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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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nützlicher Thätigkeit und angenehmer Geselligkeit. Am Sonntage war ich ein
für alle male zu dem Duca Serra ti Falco und dessen Kindern in die pracht¬
volle Villa in Olouzzo eingeladen. Zuweilen speiste ich bei der Familie des
biedern Principe Trabia, um den sich nach altpatriarchalischer Weise alle
Familienglieder versammelten. Selbst sein ältester Sohn, der Principe ti
Scordia, Vater von drei Kindern, wohnte bei den geliebten Eltern. Erst im
Herbste, wenn es am Meere zu windig wurde, bezogen sie ihren Palast in der
Strada Maequeda, dessen reiche Gemäldegalerie mich oft stundenlang fesselte.

Am Ende des Sommers kam die Nachricht, die Kaiserin von Rußland
werde den nächsten Winter in Palermo zubringen, und zwar werde sie in der
Villa der Fürstin Butera wohnen.

Am siebzehnten Oktober traf General Graf von Brandenburg mit seinem
Sohne in Palermo ein, vom König Friedrich Wilhelm IV. geschickt, um die
kaiserliche Schwester zu begrüßen. Ich besuchte den Grafen als alten Bekannten
sogleich und versprach ihn ebenso mit den ersten Familien Palermos, wie mit
den Sehenswürdigkeiten der Stadt und der schönen Umgegend bekannt zu macheu.
Wir machten in der That an jedem Nachmittage Auffahrten und am Abend
Familienbcsuche bei den Fürsten Partenna, Mouteleone und andern, oft
in deren Theaterlogen, woselbst mau im Vorzimmer wohl den Thee oder Er¬
frischungen einnahm, während die ältern Herrschaften sich einer Partie Karten
oder Schach Hingaben.

Am Nachmittage des neunzehnten Oktober fuhren wir nach Santa Maria
ti Gefü, dem schon früher erwähnten Minoritenkloster der Franziskaner. Die
Anhöhen prangten im üppigsten Baumwuchs, malerisch unterbrochen von Cypressen-
gruppen und den Anpflanzungen der indianischen Feige, deren weiße, gelbe,
feuer- und karmoisinrote Blüten ebenso mannichfaltig sind, als die Früchte,
namentlich die rvtfleischigen Moseatelli, wohlschmeckend. In diese Beobachtung
vertieft, erblickte ich in weiter Ferne über dein Monte Pellegrino einige Rauch¬
wolken: die längst erwartete kaiserlich russische Flotte. In der That, die fernen
Rauchsäulen kamen näher, wurden deutlicher; zuletzt konnte man bereits das
Hauptschiff unterscheiden.

Wir bestiegen den Wagen und fuhren nach Olouzzv zur Villa Butera.
Eine Kompagnie Grenadiere mit Bürenmützcn hatte bereits die Ehrenwache im
Nebengebäude bezogen. Equipagen mit geputzten Leuten und viele Fußgänger
füllten deu großen Platz.

Nach einer halben Stunde verkündigte ein vorreitender Courier den Wagen¬
zug der kaiserlichen Herrschaften. Im ersten offnen Wagen saß, zu unsrer
großen Überraschung, neben der Kaiserin der Kaiser Nikolaus, ihnen gegenüber
die Großfürstin Olga und unser Prinz Albrecht, welcher soeben aus dem Orient
zurückgekehrt war. Im zweiten Wagen saß die Schwester der Kaiserin, die
Fran Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, mit ihrer Tochter Prinzessin


nützlicher Thätigkeit und angenehmer Geselligkeit. Am Sonntage war ich ein
für alle male zu dem Duca Serra ti Falco und dessen Kindern in die pracht¬
volle Villa in Olouzzo eingeladen. Zuweilen speiste ich bei der Familie des
biedern Principe Trabia, um den sich nach altpatriarchalischer Weise alle
Familienglieder versammelten. Selbst sein ältester Sohn, der Principe ti
Scordia, Vater von drei Kindern, wohnte bei den geliebten Eltern. Erst im
Herbste, wenn es am Meere zu windig wurde, bezogen sie ihren Palast in der
Strada Maequeda, dessen reiche Gemäldegalerie mich oft stundenlang fesselte.

Am Ende des Sommers kam die Nachricht, die Kaiserin von Rußland
werde den nächsten Winter in Palermo zubringen, und zwar werde sie in der
Villa der Fürstin Butera wohnen.

Am siebzehnten Oktober traf General Graf von Brandenburg mit seinem
Sohne in Palermo ein, vom König Friedrich Wilhelm IV. geschickt, um die
kaiserliche Schwester zu begrüßen. Ich besuchte den Grafen als alten Bekannten
sogleich und versprach ihn ebenso mit den ersten Familien Palermos, wie mit
den Sehenswürdigkeiten der Stadt und der schönen Umgegend bekannt zu macheu.
Wir machten in der That an jedem Nachmittage Auffahrten und am Abend
Familienbcsuche bei den Fürsten Partenna, Mouteleone und andern, oft
in deren Theaterlogen, woselbst mau im Vorzimmer wohl den Thee oder Er¬
frischungen einnahm, während die ältern Herrschaften sich einer Partie Karten
oder Schach Hingaben.

