landcrwerbungeu in denjenigen Teilen des Kontinents gemacht, welche an das
Gebiet des Sultans von Zanzibar grenzen. Sie trägt den Keim einer deutschen
„Ostindischen" Kompagnie in sich, da sie überall von den Sultanen Hoheitsrechte
erworben hat. Für einen Teil ihrer Erwerbungen hat sie unterm 27. Februar 1885
einen kaiserlichen Schutzbrief erhalten, dessen Ausdehnung ihr zugesagt ist, sobald
sie eine feste rechtliche Form erlangt hat. Das von ihr erworbene Gebiet ist an
Umfang bereits größer als Deutschland und hat nach den Berichten über die Frucht¬
barkeit des Landes eine versprechende Zukunft. Die Gesellschaft hat zunächst die
Eifersucht des Sultans von Zanzibar zu überwinden, der bisher unter englischem
Einfluß sich wenig entgegenkommend zeigte, bis die Anwesenheit der deutschen
Flotte im Sommer vorigen Jahres ihm die nötige Achtung vor dem Reiche
einflößte. Der Abschluß eines Handelsvertrages sichert schou jetzt den deutschen
Kaufleuten in dem eignen Gebiete des Sultans die freie, zum Handelsbetriebe
nötige Bewegung. Auch ist eine Kommission aus deutschen, englischen und
französischen Vertretern in Zanzibar zusammengekommen, um die Grenzen des
Sultanats festzustellen, welche nach dem Innern eine etwas phantastische Richtung
genommen haben.

Endlich hat in Afrika noch der Sultan von Wien (Suaheli) durch den
Afrikareisenden Dehnhardt um den Schutz des deutschen Kaisers gebeten, und
es ist dieses Anerbieten vorbehültlich der Rechte Dritter angenommen worden.

In der Südsee (Neu-Guinea, Kaiser-Wilhelmsland, Bismarckarchipel) hatte
sich aus den Firmen, welche schon seit längerer Zeit Landcrwerbungen gemacht
hatten, bereits im Frühjahr 1884 die Neu-Guinea-Kompagnie gebildet, welche den
Zweck verfolgte, ein neues Staatswesen in jenen Gegenden zu begründen und,
ohne selbst Handel zu betreiben, Angehörige aller Nationen unter gleichen Be¬
dingungen zum Handel, Plantagenban und Gewerbebetrieb zuzulassen. Ein der
Gesellschaft am 17. Mai 1885 verliehener kaiserlicher Schutzbrief schließt sich im
wesentlichen dem der Ostafrikanischcn Gesellschaft verliehenen an. Die Neu-


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[0266] Die deutschen Schutzgebiete und ihre Rechtsverhältnisse. gelungen. Das Land ist besonders reich an Kupferminen, und gerade die Ausbeutung dieser ist der Hauptzweck des Unternehmens der südwestafrikanischeu Gesellschaft, welche, eben weil sie im wesentlichen auf die industrielle Ausbeutung des Gebietes sich beschränkt, eines besondern Schntzbriefes nicht bedarf. Im einzelnen wird hier das Eingreifen des Reiches darauf beschränkt bleiben, daß der Gesellschaft in ihren Unternehmungen die freieste Bewegung gesichert wird. Zu diesem Zwecke gilt es insbesondre noch, sich mit einzelnen englischen Privat¬ leuten anscinnnderznsetzen, welche ebenfalls den Erwerb gewisser Privatrechte in diesem Gebiete behaupten. Eine englisch-deutsche Kommission hat in Kapstadt die erforderlichen Erhebungen veranstaltet, und es ist nunmehr Aufgabe der beiderseitigen Diplomatie, auf Grund derselben eine Vereinbarung zu erzielen.' Die größere Gesellschaft in Afrika ist die deutsch-ostafriknnischc Gesellschaft, an deren Spitze zur Zeit Dr. Peters steht. Diese Gesellschaft hat umfangreiche Landcrwerbungeu in denjenigen Teilen des Kontinents gemacht, welche an das Gebiet des Sultans von Zanzibar grenzen. Sie trägt den Keim einer deutschen „Ostindischen" Kompagnie in sich, da sie überall von den Sultanen Hoheitsrechte erworben hat. Für einen Teil ihrer Erwerbungen hat sie unterm 27. Februar 1885 einen kaiserlichen Schutzbrief erhalten, dessen Ausdehnung ihr zugesagt ist, sobald sie eine feste rechtliche Form erlangt hat. Das von ihr erworbene Gebiet ist an Umfang bereits größer als Deutschland und hat nach den Berichten über die Frucht¬ barkeit des Landes eine versprechende Zukunft. Die Gesellschaft hat zunächst die Eifersucht des Sultans von Zanzibar zu überwinden, der bisher unter englischem Einfluß sich wenig entgegenkommend zeigte, bis die Anwesenheit der deutschen Flotte im Sommer vorigen Jahres ihm die nötige Achtung vor dem Reiche einflößte. Der Abschluß eines Handelsvertrages sichert schou jetzt den deutschen Kaufleuten in dem eignen Gebiete des Sultans die freie, zum Handelsbetriebe nötige Bewegung. Auch ist eine Kommission aus deutschen, englischen und französischen Vertretern in Zanzibar zusammengekommen, um die Grenzen des Sultanats festzustellen, welche nach dem Innern eine etwas phantastische Richtung genommen haben. Endlich hat in Afrika noch der Sultan von Wien (Suaheli) durch den Afrikareisenden Dehnhardt um den Schutz des deutschen Kaisers gebeten, und es ist dieses Anerbieten vorbehültlich der Rechte Dritter angenommen worden. In der Südsee (Neu-Guinea, Kaiser-Wilhelmsland, Bismarckarchipel) hatte sich aus den Firmen, welche schon seit längerer Zeit Landcrwerbungen gemacht hatten, bereits im Frühjahr 1884 die Neu-Guinea-Kompagnie gebildet, welche den Zweck verfolgte, ein neues Staatswesen in jenen Gegenden zu begründen und, ohne selbst Handel zu betreiben, Angehörige aller Nationen unter gleichen Be¬ dingungen zum Handel, Plantagenban und Gewerbebetrieb zuzulassen. Ein der Gesellschaft am 17. Mai 1885 verliehener kaiserlicher Schutzbrief schließt sich im wesentlichen dem der Ostafrikanischcn Gesellschaft verliehenen an. Die Neu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/266>, abgerufen am 24.07.2024.