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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Lamoens.

Wünschen gestattet, Herr, so bitte ich das maurische Mädchen bei mir im Palast
behalten zu dürfen, uicht als meine Dienerin, denn sie ist edelgeboren, wie mir
die Herren sagen, sondern als Gesellschafterin und Gespielin.

Sie sah den König bei dieser Bitte ernst und doch kindlich vertrauend an.
Dom Sebastian versagte sich einen Seufzer nicht, daß die junge Gräfin immer
wieder seinem fürstlichen Sinne zuschrieb, was er als Ausfluß seiner persönlichen
Empfindung betrachtet wissen wollte.

Ich hatte Euch im voraus gewährt, was Ihr erbitten würdet, Donna
Catarina! gab er in etwas gereizterm Tone zur Antwort. Ihr werdet natür¬
lich auch begehren, Eure Schutzbefohlene und neue Gespielin mit Euch zu nehmen
und mich nicht durch Eure Teilnahme an meiner Jagd erfreuen können?

Und warum nicht, allergnädigster Herr? fragte Catarina dagegen. Esmah
kann im Geleit Senhor Manuels und seines Freundes, die ihre ersten Beschützer
waren, nach Cintra hinabkommen, mein Stallmeister und Falkner sind mit mir,
Eure Majestät hat zu gebieten, ob ich ihrem Jagdzug folgen soll oder nicht!

Ich gebiete Euch nichts! versetzte Dom Sebastian, und wieder traf der
Blick, vor dem Catarina Palmeirim schon einmal zu Boden gesehen hatte, das
schöne Mädchen. Wenn ihr nicht freiwillig und weil auch Ihr Freude dabei
empfindet, meine Jagdlust zu teilen begehrt, so war es unnütz, daß ich mich
dieses unverhofften Begegnens freute!

Ihr wißt, Herr, wie hoch mich Eure Einladung ehrt, sagte Catarina, welche
den gereizten Ton, in dem der König die letzten Worte gesprochen hatte, völlig
zu überhören schien. Erlaubt, daß ich, bis Senhor Luis wiederkehrt, meinem
alten Miraflores die nötigen Weisungen gebe.

Sie winkte ihren Stallmeister zu sich heran, welcher mit verdrossener Miene
die unverständlichen Vorgänge der letzten Viertelstunde mit angeschaut und, als
Dom Sebastian seine Annäherung zurückgewiesen hatte, von seinem Unmut beinahe
überwältigt worden war. Der König darf alles -- doch ich möchte den sehen
außer dem König, welcher nur verbieten wollte meine Pflicht zu thun! hatte
er gemurrt. Es ist meine klare Pflicht, neben meiner jungen Gebieterin zu
bleiben, und mir ist, als Hütte ich heute viel hartnäckiger auf meinem Platze
bestehen sollen. Wo der verruchte Poet seineu Fuß hinsetzt, wächst ein Unheil
für das Haus Palmeirim aus dem Boden.

Mit erfreuten Gesicht folgte er jetzt dem Winke Catarinas und war,
während er vor dem König auf die Kniee siel und sich steif und mühselig wieder
erhob, ganz Ohr für ihre Weisung. Laß unsre Pferde rüsten, Seine Majestät
wünscht, daß wir der Jagd des Königs folgen! sagte sie mit lauter Stimme.
Leiser fügte sie hinzu: Geh zum Jägermeister des königlichen Gefolges, das
dort hält, erkundige dich, wohin wir reiten und wie lange die Jagd währen wird!

Die Zufriedenheit, mit welcher der Alte diese Befehle vernahm, ward ihm
durch die Rückkehr von Senhor Luis Camoens getrübt. Er sah, daß Barreto


Lamoens.

Wünschen gestattet, Herr, so bitte ich das maurische Mädchen bei mir im Palast
behalten zu dürfen, uicht als meine Dienerin, denn sie ist edelgeboren, wie mir
die Herren sagen, sondern als Gesellschafterin und Gespielin.

Sie sah den König bei dieser Bitte ernst und doch kindlich vertrauend an.
Dom Sebastian versagte sich einen Seufzer nicht, daß die junge Gräfin immer
wieder seinem fürstlichen Sinne zuschrieb, was er als Ausfluß seiner persönlichen
Empfindung betrachtet wissen wollte.

Ich hatte Euch im voraus gewährt, was Ihr erbitten würdet, Donna
Catarina! gab er in etwas gereizterm Tone zur Antwort. Ihr werdet natür¬
lich auch begehren, Eure Schutzbefohlene und neue Gespielin mit Euch zu nehmen
und mich nicht durch Eure Teilnahme an meiner Jagd erfreuen können?

Und warum nicht, allergnädigster Herr? fragte Catarina dagegen. Esmah
kann im Geleit Senhor Manuels und seines Freundes, die ihre ersten Beschützer
waren, nach Cintra hinabkommen, mein Stallmeister und Falkner sind mit mir,
Eure Majestät hat zu gebieten, ob ich ihrem Jagdzug folgen soll oder nicht!

Ich gebiete Euch nichts! versetzte Dom Sebastian, und wieder traf der
Blick, vor dem Catarina Palmeirim schon einmal zu Boden gesehen hatte, das
schöne Mädchen. Wenn ihr nicht freiwillig und weil auch Ihr Freude dabei
empfindet, meine Jagdlust zu teilen begehrt, so war es unnütz, daß ich mich
dieses unverhofften Begegnens freute!

