Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Die Deutschen in Newyork. Handen ist, braucht er seinen Wunsch nur zu äußern, um ihn lüuuen kurzem Und was nun, nach allein, was gesagt ist, wird die Zukunft unsrer eignen Die Deutschen in Newyork. Handen ist, braucht er seinen Wunsch nur zu äußern, um ihn lüuuen kurzem Und was nun, nach allein, was gesagt ist, wird die Zukunft unsrer eignen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0608" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198032"/> <fw type="header" place="top"> Die Deutschen in Newyork.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1797" prev="#ID_1796"> Handen ist, braucht er seinen Wunsch nur zu äußern, um ihn lüuuen kurzem<lb/> erfüllt zu sehen. Es liest sich herrlich dort; und wenn mau sich der tnbak-<lb/> gcschwcingerten Konditoreien und Cafes erinnert, die in Berlin die Stelle der<lb/> ^Stör I^idr-rr/ vertreten, wenn man sich erinnert, wie bei uns noch immer so<lb/> gut wie nichts geschehen ist, um dem gemeinen Manne unsre bessere Literatur<lb/> zugänglich zu machen und ihn an edlere literarische Bedürfnisse zu gewöhnen,<lb/> so fühlt man sich aufs äußerste beschämt, zumal da jeues Haus in Newyork<lb/> keineswegs das einzige seiner Art ist. Sein Gründer aber, Jakob Astvr, war<lb/> ein Deutscher von Geburt, der Sohn eines lüderlicher Metzgers in der Pfalz,<lb/> kam gegen Ende des vorigen Jnhrhnndertc! nach Newyork, und wurde aus<lb/> einem kleinen, aber erfolgreichen Pelzhändler der erste Grnndeigentumsspekulaut<lb/> der Insel Manhattan, auf welcher Newyork bekanntlich ruht. Der Reichtum<lb/> seiner Nachkommen ist nahezu unschätzbar; sie besitzen ganze gewaltige Stadt¬<lb/> teile wie die Westminsters in London. Selbstverständlich sind sie Stvckamerikaner,<lb/> und in dem Hanse, welches von unserm Landsmanne gegründet und eingerichtet<lb/> ist, muß der Deutsche froh sein, wenn ihm der Amerikaner den Wirt macht<lb/> und mit mehr oder minder Herablassung ein Buch herausgiebt. Mag dem aber<lb/> sein, wie ihm wolle, Jakob Astor wusste, was er dem Lande schuldig sei, dem<lb/> er die Prosperität verdankt. Er hatte innerhalb des Newyorker Gemeinwesens<lb/> seinen Reichtum erworben und wendete ganze Millionen daran, um in einer<lb/> monumentalen und höchst volkstümlichen Stiftung seine Dankbarkeit auszudrücken,<lb/> von seiner anderweitigen öffentlichen und Privatwohlthätigkeit garnicht zu reden.<lb/> Und nun blicke man auf unsre Heimat! Mnu erinnere sich des riesenhaften<lb/> Anwachsens unsrer Hauptstadt nach drei glücklichen Kriegen, nach einer kraft¬<lb/> vollen Politik, die uns die Einheit brachte und Berlin zum Mittelpunkte dieser<lb/> Einheit schuf, dem alles zuströmt. Es sind durch den steigenden Wert von<lb/> Grund und Boden schlecht gerechnet 3000 Millionen Mark geschaffen worden,<lb/> und diese Millionen sind ganz unzweifelhaft zum großen Teile in die Taschen<lb/> von Boden- und Häuserspekulanteu geflossen, die jetzt ans schönen Palästen im<lb/> Westend nach der Börse fahren. Aber was hat das deutsche Volk? Wer baut<lb/> uns eine ^.Stör I^lo'M^? Wir können lauge warte»!</p><lb/> <p xml:id="ID_1798" next="#ID_1799"> Und was nun, nach allein, was gesagt ist, wird die Zukunft unsrer eignen<lb/> Stammesgenossen in Newyork sein? Sie wird abhängen ohne Frage von den<lb/> Aufgaben, welche man dem Deutschtum stellt. Denjenigen. für welche diese<lb/> Aufgabe darin besteht, sich als Völkerdünger verbrauchen zu lassen, schwebt eine<lb/> sehr große Zukunft vor; uns erscheint sie außerordentlich gering, weil wir die<lb/> Pflichten des Deutschtums anders auffassen. Die elegische Prophezeiung Kapps,<lb/> daß das deutsche Element in Amerika auf keinen Fall seine nationale Existenz<lb/> länger fristen könne, wenn nicht jährlich mindestens 200000 Deutsche hinzu-<lb/> wandern, besteht — vorläufig — leider uoch immer zu Recht. Sie ward<lb/> hervorgerufen durch die augenfällige Gesinnnngsschwäche, den Mangel an Im-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0608]
Die Deutschen in Newyork.