Am Nachmittage des neunzehnten Oktober fuhren wir nach Santa Maria
ti Gefü, dem schon früher erwähnten Minoritenkloster der Franziskaner. Die
Anhöhen prangten im üppigsten Baumwuchs, malerisch unterbrochen von Cypressen-
gruppen und den Anpflanzungen der indianischen Feige, deren weiße, gelbe,
feuer- und karmoisinrote Blüten ebenso mannichfaltig sind, als die Früchte,
namentlich die rvtfleischigen Moseatelli, wohlschmeckend. In diese Beobachtung
vertieft, erblickte ich in weiter Ferne über dein Monte Pellegrino einige Rauch¬
wolken: die längst erwartete kaiserlich russische Flotte. In der That, die fernen
Rauchsäulen kamen näher, wurden deutlicher; zuletzt konnte man bereits das
Hauptschiff unterscheiden.

Wir bestiegen den Wagen und fuhren nach Olouzzv zur Villa Butera.
Eine Kompagnie Grenadiere mit Bürenmützcn hatte bereits die Ehrenwache im
Nebengebäude bezogen. Equipagen mit geputzten Leuten und viele Fußgänger
füllten deu großen Platz.

Nach einer halben Stunde verkündigte ein vorreitender Courier den Wagen¬
zug der kaiserlichen Herrschaften. Im ersten offnen Wagen saß, zu unsrer
großen Überraschung, neben der Kaiserin der Kaiser Nikolaus, ihnen gegenüber
die Großfürstin Olga und unser Prinz Albrecht, welcher soeben aus dem Orient
zurückgekehrt war. Im zweiten Wagen saß die Schwester der Kaiserin, die
Fran Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, mit ihrer Tochter Prinzessin


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[0228] nützlicher Thätigkeit und angenehmer Geselligkeit. Am Sonntage war ich ein für alle male zu dem Duca Serra ti Falco und dessen Kindern in die pracht¬ volle Villa in Olouzzo eingeladen. Zuweilen speiste ich bei der Familie des biedern Principe Trabia, um den sich nach altpatriarchalischer Weise alle Familienglieder versammelten. Selbst sein ältester Sohn, der Principe ti Scordia, Vater von drei Kindern, wohnte bei den geliebten Eltern. Erst im Herbste, wenn es am Meere zu windig wurde, bezogen sie ihren Palast in der Strada Maequeda, dessen reiche Gemäldegalerie mich oft stundenlang fesselte. Am Ende des Sommers kam die Nachricht, die Kaiserin von Rußland werde den nächsten Winter in Palermo zubringen, und zwar werde sie in der Villa der Fürstin Butera wohnen. Am siebzehnten Oktober traf General Graf von Brandenburg mit seinem Sohne in Palermo ein, vom König Friedrich Wilhelm IV. geschickt, um die kaiserliche Schwester zu begrüßen. Ich besuchte den Grafen als alten Bekannten sogleich und versprach ihn ebenso mit den ersten Familien Palermos, wie mit den Sehenswürdigkeiten der Stadt und der schönen Umgegend bekannt zu macheu. Wir machten in der That an jedem Nachmittage Auffahrten und am Abend Familienbcsuche bei den Fürsten Partenna, Mouteleone und andern, oft in deren Theaterlogen, woselbst mau im Vorzimmer wohl den Thee oder Er¬ frischungen einnahm, während die ältern Herrschaften sich einer Partie Karten oder Schach Hingaben. Am Nachmittage des neunzehnten Oktober fuhren wir nach Santa Maria ti Gefü, dem schon früher erwähnten Minoritenkloster der Franziskaner. Die Anhöhen prangten im üppigsten Baumwuchs, malerisch unterbrochen von Cypressen- gruppen und den Anpflanzungen der indianischen Feige, deren weiße, gelbe, feuer- und karmoisinrote Blüten ebenso mannichfaltig sind, als die Früchte, namentlich die rvtfleischigen Moseatelli, wohlschmeckend. In diese Beobachtung vertieft, erblickte ich in weiter Ferne über dein Monte Pellegrino einige Rauch¬ wolken: die längst erwartete kaiserlich russische Flotte. In der That, die fernen Rauchsäulen kamen näher, wurden deutlicher; zuletzt konnte man bereits das Hauptschiff unterscheiden. Wir bestiegen den Wagen und fuhren nach Olouzzv zur Villa Butera. Eine Kompagnie Grenadiere mit Bürenmützcn hatte bereits die Ehrenwache im Nebengebäude bezogen. Equipagen mit geputzten Leuten und viele Fußgänger füllten deu großen Platz. Nach einer halben Stunde verkündigte ein vorreitender Courier den Wagen¬ zug der kaiserlichen Herrschaften. Im ersten offnen Wagen saß, zu unsrer großen Überraschung, neben der Kaiserin der Kaiser Nikolaus, ihnen gegenüber die Großfürstin Olga und unser Prinz Albrecht, welcher soeben aus dem Orient zurückgekehrt war. Im zweiten Wagen saß die Schwester der Kaiserin, die Fran Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, mit ihrer Tochter Prinzessin

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/228>, abgerufen am 23.07.2024.