Ihr wißt, Herr, wie hoch mich Eure Einladung ehrt, sagte Catarina, welche
den gereizten Ton, in dem der König die letzten Worte gesprochen hatte, völlig
zu überhören schien. Erlaubt, daß ich, bis Senhor Luis wiederkehrt, meinem
alten Miraflores die nötigen Weisungen gebe.

Sie winkte ihren Stallmeister zu sich heran, welcher mit verdrossener Miene
die unverständlichen Vorgänge der letzten Viertelstunde mit angeschaut und, als
Dom Sebastian seine Annäherung zurückgewiesen hatte, von seinem Unmut beinahe
überwältigt worden war. Der König darf alles — doch ich möchte den sehen
außer dem König, welcher nur verbieten wollte meine Pflicht zu thun! hatte
er gemurrt. Es ist meine klare Pflicht, neben meiner jungen Gebieterin zu
bleiben, und mir ist, als Hütte ich heute viel hartnäckiger auf meinem Platze
bestehen sollen. Wo der verruchte Poet seineu Fuß hinsetzt, wächst ein Unheil
für das Haus Palmeirim aus dem Boden.

Mit erfreuten Gesicht folgte er jetzt dem Winke Catarinas und war,
während er vor dem König auf die Kniee siel und sich steif und mühselig wieder
erhob, ganz Ohr für ihre Weisung. Laß unsre Pferde rüsten, Seine Majestät
wünscht, daß wir der Jagd des Königs folgen! sagte sie mit lauter Stimme.
Leiser fügte sie hinzu: Geh zum Jägermeister des königlichen Gefolges, das
dort hält, erkundige dich, wohin wir reiten und wie lange die Jagd währen wird!

Die Zufriedenheit, mit welcher der Alte diese Befehle vernahm, ward ihm
durch die Rückkehr von Senhor Luis Camoens getrübt. Er sah, daß Barreto


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[0631] Lamoens. Wünschen gestattet, Herr, so bitte ich das maurische Mädchen bei mir im Palast behalten zu dürfen, uicht als meine Dienerin, denn sie ist edelgeboren, wie mir die Herren sagen, sondern als Gesellschafterin und Gespielin. Sie sah den König bei dieser Bitte ernst und doch kindlich vertrauend an. Dom Sebastian versagte sich einen Seufzer nicht, daß die junge Gräfin immer wieder seinem fürstlichen Sinne zuschrieb, was er als Ausfluß seiner persönlichen Empfindung betrachtet wissen wollte. Ich hatte Euch im voraus gewährt, was Ihr erbitten würdet, Donna Catarina! gab er in etwas gereizterm Tone zur Antwort. Ihr werdet natür¬ lich auch begehren, Eure Schutzbefohlene und neue Gespielin mit Euch zu nehmen und mich nicht durch Eure Teilnahme an meiner Jagd erfreuen können? Und warum nicht, allergnädigster Herr? fragte Catarina dagegen. Esmah kann im Geleit Senhor Manuels und seines Freundes, die ihre ersten Beschützer waren, nach Cintra hinabkommen, mein Stallmeister und Falkner sind mit mir, Eure Majestät hat zu gebieten, ob ich ihrem Jagdzug folgen soll oder nicht! Ich gebiete Euch nichts! versetzte Dom Sebastian, und wieder traf der Blick, vor dem Catarina Palmeirim schon einmal zu Boden gesehen hatte, das schöne Mädchen. Wenn ihr nicht freiwillig und weil auch Ihr Freude dabei empfindet, meine Jagdlust zu teilen begehrt, so war es unnütz, daß ich mich dieses unverhofften Begegnens freute! Ihr wißt, Herr, wie hoch mich Eure Einladung ehrt, sagte Catarina, welche den gereizten Ton, in dem der König die letzten Worte gesprochen hatte, völlig zu überhören schien. Erlaubt, daß ich, bis Senhor Luis wiederkehrt, meinem alten Miraflores die nötigen Weisungen gebe. Sie winkte ihren Stallmeister zu sich heran, welcher mit verdrossener Miene die unverständlichen Vorgänge der letzten Viertelstunde mit angeschaut und, als Dom Sebastian seine Annäherung zurückgewiesen hatte, von seinem Unmut beinahe überwältigt worden war. Der König darf alles — doch ich möchte den sehen außer dem König, welcher nur verbieten wollte meine Pflicht zu thun! hatte er gemurrt. Es ist meine klare Pflicht, neben meiner jungen Gebieterin zu bleiben, und mir ist, als Hütte ich heute viel hartnäckiger auf meinem Platze bestehen sollen. Wo der verruchte Poet seineu Fuß hinsetzt, wächst ein Unheil für das Haus Palmeirim aus dem Boden. Mit erfreuten Gesicht folgte er jetzt dem Winke Catarinas und war, während er vor dem König auf die Kniee siel und sich steif und mühselig wieder erhob, ganz Ohr für ihre Weisung. Laß unsre Pferde rüsten, Seine Majestät wünscht, daß wir der Jagd des Königs folgen! sagte sie mit lauter Stimme. Leiser fügte sie hinzu: Geh zum Jägermeister des königlichen Gefolges, das dort hält, erkundige dich, wohin wir reiten und wie lange die Jagd währen wird! Die Zufriedenheit, mit welcher der Alte diese Befehle vernahm, ward ihm durch die Rückkehr von Senhor Luis Camoens getrübt. Er sah, daß Barreto

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/631>, abgerufen am 05.02.2025.