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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Ccnnoims.

Ehe Catarina ein Wort zu erwiedern vermochte, erhob sich die Herzogin
von Vraganza, welche der ganzen Unterredung und namentlich der letzten leiden¬
schaftlichen Ansprache des Königs mit halber Befriedigung und halbem Unmut
gelauscht hatte. Sie faßte mit großer Würde die rechte Hand ihrer schönen
Pflegebefohlenen und neigte sich ehrfurchtsvoll vor dem jungen Herrscher:

Die Antwort, die Eure Majestät begehrt, kann die Gräfin Palmeirim Euch
heute und hier nicht geben, allergncidigster Herr, Wenn es Euch gefallen sollte,
die Frage in meiner Wohnung zu wiederholen, nachdem Eure Majestät im
Staatsrat ihren unerschütterlichen Entschluß verkündet hat, Portugal eine
Königin zu geben, so wird dein König die Antwort werden, die ihm und
uns ziemt.

Catarina schien sich der mütterlichen Beraterin völlig zu überlassen. Sie
stand blaß und lautlos auf den Arm der Herzogin gestützt in der Mitte des
glänzenden Kreises und dem König gegenüber. Sie fühlte, daß die Angen von
mehr als dreihundert Menschen, welche sich im Saal und an den offene" Thüren
aller Nebenräume drängten, auf sie gerichtet waren, der schimmernde Ring um
sie und den König ward enger und enger, die Decke des Saales über ihr schwankte,
und die schwüle Luft und die heißen Wohlgerüche verdichteten sich zu einem
farbigen Nebel. Es war ihr, als ob sie aus diesem Nebel heraus nur noch
Dom Sebastian sehe. Der Blick des Königs hing noch immer an ihren bleichen
Lippen, zugleich aber klang die Stimme der Herzogin in ihr Ohr:

Komm, komm, mein Kind -- Seine Majestät gewährt uns gnädigst Urlaub.
Du hast Ruhe und ein stilles Gebet zu deinen Schutzheiligen nötig. Der König
fordert nicht, daß wir jetzt hier verharren!

Die Herzogin faßte die Hand des zitternden Mädchens fester in die ihre
und zog Catarina ein paar schwankende Schritte hinweg. Die junge Gräfin
brachte auch jetzt keine Silbe hervor, aber in ihren Augen leuchtete ein Schimmer
auf, der des Königs Züge wieder erhellte, ohne Wort hatte die Scheidende ihn
wissen lassen, daß ihr Leben ihm gehöre.

Gute Nacht, Frau Herzogin -- gute Nacht, Gräfin! rief Dom Sebastian
mit so lauter Stimme, daß seine Worte überall in dem weiten Raume gehört
wurden, in welchem mit einem male das hundertstimmige Gespräch und selbst
das Rauschen der Gewänder und Fächer verstummt war. Gute Nacht und auf
Wiedersehen morgen! Im Tone des Königs war ein Aufjauchzen, ein Heller,
silberner Klang von Glück und Hoffnung unverkennbar, die Männer, welche den
jungen Herrscher genauer kannten, sahen einander bedeutsam an, Casalinho, der
Jägermeister, flüsterte dein Grafen Vimioso zu: So hell, so lustig horte ich
sonst seine Stimme nur auf der Jagd, wenn er eine große Gefahr siegreich be¬
standen hat!

Die Wirkung!des frohen Klanges aber ward augenblicklich und weithin
sichtbar. Sowie die Herzogin >ab Gräfin Catarina jenem Ausgang der Fest-


Ccnnoims.

Ehe Catarina ein Wort zu erwiedern vermochte, erhob sich die Herzogin
von Vraganza, welche der ganzen Unterredung und namentlich der letzten leiden¬
schaftlichen Ansprache des Königs mit halber Befriedigung und halbem Unmut
gelauscht hatte. Sie faßte mit großer Würde die rechte Hand ihrer schönen
Pflegebefohlenen und neigte sich ehrfurchtsvoll vor dem jungen Herrscher:

Die Antwort, die Eure Majestät begehrt, kann die Gräfin Palmeirim Euch
heute und hier nicht geben, allergncidigster Herr, Wenn es Euch gefallen sollte,
die Frage in meiner Wohnung zu wiederholen, nachdem Eure Majestät im
Staatsrat ihren unerschütterlichen Entschluß verkündet hat, Portugal eine
Königin zu geben, so wird dein König die Antwort werden, die ihm und
uns ziemt.

Catarina schien sich der mütterlichen Beraterin völlig zu überlassen. Sie
stand blaß und lautlos auf den Arm der Herzogin gestützt in der Mitte des
glänzenden Kreises und dem König gegenüber. Sie fühlte, daß die Angen von
mehr als dreihundert Menschen, welche sich im Saal und an den offene» Thüren
aller Nebenräume drängten, auf sie gerichtet waren, der schimmernde Ring um
sie und den König ward enger und enger, die Decke des Saales über ihr schwankte,
und die schwüle Luft und die heißen Wohlgerüche verdichteten sich zu einem
farbigen Nebel. Es war ihr, als ob sie aus diesem Nebel heraus nur noch
Dom Sebastian sehe. Der Blick des Königs hing noch immer an ihren bleichen
Lippen, zugleich aber klang die Stimme der Herzogin in ihr Ohr:

Komm, komm, mein Kind — Seine Majestät gewährt uns gnädigst Urlaub.
Du hast Ruhe und ein stilles Gebet zu deinen Schutzheiligen nötig. Der König
fordert nicht, daß wir jetzt hier verharren!

Die Herzogin faßte die Hand des zitternden Mädchens fester in die ihre
und zog Catarina ein paar schwankende Schritte hinweg. Die junge Gräfin
brachte auch jetzt keine Silbe hervor, aber in ihren Augen leuchtete ein Schimmer
auf, der des Königs Züge wieder erhellte, ohne Wort hatte die Scheidende ihn
wissen lassen, daß ihr Leben ihm gehöre.

Gute Nacht, Frau Herzogin — gute Nacht, Gräfin! rief Dom Sebastian
mit so lauter Stimme, daß seine Worte überall in dem weiten Raume gehört
wurden, in welchem mit einem male das hundertstimmige Gespräch und selbst
das Rauschen der Gewänder und Fächer verstummt war. Gute Nacht und auf
Wiedersehen morgen! Im Tone des Königs war ein Aufjauchzen, ein Heller,
silberner Klang von Glück und Hoffnung unverkennbar, die Männer, welche den
jungen Herrscher genauer kannten, sahen einander bedeutsam an, Casalinho, der
Jägermeister, flüsterte dein Grafen Vimioso zu: So hell, so lustig horte ich
sonst seine Stimme nur auf der Jagd, wenn er eine große Gefahr siegreich be¬
standen hat!

Die Wirkung!des frohen Klanges aber ward augenblicklich und weithin
sichtbar. Sowie die Herzogin >ab Gräfin Catarina jenem Ausgang der Fest-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/150>, abgerufen am 23.07.2024.