Handen ist, braucht er seinen Wunsch nur zu äußern, um ihn lüuuen kurzem
erfüllt zu sehen. Es liest sich herrlich dort; und wenn mau sich der tnbak-
gcschwcingerten Konditoreien und Cafes erinnert, die in Berlin die Stelle der
^Stör I^idr-rr/ vertreten, wenn man sich erinnert, wie bei uns noch immer so
gut wie nichts geschehen ist, um dem gemeinen Manne unsre bessere Literatur
zugänglich zu machen und ihn an edlere literarische Bedürfnisse zu gewöhnen,
so fühlt man sich aufs äußerste beschämt, zumal da jeues Haus in Newyork
keineswegs das einzige seiner Art ist. Sein Gründer aber, Jakob Astvr, war
ein Deutscher von Geburt, der Sohn eines lüderlicher Metzgers in der Pfalz,
kam gegen Ende des vorigen Jnhrhnndertc! nach Newyork, und wurde aus
einem kleinen, aber erfolgreichen Pelzhändler der erste Grnndeigentumsspekulaut
der Insel Manhattan, auf welcher Newyork bekanntlich ruht. Der Reichtum
seiner Nachkommen ist nahezu unschätzbar; sie besitzen ganze gewaltige Stadt¬
teile wie die Westminsters in London. Selbstverständlich sind sie Stvckamerikaner,
und in dem Hanse, welches von unserm Landsmanne gegründet und eingerichtet
ist, muß der Deutsche froh sein, wenn ihm der Amerikaner den Wirt macht
und mit mehr oder minder Herablassung ein Buch herausgiebt. Mag dem aber
sein, wie ihm wolle, Jakob Astor wusste, was er dem Lande schuldig sei, dem
er die Prosperität verdankt. Er hatte innerhalb des Newyorker Gemeinwesens
seinen Reichtum erworben und wendete ganze Millionen daran, um in einer
monumentalen und höchst volkstümlichen Stiftung seine Dankbarkeit auszudrücken,
von seiner anderweitigen öffentlichen und Privatwohlthätigkeit garnicht zu reden.
Und nun blicke man auf unsre Heimat! Mnu erinnere sich des riesenhaften
Anwachsens unsrer Hauptstadt nach drei glücklichen Kriegen, nach einer kraft¬
vollen Politik, die uns die Einheit brachte und Berlin zum Mittelpunkte dieser
Einheit schuf, dem alles zuströmt. Es sind durch den steigenden Wert von
Grund und Boden schlecht gerechnet 3000 Millionen Mark geschaffen worden,
und diese Millionen sind ganz unzweifelhaft zum großen Teile in die Taschen
von Boden- und Häuserspekulanteu geflossen, die jetzt ans schönen Palästen im
Westend nach der Börse fahren. Aber was hat das deutsche Volk? Wer baut
uns eine ^.Stör I^lo'M^? Wir können lauge warte»!
Und was nun, nach allein, was gesagt ist, wird die Zukunft unsrer eignen
Stammesgenossen in Newyork sein? Sie wird abhängen ohne Frage von den
Aufgaben, welche man dem Deutschtum stellt. Denjenigen. für welche diese
Aufgabe darin besteht, sich als Völkerdünger verbrauchen zu lassen, schwebt eine
sehr große Zukunft vor; uns erscheint sie außerordentlich gering, weil wir die
Pflichten des Deutschtums anders auffassen. Die elegische Prophezeiung Kapps,
daß das deutsche Element in Amerika auf keinen Fall seine nationale Existenz
länger fristen könne, wenn nicht jährlich mindestens 200000 Deutsche hinzu-
wandern, besteht — vorläufig — leider uoch immer zu Recht. Sie ward
hervorgerufen durch die augenfällige Gesinnnngsschwäche, den Mangel an Im-
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